Inhausersiel - ein verschwundenes Dorf
Inhausersiel …
Die letzten Höfe schwinden aus dem Blick,
vorbei an aufgelass'nen Häuslerstellen -
vorbei an aufgegeb'nem Glück –
führt uns der alte Klinkerpfad
in großen Bögen und in kleinen Wellen.
Jahrhunderte er gute Dienste tat.
Mit in die Marsch gedrückten Spuren -
hochgewölbt im Mittelstück,
so zieht er sich durch grüne Fluren -
die alte Zeit kommt nicht zurück.
Die Stimmung wie auf schlichten Bildern
von Malern - hier aus diesem Küstenstrich,
die Wassergräben sind schon am verwildern -
Natur - die ist hier unter sich.
Querab des Deiches grünes Band sich schlängelt,
als Wehr der Menschen gegen Wassers Macht.
Auf ihm sich Schaf an Schafes Kopfe drängelt -
versunken schon in der Geschichte Nacht.
Überragt von Spitzen einer Handvoll Masten
von Schiffen - die wohl hier zu Haus noch sind.
Wir fahr’n vorbei an manchem alten Kasten -
mit verstaubten Fenstern - Scheiben stumpf und blind.
Drei Häuser noch - mit strohgedeckten Dächern -
die Jungen - scheint’s - sind lang’ schon von hier fort,
man sieht jedoch noch Heu in off’nen Fächern -
wir sind in einem weltvergess’nen Ort.
Der Junge dort - unter der großen Linde -
schaut uns mit krausem Haar und off’nem Munde nach,
er kaut - genußvoll still - ein Stückchen Rinde -
das er sich irgendwo im Garten brach.
Rechter Hand - weit auf - des Sieles hölzern Schlote,
noch gut geölt und relativ in Schuß.
An altersschwacher Hafenmauer liegen Boote,
weich - in grauem Grund - und wie aus einem Guß.
Hier und da an Molenköpfen
brutzeln Würste hoch am Stock -
dazu in schwarzen Eisentöpfen
siedet Wasser für den heißen Grog.
Ein Mädchen - zart - mit langen Flechten,
schleckt Eiskristalle - leuchtend bunt.
Groß wie den Mond in blauen Nächten -
so sieht man ihren Erdbeermund.
Die Schipper haben geflaggt über die Toppen -
die Wimpel hängen alle schlaff im Wind,
ein Teddybär mit ausgefransten Noppen -
das Glück für einer Mutter Kind.
Vom Hafentor verliert sich in der Ferne -
in langen Jahren zugeschlickter Priel,
nur Birkenreiser - und keine Laterne -
begleiten ihn - vom Anfang bis zum Ziel.
Am Horizont die Wolkenbänke leuchten -
die Sonne badet sie in feuerrotem Licht,
die Wellen sanft die Watten feuchten -
sie spiegeln des Himmels Angesicht.
Die Möven steh’n als Silhouetten -
auf Dalben und auf Fahnenbaum,
zeichnen soubrettengleich die Schatten -
in diesen Sommerabendtraum.
Langsam fällt die Nacht hernieder -
auf sommerheißen stillen Ort,
da - jetzt hört man es schon wieder -
der Wind trägt weit die Klänge fort.
Ein Mädchen singt von Seemannsliebe -
und vom Glück als Seemannsbraut,
in stimmungsvolle weiche Töne
einer Harmonika gebaut.
Aus runden Bootskajütenfenstern -
streichelt gelbes Lampenlicht
grünbemooste Pfähle -
an denen man gebunden liegt.
Vom Andelgroden zieht in Schwaden -
der Duft von frisch gemähtem Gras,
die Luft ist knattervoll geladen -
man weiß nur nicht genau mit was.
Der Ort ist lange schon verschwunden -
und der Name auch schon fast,
die Erinnerung - sie ist gebunden -
ist das, was du auf Ewig hast!
ee
Bürgerreporter:in:Ewald Eden aus Wilhelmshaven |
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