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E. W. Happel: "Der verdächtige Theophrastus"

"Unter allen Alchimisten und Goldmachern ist einer von den berühmtesten gewesen, Philippus Theophrastus Bombast von Hohenheim, Paracelsus genannt, ein geborner Edelmann aus der Schweiz, dessen Vater aber hernach in dem Herzogtum Karnten sich häuslich niedergelassen.

Dieser Mann ist zwar ein berühmter Philosophus, D. Medicinae und vortrefflicher Alchimist gewesen, aber er wird nicht ohne Ursach von vielen zum höchsten getadelt und eines gottlosen Wandels, wo nicht gar der Zauberei verdächtig gehalten.

Helmontius (*) gibt ihm wohl ein gutes Zeugnüs und gedenket seiner, indem er ihn wider den P. Johannem Robertum (?) mit folgenden Worten hochrühmlich verteidiget:

Ich antworte, spricht Helmontius, die Stich- und Hohnreden vieler Leute wider diesen Mann, als eine besondere Zier Teutschlandes, ausgegossen, sei nicht einer faulen Nuß wert und manchen denselben, der sie ausstoßt, nur selbsten desto unwerter.

Kurz hernach spricht er ferner: Wie aber des Paracelsi Werke beschaffen, wie sie fast das gemeine natürliche Vermögen übertreffen und der lästerenden Zungen Gebissenheit übersteigen, das gibt seine Grabschrift, so ihm von dem durchl. und hochwürd. Bischof, Fürsten von Salzburg, zum Zeugnüs seiner guten Verdienste gegeben worden, genugsam, er sei der Mißgunst lieb oder leid, an den Tag. Selbige lautet auf teutsch also:

Grabschrift Paracelsi, welche man zu Salzburg im Spital zu St. Sebastian an der Kirchenmauer aufgerichtet und in Stein gehauen siehet:

„Hier liegt begraben Philippus Theophrastus, der fürtreffliche Doktor in der Arznei, welcher die harte Wunden, den Aussatz, das Podagra ( = Gicht), die Wassersucht und andere unheilbare Leibesseuchen mit verwunderlicher Kunst vertrieben und seine Güter den Armen vermacht und geteilet. Im Jahr 1541, den 24. Tag des Herbstmonats (gemeint ist September) hat er das Leben mit dem Tod verwechselt.

Es ist zwar ein köstlich Ding um eine solche Grabschrift, wenn das geführte Leben des Verstorbenen damit übereinstimmet. Man kann aber dergleichen Zeugnis nicht für unfehlbar annehmen, dann mancher steht mit güldenen Buchstaben aufs allerprächtigste bei einem Grabmal angeschrieben und doch hergegen bei Gott im schwarzen Register der verdammten Ubeltäter. (…).

Vielleicht hat Gott dem Theophrasto die Gnade verliehen, daß er sich noch vor seinem Ende bekehret und rechtschaffene Früchte getan, dahero man ihm etwan nach seinem Tode die Grabschrift setzen lassen. So nun diesem gleich also wäre, kann doch sein böses Leben darum nicht lobenswert sein. Helmont mag von ihm halten, was er wolle, so wird er dennoch mich nimmer bereden, dass seine schwarze Rabenfedern weiß sein.

Wo findet man mehr abergläubische Possen als eben in des Paracelsi Schriften? In seinem Buch von der geheimen Philosophie. Die Krankheiten könne man durch Charakteren ( = eingeprägte Zeichen, Zauberschrift) heilen, welche weder durch den Goldtrunk, noch Quintessenz vom Spießglas zu kurieren. Scheuet er sich doch nicht, ausdrücklich zu setzen: Man soll eine Hand, Fuß oder ander Glied, das bresthaft ( = mangelhaft, krank) ist und schmerzet, gleich bilden oder auch ein Bildnüs des gesamten Leibes formieren und hernach selbiges Bildnüs pflastern und salben, nicht den Patienten selbsten. Imgleichen da der Mensch durch Zauberei die Sprache, Gehör oder seine männliche Kraft verloren, müsse man des ganzen Menschen Ebenbild vom Wachs machen, mit starkem Glauben und tiefer Einbildung, und selbigem Wachsbild gebührlichermaßen kurieren. Welches ja die rechte Weise und Gewohnheit der alten Zaubervetteln ist. (…)"

(*) Helmontius, Johann Baptista van (1577 – 1644), Herr von Merode, niederländischer Arzt und Chemiker; stützte sich auf die Lehren des Paracelsus

(Entnommen aus: Eberhard Werner Happel: „Größte Denkwürdigkeiten der Welt oder sogenannte Relationes Curiosae", Seite 166)

Meinen Beitrag über Eberhard Werner Happel kann man hier nachlesen: http://www.myheimat.de/wohratal/kultur/eberhard-we...

Weitere Beiträge aus dem Buch von E.W. Happel:
"Das prophezeiende Licht": http://www.myheimat.de/kirchhain/kultur/das-prophe...
"Die oft wiederholte Ehe": http://www.myheimat.de/wohratal/kultur/e-w-happel-...

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2 Kommentare

Paracelsus hatte sich an der Universität Basel dadurch bei seinen Kollegen verhaßt gemacht, daß er die schiften von Galenos, Avicenna und anderen öffentlich verbrannte, auf die sich die Medizin damals stützte. Vor allem machte er Schluß mit der alten Säftelehre, die besagte, daß Krankheiten durch Veränderung des Gleichgewichts von 4 "humores", Säfften, im Körper (Blut, Galle, Schwarzgalle und Lymphe) zustande kämen. Mit seinen neuen Methoden erzielte er sensationelle Heilungen, wodurch den Kollegen die einnahmen wegbrachen. Ergebnis: Er mußte aus Basel fliehen und als Wanderer durch die Welt ziehen.

Gerade seine Philosophischen Schriften, die ich derzeit im Original lese, beweisen, daß er orthodoxer Christ war und sich vehement gegen satanistische "Bescheißer" stellte. Van Helmont übrigens verdanke ich die Heilung einer Sehnenentzündung, zu deren Therapie er Ohrenschmalz empfahl: Hat geholfen!

Danke für deinen Kommentar!

Heute hat man natürlich eine andere Sicht auf diese Dinge, damals war es neu und unbekannt, musste also mit Zauberei zu tun haben.

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