AAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHH!
oder wie sehr ich mich auf die Fußball-Weltmeisterschaft freue…
Es ist wohl kaum mehr zu vermeiden. Unaufhaltsam rückt der Tag näher, an dem die gesamte männliche Bevölkerung Deutschlands – mal wieder grenzenlos entzückt und vollkommen der Realität und ihren Frauen entrückt – ihre alleinige Herrschaft über die Fernbedienung und die Couch nachdrücklich beansprucht, um dem Einen Gott zu huldigen – dem Fußball. Am 9. Juni des Jahres 2006 ist seine glorreiche Ankunft in unserer bescheidenen Kleinstadt zu erwarten. Doch die Massen der Gläubigen beginnen schon jetzt mit den aufwendigen Vorbereitungen zum wohl größten, prachtvollsten und aufregendsten Ereignis ihres Fan-Daseins: ein Mal im Leben nach Mekka pilgern oder ein Mal im Leben die Weltmeisterschaft im eigenen Land erleben – der Unterschied ist hier wohl kaum nennenswert.
32 Teams aus der ganzen Welt – von Saudi-Arabien über Südkorea bis hin zu Trinidad und Tobago – kämpfen um einen Pokal, der in der Vergangenheit oft inniger liebkost worden ist, als manch eine Ehefrau oder Disco-Hupfdolle es jemals hätte von sich behaupten können. Fußball setzt Emotionen frei, die wohl zu den erlebenswertesten und schönsten gehören, die ein Mensch nur empfinden kann: Hingabe, Leidenschaft, Liebe und frenetische Glücksgefühle, die ich persönlich in diesem Maße nur beim Anblick exquisiter italienischer Peep-Toes, einer selbstgebackener dreistöckiger Schwarzwälder Kirschtorte oder leicht bekleidetem George Clooney in meinem Bett nachzuvollziehen im Stande bin.
Aber auch weniger erfreuliche Empfindungen, wie Hass, Frust, Wut und maßlose Enttäuschung gehören dazu, wenn die favorisierten Ball-Artisten nicht die hohen Erwartungen erfüllen, die man so glaubensselig in sie gesetzt hatte. Kurzum – die gesamte Gefühlspalette ist hier vertreten, und manch ein Held auf unserer Couch überrascht uns mit recht unmännlichen Tränenfluten, die ob seines gebrochenen Herzens fließen, wenn der Keeper den entscheidenden Elfer nicht zu halten vermochte. Doch Sie sollten sich als Mann nicht dafür schämen, und wir Frauen sollten diese seltenen Augenblicke genießen – sensible Männer verdienen das Prädikat "wertvoll", sind umgängliche Lebensgefährten, lassen sich leichter lenken und sind definitiv die besseren Liebhaber.
Ist man ein richtiger Fan, hat man in den nächsten zweieinhalb Wochen zugegebenermaßen einen Haufen wichtiger Sachen zu erledigen. Für alle besessene Fußball-Sympathisanten oder die, die es werden wollen, nachstehend eine kleine Auswahl der Dinge, die absolut unentbehrlich sind, um dieses einmalige Ereignis richtig genießen zu können.
Ob im überfüllten, angeblich mit Sicherheitsmängeln behafteten Stadion oder auf der heimeligen Couch unter den sicherlich eifersüchtig-wachsamen Augen der Liebsten – eine passende Flagge ist Pflicht. Zu kaufen gibt es sämtliche Insignien mittlerweile überall – selbst Discounter wie Aldi oder Norma bieten genügend Auswahl für den Mitbürger mit ausgeprägtem Nationalstolz. Die Wirtschaft trägt dabei jedem Bedürfnis unserer multikulturellen Gesellschaft Rechnung und überschwemmt die Regale der Kaufhäuser mit deutschen, italienischen, holländischen, amerikanischen und argentinischen Fahnen, auf das wir dem Auftrag der Integration, frei nach dem Motto "Zu Gast bei Freunden", nach Kräften nachkommen können.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen, meine lieben Leserinnen, einen Hinweis geben: sich dagegen zu sperren ist unmöglich, darüber zu schimpfen – unter unserer Würde. Nehmen Sie es hin, wie es ist: in ein paar Wochen ist es eh wieder vorbei! Beweisen Sie lieber Einfallsreichtum und setzen Sie Ihre kreativen Kräfte ein – überraschen Ihren Liebsten mit selbst gesticktem Wappen seines Favoriten auf seinen Lieblingsboxershorts, kochen Sie das bekannteste Nationalgericht seiner Lieblingsmannschaft nach oder fertigen Sie eine Fahne des vermeintlichen Weltmeisters im Seidenmalereiverfahren an. Ihr Mann wird Sie dafür lieben! Auch diverse Accessoires bringen ein fanatisches Fußballherz zum Glühen: Tassen, Mützen, Autoaufkleber, Hupen und überdimensionale Schaumstoffhandschuhe gibt es wie Sand am Meer – Deutschland ist im WM-Fieber und droht einem epileptischen Begeisterungskollaps zu erliegen.
Doch auch für diejenigen, die dem Spiel mit dem runden Leder nichts Sinnvolles abgewinnen können, gibt es Hoffnung. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie ein Mann sind, der nichts mit Fußball anfangen kann, empfehle ich zeitlich begrenzte Auswanderung oder eine ausgedehnte Geschäftsreise ohne festgelegten Rückreisetermin – so können Sie dem Hohn Ihrer Arbeitskollegen und Stammtischbrüder entgehen, ohne das Gesicht oder einen Teil Ihrer Männlichkeit einzubüßen. Und da es wohl auf unserem Planeten kein Fleckchen mehr geben dürfte, wo aus den Lautsprechern auf dem Marktplatz, in den Nachrichten auf Kanal C oder per Transistorradio am Strand nicht der letzte Stand der Dinge auf dem beanspruchten Grün in die milde Sommerluft ausgestrahlt wird, bleibt Ihnen leider nur die Nachbargalaxie als Fluchtort übrig.
Da haben wir Frauen es erheblich leichter – keiner erwartet von uns, dass wir bei einem wohlüberlegt angelegten Vorrat an Bier und Chips jeder Minute der eifersüchtigen Auseinandersetzung 22 erwachsener Männer um ein Spielzeug genießerisch beiwohnen. Ich sage Ihnen: nutzen Sie diese vorübergehende Freiheit und machen Sie einen Einkaufsbummel, einen Besuch in der Oper oder gehen Sie zum Frisör – ich bin sicher, Sie werden nirgendwo lang anstehen oder auf einen Termin warten müssen. Organisieren Sie eine Alternativveranstaltung – einen "Sex and the City"-Fortbildungskurs, eine lange romantische Filmnacht oder eine ausgedehnte Prosecco-Orgie – und laden Sie Ihre (mit)leidenden Geschlechtsgenossinnen ein: ich fürchte, die nächste Möglichkeit, ungestört über die Männer zu lästern, Backrezepte auszutauschen oder die neuesten Kosmetikinnovationen der Cellulite-Bekämpfung auszuprobieren, könnte erst wieder in vier Jahren kommen.
Doch ich würde an Ihrer Stelle noch etwas viel Raffinierteres tun, als nur darauf zu warten, dass es endlich vorbei ist: nehmen Sie sich eine Stunde Zeit und gehen Sie die Mannschaftsaufstellungen durch! Ich finde, dass Männer nur deshalb so nach Fußball verrückt sind und Frauen nur aus diesem Grund nichts damit anfangen können, weil beide es als Sport betrachten. Nutzen Sie Ihr weibliches Talent und betrachten Sie Fußball als das, was es ist: eine exquisite Ansammlung attraktiver männlicher Körper! Mal ehrlich, so viele knackige, apfelrunde brasilianische Hintern, durchtrainierte, modellierte holländische Waden, schwitzende, bronzeschimmernde italienische Beine und pur-erotisch spielende, gleichsam aus Ebenholz geschnitzte Waschbrettbäuche von der fernexotischen Elfenbeinküste zum Spott-GEZ-Preis von nur 48,95 Euro bekommen Sie komprimierter kaum woanders zu sehen. Und wenn Sie neben Ihrem ungläubig dreinblickenden Liebsten mit dem Selbstbewusstsein einer Kennerin fachkundig über die Leichtigkeit der Portugiesen im Sturm schwadronieren, ekstatisch vor dem Fernsehen knien, wenn sich die Jungs am Ende endlich die Trikots vom Leib reißen und dabei leise seufzend "Luís Filipe Madeira Caeiro, mein Liebster!" flüstern – dann können Sie sich auf die ungeteilte Aufmerksamkeit Ihres Lebensabschnittsgefährten verlassen: er wird alles in seiner Macht stehende tun, um Ihnen die sündigen Gedanken in den nächsten vier Wochen "auszutreiben".
Doch wenn Sie eine besonders mutige Frau sind und gern experimentieren, habe ich den ultimativen Tipp für Sie: ein weiß-rotes Trikot mit der Glück bringenden Nummer 7 (und zwar nur das Shirt!) und hochhackige weiße Pumps, schmeichelndes Kerzenlicht und Ihr ganz persönlicher Schlafzimmerauftritt zur deutschen Nationalhymne werden Ihrem Mann 100 % den Atem rauben! Doch achten Sie darauf, dass das Timing stimmt: wenn Sie alles richtig gemacht haben, ist in der Halbzeitpause vielleicht sogar ein Quickie drin!
Heißest,
Ihre Sophia Sommer.
Bürgerreporter:in:Sophia Sommer aus Augsburg |
8 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.