Volksrad- Fahrräder aus der Autostadt

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Zweiräder aus Wolfsburg

Es waren die 90ziger Jahre und das Internet blühte allmählich auf.

Im Schatten der großen Autofabrik in Wolfsburg bauten 1995 eine Hand voll Individualisten sehr individuelle Fahrräder. Ob als Lastenrad MULI oder Allzweckrad ALLTETAGE (später Tarpan) führte die Bringewald und Gallinsky KG in der Daimlerstraße ihre Ideen als VOLKSRAD zur Serienreife. So entstanden einige Dutzend handgebaute Fahrzeuge. Sie wurden kritisch geprüft und einigen Langzeittest unterworfen. Immer wieder wurden Erfindungen zur Patentreife gebracht. Das Autohaus Wolfsburg (damals Hotz) übernahm einige TARPAN-Räder für ihren Servicebereich, als Leihräder für Kunden. Das MULI wurde intensiv von der Industrie (Thyssen, John Deere) als Einsatzfahrzeug für den innerbetrieblichen Transport getestet und für gut befunden.

Das Internet und der Glaube daran gewann immer mehr Bedeutung.

Eine erste Null-Serie vom Modell TARPAN lief 1999 in einer tschechischen Fabrik als Werkauftrag vom Band. Anfragen und konkrete Aufträge lagen vor. Auch die englische Post war an einigen tausend Fahrrädern interessiert.
Bei Volksrad in Wolfsburg wurde weiter erfunden und Patente angemeldet. Ein Klapprad für den VW-Bus wurde skizziert, weitere Transporträder kreiert, ein Franchise-Modell beschrieben sowie das Konzept von Mietstationen.

Das Internet wurde zum Hype, zur Scheinwelt in der selbst Substanzlosigkeit Gewinnpotenziell besaß.

Für VOLKSRAD lief scheinbar alles richtig: Nur fehlte das Geld für die eigentliche Serienproduktion in Deutschland, genauer in Wolfsburg. Banken sollten helfen. Bürgschaften wurden aufgenommen. Das Konzept wieder und wieder verbessert und ausgefeilt. Kurz vor Serienstart zogen die Banken die Kreditzusagen zurück; „Macht was mit Internet“; so die Botschaft. Schweißer und Rahmenbauer kamen nicht zum Einsatz. Die Eigentümer suchten andere Finanzierungsmöglichkeiten; jedoch erfolglos.

Die Internetblase zerschlug alle Illusionen, stärkte aber nicht den Glauben an Bewährtes.

Im Jahr 2002 wurde VOLKSRAD aus dem Handelsregister gelöscht. Jahre später das ehemalige (gemietete) Firmengebäude abgerissen. Die Firmengründer hatten da die Stadt längst verlassen. Wolfsburg um eine Errungenschaft ärmer. Arbeitsplätze verloren. Innovation im Keim erstickt. Offenbar waren es zwei Räder zu wenig für die Autostadt!

Und heute?
Es existieren noch einige VOLKSRAD-Tarpan. Auch in Wolfsburg, jedoch sieht man sie sehr, sehr selten. Sie gehören meist ehemaligen Teilhabern der KG.
Die Marke VOLKSRAD selbst ist nahezu unbekannt. Auch im Internet.

In der Sammlung des ET-ZWEIRADMUSEUM in Sassenburg befinden sich drei VOLKSRAD-Exemplare: ein Tarpan, ein Werkstatt-Muli und ein Tarpan-Prototype. Und: Die Geschichte von Volksrad.
Jetzt und hier in Kurzform im Internet.

Mehr zum Museum: hier

https://www.facebook.com/ET-Zweiradmuseum-1812769065603753/

Bürgerreporter:in:

Tobias Tantius aus Hannover-Mitte

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