Auf dem Weg nach Schlesien! Teil 3

Das neue Zimmer im "Villa Navigator"
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Samstag 02. Juni 2007.

Kaum geschlafen, auf dem Klo musste ich wegen Platzmangel fast quer sitzen, das war zu viel. Nach dem Frühstück haben wir alles zusammengepackt, bezahlt und sind weiter gefahren. In der Stadt vor der Neissebrücke, ein Hinweisschild zur „Villa Navigator“. Dieses Haus kannte ich aus der Planung im Internet, war mir aber etwas zu teuer. Ich bog ab, nach 200 Meter stand ich vor dem Haus. Ein älterer Mann stand davor und sah uns an, er fragte in deutsch, ob wir ein Quartier suchen. Wir stiegen ab, Gisela immer noch ein wenig ängstlich und besorgt um unser Gefährt, blieb draußen. Eine freundliche Frau zeigte mir einige Zimmer und nach eintippen einer Summe in ihren Taschenrechner sagte sie mir den Betrag in Euro. Die Zimmer sind wie in einer Villa eben, alte Möbel und Gemälde an den Wänden, hohe Decken, Holzfußboden und sehr schön eingerichtet. Ein riesiges Bad mit Bidet für meinen lädierten Ar… war auch da. Ich hatte mich entschieden und schickte Gisela rein, auch ihr gefiel es. Na ja der Preis, fast doppelt so teurer als im ersten Gasthaus, trotzdem sind wir geblieben.

Um 11:00 Uhr sind wir wieder weiter, unser Ziel ist dieses Mal Ober Hermsdorf (Jasienica Gorna), mein Geburtsort. Ich war mit dem Bus 1987 schon einmal hier. Ich kann mich voll auf die Landschaft konzentrieren, mein Navi weiß alles, einige unbefestigte Wege ignoriere ich und komme trotzdem an. Am Ortsschild mache ich ein Foto, am Gebäude vorn rechts wird gearbeitet. Männer reißen den Giebel ein, wird wohl wieder aufgebaut.

Die erste Straße rechts führt in den Ort. Ich erkenne fast alles wieder, rechts hat glaube ich, mal Anni Sch….. gelebt, ich fahre links. Ich erinnere mich an ein schönes gepflegtes Anwesen mit einem gepflegten Garten, damals haben wir davor gestanden und es bewundert. Es ist fast verwildert, die großen Bäume sind auch nicht mehr da. Es hatte vorher sehr stark geregnet, der Weg ist dunkel und matschig, ich erkenne ihn nicht wieder. Weiter hinter sehe ich die Trafo Station. Das Haus davor müsste das ehemalige M….. Haus sein, mein Elternhaus - mein Geburtsort. Rechts eine graue Scheune, es ist die Mühle, ich sehe das in dem hinteren Teil der Mühle Leute wohnen. Mir war das 1987 nicht so aufgefallen. Hinter der Mühle, der für mich immer rätselhaft gebliebene "Hofeteich". Ich konnte mir aus kindlicher Erzählung nie ein richtiges Bild davon machen, bis ich diesen selber mal gesehen hatte. Es ist der Mühlenteich, heute ist er immer mehr verkrautet, eine grüne Masse bedeckt das restliche Wasser. Wieder fällt mir die Scheune auf, zwei Satellitenschüsseln sind an der Seite deutlich sichtbar angebracht. Das hätte ich doch bestimmt wahrgenommen, damals. Der Zaun von unserem ehemaligen Anwesen ist noch da. Die Holzschuppen links auf dem Hof sind abgerissen und mit einer kleinen Steinböschung verziert. In die Garage geht gerade ein junger Mann. Ich gehe auf der Straße hin und her und werde durch die Gardine im Wohnzimmer beobachtet. Ich betrete das Grundstück, der Vorbau ist weg, der Putz abgeschlagen. Auch die Jahreszahl 1933 ist verschwunden, Papa hatte dieses Haus selber gebaut. Eine Frau ca. 40 Jahre steht in der Tür. Ich erkläre Ihr wer wir sind. Sie lässt Ihren Mann holen, er kann ein wenig besser deutsch sprechen. Mir fällt die neue Tür auf, Kunststofffenster sind auch eingebaut. Das Dach und die Dachrinnen sind neu. Später erfahre ich, dass ein Vollwärmeschutz aus Styropor und Edelputz angebracht werden soll. Der Hausherr will es bis zum Winter fertig haben. Wir werden ins Haus gebeten und mit Kaffee versorgt. Der alte Ofen ist weg, eine neue Küche ist eingebaut. Die Küche und auch die anderen Räume sind sehr geschmackvoll gestrichen oder tapeziert. Unten sind alle Fußböden mit Estrich erneuert. Die alte Treppe ist noch original. Letztes Jahr hat er die oberen Holzfußböden erneuert. Sein jüngster Sohn spielt uns auf seiner Trompete ein Lied vor. Der Hausherr erzählt, dass er das Haus von seinen Eltern hat, diese sind vor 5 Jahren nach Amerika ausgewandert und schon verstorben. Er wohnt jetzt mit Frau und 2 Kindern in dem Haus. Sein Geld verdient er als LKW Fahrer. Er kennte die A 2 und hat mir eine Tankquittung von Garbsen gezeigt, er fährt wöchentlich an meinem Wohnort vorbei. Wir sprechen auch über die Dokumente, die Papa vor der Flucht unter den Dielen im oberen Treppenhaus versteckt hat. Er versteht es nicht gleich und wir gehen nach oben, um ihm vor Ort zu zeigen, was Papa damals zu dem Versteck gesagt hat. Er ist sehr erschrocken und verspricht, wenn er den Fußboden erneuert und was findet, mich zu informieren. Unsere Adressen haben wir ausgetauscht. Ich lade ihn zum Kaffee ein sollte er mal wieder in Wunstorf vorbei kommen.

Wir wollen noch durch den Ort gehen, zur Kirche und so. Das Motorrad lasse ich auf dem Grundstück stehen. Ach ja, Valentin, ein Knecht von damals, ist schon einige Jahre tot, ist ein guter Mensch gewesen meint er. Die Kirche ist geschlossen, auf dem Friedhof sind die Gräber sauber und geschmückt, damals war das anders. Keine deutsche Namen mehr auf den Gräbern, alles nur polnische. Wir gehen noch ein Stück, sehen Richtung Grenze, es ist die tschechische Grenze. Es ist kein Schlagbaum zu sehen, die Straße führt bis zu den Häusern auf der anderen Seite der Grenze. Gisela fragt viel, sie ist auch müde und wir kehren um. Am Motorrad stehen viele Kinder und schauen, ich erkläre denen noch mein Navi, dann fahren wir. Bis Ottmachau (Otmuchow) sagt keiner was. Eine neue Umgehungsstraße wurde hier gebaut, hätte mich fast verfahren, mein Navi kannte das auch nicht. Vor der Stadt am Neisser Stausee haben wir in einem Restaurant noch eine Kleinigkeit gegessen und sind dann ins Hotel gefahren. Gisela hat ausgepackt, ich mich ein wenig hingelegt. Geschlafen habe ich aber nicht, war noch viel zu aufgeregt, geregnet hatte es auch noch. Später sind wir in das Hotel gegangen, in dem wir 1987 schon mal waren, um was zu essen. Eine Person hatte am ersten Tisch gesessen, ein deutscher, konnte man beim Grüßen hören. Es gab eine internationale Speisekarte, kein Problem sich was auszusuchen. Schweinebraten mit Kartoffeln und Gemüse, dazu Salat. Suppe oder Nachtisch gab’s auch noch dazu. Für 60 Zloty, umgerechnet 17 Euro haben wir gut und viel gegessen. Hatten 1987 meine Brüder in diesem Hotel nicht einen im Puschen, von Krimsekt für 5 DM die Flasche? Ich musste lachen. Wir machen noch einen kleinen Verdauungsspaziergang zur Kirche, die Kirche in Neisse war für ein Gebet auch noch geöffnet.

Es war ein sehr anstrengender Tag.

Bürgerreporter:in:

Helmut Metzner aus Neustadt am Rübenberge

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