Damenwitze - oder die Widerlegung der Mär vom "Opferabo"
Es ist vielleicht zwei Wochen her, da hörten wir, ein fälschlich Beschuldigter habe den Begriff des "Oferabos" geprägt, wovon die breite Öffentlichkeit vorher wohl kaum Kenntnis erhalten hatte. Trotzdem machte dieses Neuwort "Karriere", denn ihm wurde ein Spitzenplatz auf der Liste der "Unwörter" des vergangenen Jahres eingeräumt.
Was man unter einem "Opferabo" zu verstehen hat, wird deutlich, wenn man Manuela Schwesigs Reaktion auf Rainer Brüderles "Herrenwitz" liest: "Sexismus ist in allen seinen Facetten inakzeptabel. Letztlich ist das ein deutlicher Ausdruck mangelnder Wertschätzung und damit fehlender Gleichberechtigung von Frauen." (zitiert nach der 'Hannoverschen Allgemeinen' v. 28.01.13, S. 3) Dem ersten Satz wird jeder zustimmen können. Aber dem zweiten? Ist Sexismus eine Erscheinung, die nur uns Frauen trifft? Haben wir sozusagen ein Abo auf die Opferrolle?
Ich erinnere mich da an die Berichte eines Schulmannes über seine langjährigen Erfahrungen in unseren Lehranstalten, an die sexistischen Anmachen, denen er von Schülerinnen, Kolleginnen und Schüler/innen-Müttern ausgesetzt war.
Es begann, als er als junger Assessor in einer 10. Klasse hinter seinen Schülern von Tisch zu Tisch ging, um einen Blick auf die Hausaufgaben zu werfen. Da fasst ihm eine Schülerin unvermittelt in den Schritt und sagte: "Oh, Verzeihung, ich wollte nur nach dem Bleistift greifen, den mir meine Nachbarin rüberreichen wollte!" Das gemeinsame Gekicher beider war der Beleg dafür, dass dieser Griff abgesprochen war - vielleicht war es sogar eine Wette?
Eine Kollegin meinte ihm sagen zu müssen: "Haben Sie breite Schultern! Die laden zum Anlehnen ein." Eine andere sprach ihn an einem heißen Sommertag mit der Frage an, ob er mit ihr zum Kiesteich baden gehen würde. Die Antwort, "Tut mir leid, aber ich habe meine Badehose nicht dabei!", verfing nicht sondern provozierte nur die Reaktion: "Macht doch nichts, ich meine auch nicht!"
Auf einer Kursfahrt, auf der in einem Hotel übernachtet wurde, wollte man gemeinsam zu einer Besichtigung aufbrechen. Die Schüler brauchten allerdings noch etwas Zeit und wollten dann zu einem verabredeten Termin bei ihrem Lehrer klopfen. Es klopfte schon fünf Minuten vor der Zeit. Der Lehrer - nennen wir ihn Herrn Müller - öffnete die Tür. Aber da stand nur eine seiner 19jährigen Schülerinnen, trat ein, warf sich auf das Bett ihres Lehrers und sagte: "Jetzt erzähle ich allen, ich bin bei Müller im Bett gewesen!" Auf der Rückfahrt von der Reise passte dieselbe Schülerin ihren Lehrer alleine ab und sagte zu ihm: "Geben Sie's doch schon zu, Sie sind doch genauso scharf auf mich wie umgekehrt!"
Selbst die Mutter einer Abiturientin meinte dem Herrn Müller sagen zu müssen: "Ich möchte gern, dass Sie mich umarmen."
Es wird also nicht nur "gebrüderlt", wie ein neuer Ausdruck heißt, sondern auch kräftig "geschwesterlt": Wir Frauen haben nicht das "Opferabo". Nur macht die Männerwelt in der Regel kein Aufhabens davon, wenn sie in die Opferrolle gedrängt wird. Dies zeigt auch ein Vorfall aus der letzten Woche, als die Brüderle-Diskussion bereits hohe Wellen schlug.
Ein Kreis von 10 Frauen und drei Männern sitzt mit ihrer Leiterin zusammen, um sich in die Bedienung eines interaktiven Whiteboards einweisen zu lassen. Das Gerät steht auf zwei vorkragenden Stützen und als der Computer eingeschaltet wird, erscheint zuerst eine bildliche Warnung: "Vorsicht! Unfallgefahr: Nicht über die Ständer stolpern!" Einige Damen kichern und die Leiterin sagt laut: "Bevor man über einen Ständer stolpern kann, muss erst mal einer einen Ständer haben!" Nun geht das weibliche Gelächter erst richtig los: Die Chefin hat einen Damenwitz gemacht. Die drei anwesenden Herren ziehen es vor, so zu tun als hätten sie nichts gehört.
Fehlende Gleichberechtigung? Schwesterlt mal wieder?
> "Und was das "Opferabo" betrifft: Da habe ich inzwischen immer häufiger das Gefühl, dass Frauen diese Rolle eingeredet wird von Interessengruppen, die mit der angeblichen Schwäche der Frauen gut verdienen können."
Da magst Du nicht unrecht haben. Wie ich schon an anderer Stelle schrieb: "Kenner/innen" wissen, dass man nur einen neuen ("Gefahren"-) Popanz aufbauen muss, damit die Kasse klingelt. Bis dem trägen Volk ein Licht aufgeht, haben sich die cleveren Problem-Erfinder bereits eine goldene Nase verdient. Mit einem Magazin-Artikel fing's an und es wird bald das erste Buch folgen, das die Medien dann hochjubeln können: "Der unerträgliche Sexismus des Mannes".