„Keine Entscheidung ist endgültig!“: Interview mit der Schulberatungslehrkraft Sabine Botschafter von der Agnes-Bernauer-Realschule in Augsburg

Seit 1997 an der Augsburger Agnes-Bernauer-Realschule: Sabine Botschafter
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  • hochgeladen von Tanja Wurster

Was will ich werden? Zugegeben: Keine leichte Frage! Doch keine Sorge, ihr steht nicht alleine da und sicherlich gibt es auch an eurer Schule eine/n Lehrer/in, die euch eure Fragen zu Ausbildungen, weiterführenden Schulen und Alternativen beantworten kann. An der Agnes-Bernauer-Realschule in Augsburg ist Sabine Botschafter dafür verantwortlich. Die Lehrerin für Deutsch, Geschichte, Sozialwesen, Sozialkunde und Ethik ist seit Januar 2010 Konrektorin der Mädchenschule und bereits seit dem Schuljahr 2003/2004 Schulberatungslehrkraft. myheimat bayern unterhielt sich mit ihr über ihre Aufgaben.

mh bayern: Was sind Ihre Aufgaben als Schulberatungslehrkraft?

Sabine Botschafter: Vor allem habe ich mit der Schullaufbahnberatung zu tun - das heißt bei mir landen Schüler und Schülerinnen, die vom Gymnasium an die Realschule wechseln wollen oder müssen, Schüler, die nach der Realschule weiterhin eine Schule besuchen oder sich informieren möchten, welche Möglichkeiten sich bieten auch nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung noch weiterführende Bildungsqualifikationen zu erhalten. Dabei geht es meist um die unterschiedlichen Wege, die zum Abitur führen. Diese Schülerinnen erhalten von mir alle nötigen Informationen, zum Teil in persönlichen Einzelgesprächen, zum Teil aber auch durch Vorträge in den Abschlussklassen. Hierbei stelle ich zum Beispiel das System der Fachoberschule knapp vor, weise aber vor allem darauf hin, dass die Fachoberschule nur eine von vielen Möglichkeiten nach der Realschule ist. Wichtig ist mir in den Gesprächen immer auf mein Gegenüber einzugehen und auch gerade bei der Berufs- und Schullaufbahnfindung Anregungen zu geben, dass auch immer noch Alternativen bedacht werden sollten.

Neben der Beratung für Schulabgänger ist aber auch die Beratung für Eltern und Schüler in allen Jahrgangsstufen ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Vor allem wenn es schulische Probleme gibt, setze ich mich mit den Beteiligten zusammen und wir versuchen einen Lösungsweg aus der Situation zu finden. Meist geht es dabei um die Frage eines Schulwechsels und die damit vberbundenen Möglichkeiten, aber auch um die Entscheidungen, wann das Wiederholen einer Jahrgangstufe sinnvoll ist und wann eher ein Schulwechsel Sinn macht.

Dabei versuchen wir auch den Ursachen für die schulische Verschlechterung auf den Grund zu gehen und auch hier mögliche Erleichterungen zu finden.

mh bayern: Mit welchen Fragen und Problemen kommen die Schülerinnen zu Ihnen?

Sabine Botschafter: Es sind ganz unterschiedliche Bereiche, vor allem aber bezieht sich der Beratungsbereich auf Fragen zur Schullaufbahn bei Schulschwierigkeiten oder zur weiteren Schulkarriere nach dem Schulabschluss an der Realschule. Die meisten Fragen beschäftigen sich mit dem "Was kommt nach der Abschlussprüfung?" Dabei möchte ein großer Teil der Absolventinnen den schnellsten Weg zum Abitur erfahren

mh bayern: Wie können Sie die Schülerinnen bei ihrem Werdegang nach dem Schulabschluss unterstützen?

Sabine Botschafter: Ich versuche ihnen klar zu machen, dass das Abitur und damit verbunden der Besuch der Fachoberschule nicht der einzig mögliche Weg ist. Dabei werden in Einzelgesprächen Möglichkeiten und Interessengebiete "abgeklopft" und dann versucht alle zur Verfügung stehenden Wege und Alternativen zu beleuchten. So kann zum Beispiel ein Interesse im medizinischen Bereich nicht nur über ein entsprechendes Studium vertieft werden, sondern gerade in dieser Berufsrichtung bieten sich viele unterschiedliche Möglichkeiten der beruflichen Laufbahn.

mh bayern: „Wie geht es nach der Schule weiter?“ Wann sollten sich Schüler intensiv mit der Frage nach ihrer Zukunft beschäftigen?

Sabine Botschafter: Frage nach der Zukunft klingt für die Schüler offenbar sehr "endgültig" - in der 9. Klasse wird der Berufsfindungsbereich sehr intensiv in verschiedensten Fächern bearbeitet. Natürlich haben viele Schüler noch keine klare Vorstellung vom zukünftigen Tätigkeitsfeld. Darum ist auch von unserer Seite die Anregung sich so früh und intensiv wie möglich mit dem Thema auseinanderzusetzen und zum Beispiel viele Praktika zu machen, um einen Einblick in unterschiedlichste Bereiche zu bekommen.

mh bayern: Ausbildung oder doch lieber Abitur machen? Wie können Sie Ihre Schülerinnen beraten, wenn Sie nicht wissen, ob sie direkt ins Berufsleben einsteigen sollen oder weiterhin auf die Schule gehen sollen?

Sabine Botschafter: Das sind ganz individuelle Entscheidungen und werden auch entsprechend nur in Einzelberatungen besprochen. Grundsätzlich aber raten wir den Schülerinnen sich immer auch zu bewerben, da eine berufliche Basis auch hervorragend geeignet ist, um daran anschließend die BOS (Berufsoberschule) oder zum Beispiel das Bayernkolleg zu besuchen und so ein allgemeines Abitur oder Fachabitur zu erlangen.

mh bayern: Welche Noten und weitere Voraussetzungen müssen Schüler auf dem weiteren Weg zum (Fach-) Abitur mitbringen?

Sabine Botschafter: Die Noten für die Aufnahme an der FOS beschränken sich von der Zulassung her auf die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch, wobei hier ein Durchschnitt von mindestens 3,5 erzielt werden muss. In den Zweig Gestaltung kann man nur mit einer bestandenen Aufnahmeprüfung an der Fachoberschule.

mh bayern: Wenn Sie die letzten Jahre Ihrer Beratungstätigkeit Revue passieren lassen: Inwiefern haben sich die Zukunfts- und Berufswünsche der Jugendlichen geändert?

Sabine Botschafter: Die Anzahl der Schüler, die eine weitere Schullaufbahn an der Fachoberschule anstreben, scheint gestiegen zu sein. Allerdings habe ich dazu keine verbindlichen Zahlen.

mh bayern: Welche Tipps können Sie Schülern bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsberuf geben?
Sabine Botschafter: In möglichst viele Bereiche Einblicke gewinnen und so eine Entscheidung treffen, die den Neigungen und Eignungen entspricht. Und vor allem immer im Hinterkopf behalten - keine dieser Weichenstellungen muss endgültig sein. Man kann auch später den beruflichen Werdegang noch verändern.

mh bayern: Ihr Schlusswort: Was wollen Sie den Schulabgängern von morgen mit auf den Weg geben?

Sabine Botschafter: Keine Entscheidung ist endgültig - also keine Angst vor einer "falschen" Wahl beim Ausbildungsplatz. Und grundsätzlich gilt im Bereich der Schullaufbahn - "kein Abschluss ohne Anschluss". Der sogenannte zweite Bildungsweg ist in unserem System wirklich sehr gut ausgebaut und wer nicht den direkten Weg geht, hat immer noch Chancen zur weiteren Qualifizierung.

mh bayern: Vielen Dank für das Interview, Frau Botschafter!

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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