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Hände weg von der Pressefreiheit

Italienische Verhältnisse verhindern:
Hände weg von der Pressefreiheit!

Artikel fünf, Absatz eins des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland garantiert die Rundfunkfreiheit. Dazu gehört auch, dass der Staat keinen beherrschenden Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten ausüben darf. Ein elementares Recht für eine funktionierende Demokratie: Denn nur gut, unabhängig und kritisch informiert, können wir Bürger/innen und Wähler/innen die Politik kontrollieren.

An dieser Rundfunkfreiheit wird derzeit gerüttelt. Wird dem nicht rechtzeitig Einhalt geboten, drohen italienische Verhältnisse auch in Deutschland.
Mainzelmännchen-Koch

* Appell für die Rundfunkfreiheit unterzeichnen

Roland Kochs Angriff auf die Rundfunkfreiheit

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der auch stellvertretender Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates ist, will erreichen, dass Nikolaus Brender keine oder nur eine unüblich kurze Vertragsverlängerung als Chefredakteur des ZDF bekommt. Angeblich weil die Quoten der ZDF-Informationssendungen zu schlecht seien. Doch in Wirklichkeit scheint Koch die Ablösung des Journalisten zu betreiben, da Brender auszeichnet, was für einen guten Journalisten selbstverständlich sein sollte: Er ist überparteilich, unabhängig und unbequem.

Es geht daher nicht nur um die Causa Brender. Koch will den Einfluss der Parteipolitik auf das ZDF und die öffentlich-rechtlichen Medien insgesamt stärken. Sowohl der Intendant des Senders, Markus Schächter, als auch fast alle prominenten ZDF-Journalisten haben sich hinter ihren Chefredakteur gestellt - gerade wegen seiner Unabhängigkeit. Es wird gemunkelt, dass Koch bei seinem Angriff auf die Rundfunkfreiheit die Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel habe.

Wenn sich Koch im Verwaltungsrat durchsetzt, wäre das ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit. Wie sollte ein zukünftiger Chefredakteur von Kochs Gnaden noch kritisch berichten, wenn er dabei um seinen Job fürchten muss?

* Angriff von Roland Koch auf die Rundfunkfreiheit stoppen

Unabhängige Berichterstattung statt Regierungs-Fernsehen

Das sehen auch 35 renommierte Staats- und Verfassungsrechtler/innen so. Sie haben deshalb mit einem Offenen Brief an die 14 Mitglieder des ZDF-Verwaltungsrats appelliert, sich "nicht an der beabsichtigten staatlichen Einflussnahme auf die Wahl des Chefredakteurs" zu beteiligen. "Es handelt sich um den offenkundigen Versuch, einen unabhängigen Journalisten zu verdrängen und den Einfluss der Parteipolitik zu stärken. Damit wird die Angelegenheit zum Verfassungsrechtsfall und deshalb mischen wir uns ein", schreiben die Verfassungsrechtler/innen in ihrem Offenen Brief. Es gehe nicht um schlechte Quoten, sondern darum, wer die Macht hat beim ZDF. Sogar die konservative FAZ spricht von einem "wissentlichen Verfassungsbruch", der am Freitag im ZDF-Verwaltungsrat geplant sei.
ZDF-Zentrale in Mainz

* Appellieren auch Sie an den ZDF-Verwaltungsrat

Journalisten warnen vor Verletzung der Pressefreiheitscharta

Vor einer Verletzung der Europäischen Pressefreiheitscharta haben auch 17 prominente Journalist/innen gewarnt. "Die Entlassung von Nikolaus Brender durch einen massiven Eingriff in die Unabhängigkeit des ZDF wäre der erste flagrante Verstoß gegen die Europäische Charta für Pressefreiheit", heißt es in ihrer gemeinsamen Erklärung. Sie verweisen auf Artikel II der Charta, darin heißt es: "Unabhängiger Journalismus in allen Medien ist frei von Verfolgung und Repressalien, ohne politische oder regulierende Eingriffe des Staates zu garantieren." Die Journalisten appellieren an die politisch Verantwortlichen: "Respektieren Sie die Rundfunkfreiheit und respektieren Sie den Willen von ZDF-Intendant Markus Schächter, den Vertrag von Nikolaus Brender zu verlängern."

Der seit Monaten schwelende Streit um die Zukunft von Nikolaus Brender soll am kommenden Freitag entschieden werden. Dann kommt der ZDF-Verwaltungsrat auf dem Mainzer Lerchenberg zusammen. Bis dahin wollen wir mit einem Appell die Verwaltungsrats-Mitglieder auffordern, Kochs Feldzug gegen die Pressefreiheit zu stoppen.

* Appell an den ZDF-Verwaltungsrat unterschreiben http://www.campact.de/eil/sn2/signer

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2 Kommentare

Der hessische möchte-gern-berlusconi in voller fahrt - hat jemand etwa mit mehr demokratie gerechnet ?

Pressefreiheit in Gefahr – Abwehr und Gegenstrategien

"Die Sicherheitsbehörden achten immer weniger auf die journalistischen Freiheiten", sagt Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, "benutzen Journalisten

als Gegenstand der Ausforschung, durchbrechen das Zeugnisverweigerungs-
recht, durchsuchen Redaktionsräume und Computer. Da muss man energisch auf die Pressefreiheit pochen." Aber die zweite Gefahr für die Pressefreiheit, so Prantl, drohe von den Journalisten selbst: "Wir sind uns zu wenig bewusst, wozu Pressefreiheit da ist. Pressefreiheit dient der Demokratie – wenn wir diesen Auftrag vergessen, ist die Pressefreiheit nichts mehr wert und wird zur bloßen Gewerbefreiheit." Pressefreiheit ist eine Pflicht, kein Privileg zur bequemeren Berufsausübung. Die Grenzverwischung zwischen Journalismus und PR hat das Ansehen untergraben. In der Öffentlichkeit hätten Medien nicht mehr den Rang, den sie zur Zeit der Spiegel-Affäre hatten. Deshalb bleiben die heftigen Reaktionen aus. "Für die Leute sind die Redaktion wie die Wurstfabriken: Bei einer Durchsuchung findet man schon was Verschimmeltes." Prantl erinnerte an den Satz von Karl Marx: "Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein." Das solle man groß an alle Verlagshäuser schreiben.

Pressefreiheit als Basis für Demokratie

"Heute ist auch in der Justiz das Bewusstsein für den Wert der Pressefreiheit verankert", hielt Heinz Georg Bamberger, Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz, dagegen. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, die Pressefreiheit sei in einem gewissen Sinne die Basis für Freiheit in einer Demokratie überhaupt. Gerade der Fall Cicero zeige: Es habe zwar die Ermittlungsrichter gegeben, die unzulässig die Durchsuchung und Beschlagnahme angeordnet hätten, aber eben auch Richter beim Landgericht und dem brandenburgische Oberlandesgericht, die bei der Entscheidung über die Zulassung des Hauptverfahrens genauso geurteilt hätten wie später das Bundesverfassungsgericht. Was an Sicherheitsgesetzen in der Diskussion ist, bedrohe natürlich auch die Presse. "Hier geht es in der politischen Diskussion darum, ein Gleichgewicht zu finden. Die Sicherheit ist wichtig, aber die Freiheit ist wichtiger."

Qualitätsjournalismus und Pressefreiheit gehören zusammen

Wenn im Namen einer Sache, meistens der Sicherheit, politische Vorstöße begründet werden, sei er immer vorsichtig, sagte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Billung. Mit diesem "im Namen der Sache" sei er aufgewachsen, damit sei ihm alles verkauft worden. "Ich finde, es bedarf einer großen Legitimität, im Namen einer Sache Freiheitsrecht einzuschränken. Mich wundert, dass gerade diejenigen, die den Begriff Freiheit am höchsten halten, sie mit politischen Initiativen einschränken." Das mache ihm große Sorge. "Aber wo sind die Journalistinnen und Journalisten, die hartnäckig und penetrant dieses Thema verfolgen", fragte Krüger, "die Öffentlichkeit und Politik damit konfrontieren? Das passiert nicht automatisch." Dass es eine gewisse Skepsis in der Öffentlichkeit gebe, habe mit Entwicklungen in der Medienlandschaft zu tun. Dem Mediennutzer begegne neben kritischem Journalismus immer mehr eine Form von Journalismus, der mit der "Seife der PR-Industrie" gewaschen sei. Die Menschen spürten das instinktiv. "Legitimiert wird die Pressefreiheit eigentlich nur durch Qualitätsjournalismus. Wer heute über Pressefreiheit nachenkt, der muss auch über die Ökonomisierung der Meinungsbildung diskutieren."

Pressefreiheit auf dem Rückzug

Der Aussage von Heinz Georg Bamberger, die Justiz wisse genau, was Pressefreiheit ist, widersprach Professor Robert Schweizer, Rechtsanwalt und Vorstandmitglied der Hubert Burda Media Holding München. Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Richter, die fehlerhafte Durchsuchungsverfügungen erlassen haben, bleiben nach seiner Erfahrung folgenlos, obwohl grobe Rechtsverstöße eingeräumt werden. Das Cicero-Urteil wiederhole nur das Spiegel-Urteil, halte sich aus der Frage der Beihilfe oder gar der sukzessiven Beihilfe zum Geheimnisverrat heraus und sage nur: Wenn es überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Straftat gebe, darf nicht durchsucht werden. Die jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EuGM) und des Bundesgerichtshofes negieren nach Schweizers Auffassung, dass es ein legitimes öffentliches Interesse an der Persönlichkeit von Prominenten gibt. Diese seien heute zu gesellschaftlichen Leitfiguren geworden. Also müsse es auch möglich sein, die Realität des Lebens dieser Vorbilder darzustellen. Dürfte nur noch mit ihrer Einwilligung berichtet werden, würden nur noch die PR-Agenturen die Artikel schreiben. Schweizers Ausblick ist eher pessimistisch: "Wir sind an der Wende der Renaissance, die die Pressefreiheit nach 1945 erfahren hat."

Gerichte nicht immer auf Seiten der Journalisten

"Ich habe nicht den Eindruck, dass wir bei den Gerichten immer gut aufgehoben sind", befand auch Lutz Tillmanns vom Deutschen Presserat. Der Gesetzgeber dürfe die Presse nicht in eine Situation bringen, in der sie ihre Rechte nur noch vor Gericht einklagen kann. Nach Tillmanns Erfahrung schieben die Richter bei der Anordnung von Durchsuchungen presserechtliche Bedenken gerne beiseite – dann sei die Durchsuchung geschehen, und die Gerichte könnten später entscheiden, was sie wollen. Im Alltag hätten Journalisten aber nicht ständig mit Staatsanwälten und Richtern zu tun. Dafür sorge schon das Modell der freiwilligen Selbstkontrolle: Journalisten und Verleger hätten sich im Presserat für verantwortliche Prinzipien der Berichterstattung entschieden; wenn sie diese befolgten, würden sie normalerweise nicht mit Gerichten und Gesetzesverletzungen zu tun bekommen.

Marktstrategien wichtiger als kritische Journalisten

"Was die Menschen am meisten wahrnehmen ist ein Journalismus, der gar nicht mehr so ernst genommen werden will". Achim Baum, Professor für Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus an der FH Osnabrück, schlug in die gleich Kerbe wie Thomas Krüger und Heribert Prantl. Der Deutungsjournalismus von Cicero, der Kampagnenjournalismus, der Personen herauf- oder herunter schreibt – "klar, dass die Leser dieses gefällige Infotainment nicht mehr als Journalismus wahrnehmen, damit auch nicht mehr als etwas, das es zu verteidigen gilt". Es sei ein Unterhaltungsangebot wie viele andere auch. So lange Journalisten nicht, auch an vielen Stellen gegen ihre Verleger, Pressefreiheit durchsetzten, "indem sie tun, was sie tun müssen, nämlich aufzuklären und darzustellen, was PR-Leute nicht darstellen, geht die Pressefreiheit langsam aber sicher den Bach herunter". "In einer Zeitschrift wie werben & verkaufen lassen sich Hubert Burda (Burda Media Holding), Mathias Döpfner (Axel Springer AG) und Bernd Kundrun (Gruner+Jahr) und alle, die in der Medienlandschaft etwas zu sagen haben, über ihre Markenstrategien aus. Diese haben mit Journalismus gar nichts mehr zu tun. Und als die Redakteure dieser Zeitschrift nachfragten, wo denn da der Journalismus bliebe, dann antwortete beispielsweise Herr Burda: Das sei eine verfehlte Romantik der 68er, über diese Fragen sei man lange hinweg. Das ist doch die Problematik der Pressefreiheit!"

Text: Michael Bechtel

Quelle: http://www1.bpb.de/veranstaltungen/NN69WT,0,Panel_...

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