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Aktivitäten von Neonazis im Umfeld des Volkstrauertages -Soldatenfriedhof Essel-

Aktivitäten von Neonazis im Umfeld des Volkstrauertages -Soldatenfriedhof Essel-

Niedersächsischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/1280

Kleine Anfrage mit Antwort
Wortlaut der Kleinen Anfrage
der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (LINKE), eingegangen am 25.03.2009
Aktivitäten von Neonazis im Umfeld des Volkstrauertages
In unmittelbarer zeitlicher Nähe des Volkstrauertages missbrauchen Neonazis diesen, um „Helden-
gedenken“ durchzuführen. Das geschieht auch im Land Niedersachsen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Veranstaltungen der beschriebenen
Art im Zeitraum 2006 bis 2008 vor?
2. An welchen Orten gab es Veranstaltungen dieser Art in Niedersachsen in dem Zeitraum 2006
bis 2008, und wie viele Personen beteiligten sich an diesen (Aufschlüsselung nach Datum,
Ort, Landkreis, Personenzahl)?
3. Welche rechtsextremistischen Organisationen beteiligen sich an diesen Veranstaltungen?
4. Kamen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesen Veranstaltungen aus anderen Bundeslän-
dern und, wenn ja, wie viele und aus welchen?
5. Kamen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesen Veranstaltungen aus dem Ausland und,
wenn ja, wie viele, aus welchen Ländern, und welchen Organisationen gehören sie an?
6. Fanden Veranstaltungen in diesem Zeitraum statt, bei denen die „Hilfsgemeinschaft auf Ge-
genseitigkeit der ehemaligen Angehörigen der Waffen SS e. V.“ (HIAG) oder die „Kriegsgrä-
berstiftung - Wenn alle Brüder schweigen“ Veranstalter und/oder Mitveranstalter waren und,
wenn ja, wann und wo?
7. Welche Aktivitäten der beiden genannten Organisationen fanden in dem Zeitraum 2006 bis
2008 in Niedersachsen statt?
8. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über eine Zusammenarbeit zwischen der
HIAG der der „Kriegsgräberstiftung - Wenn alle Brüder schweigen“ und dem Volksbund Deut-
scher Kriegsgräberfürsorge vor?
9. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über eine Zusammenarbeit zwischen der
HIAG oder der „Kriegsgräberstiftung - Wenn alle Brüder schweigen“ und dem Volksbund
Deutscher Kriegsgräberfürsorge vor?
10. Wurden in diesem Zusammenhang Strafverfahren gegen Beteiligte aus dem rechtsextremisti-
schen Spektrum eingeleitet (bitte nach Art der Straftatbestände aufschlüsseln)?
11. Wurden in diesem Zusammenhang Waffen bei den Beteiligten vorgefunden und beschlag-
nahmt, und, wenn ja, um welche Art von Waffen handelte es sich hierbei?
12. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Art der Bewerbung dieser Veran-
staltungen vor (Internet, Flyer, Anzeigen, etc.)?
(An die Staatskanzlei übersandt am 31.03.2009 - II/721 - 278)
1
Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/1280

Antwort der Landesregierung
Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 06.05.2009
für Inneres, Sport und Integration
- 63.116-049-A-480010-012/09 -
Aus Anlass des Volkstrauertages, der insbesondere innerhalb der neonazistischen Szene als
„Heldengedenktag“ von hoher symbolhafter und identitätsstiftender Bedeutung ist, führen Rechts-
extremisten regelmäßig zahlreiche Aktionen durch. In Ermangelung einer zentralen Großveranstal-
tung beschränkte sich die niedersächsische rechtsextremistische Szene in den Jahren 2006 bis
2008 auf die Durchführung dezentraler Aktionen auf Soldatenfriedhöfen, an Ehrenmalen und Krie-
gerdenkmälern.
Der Niedersächsische Verfassungsschutz beobachtet im Rahmen der ihm nach dem Niedersächsi-
schen Verfassungsschutzgesetz zugewiesenen Aufgaben jedoch nur Bestrebungen gegen die frei-
heitlich demokratische Grundordnung. Die Eingriffsschwelle für eine Beobachtung durch den Ver-
fassungsschutz ist gesetzlich klar festgelegt und damit verbindlich für die Arbeit des Verfassungs-
schutzes. Demnach müssen „tatsächliche Anhaltspunkte“ (§ 5 Abs. 1 NVerfSchG) für eine extre-
mistische Bestrebung vorliegen. Dabei ist für eine entsprechende Zuordnung einer Organisation
das Gesamtbild der Organisation maßgebend, d. h. das Zusammenspiel personeller, institutioneller
und programmatischer Faktoren, die für ihre Ausrichtung und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit prä-
gend sind. Es reicht infolgedessen nicht aus, die Beobachtung einer Organisation nur auf bedenkli-
che Verlautbarungen eines einzelnen (führenden) Funktionsträgers zu stützen. Verhaltensweisen
von Einzelpersonen, die nicht in oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind nach § 4
Abs. 1 Satz 3 NVerfSchG nur dann Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG, wenn
sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein
Schutzgut des NVerfSchG erheblich zu beschädigen.
Bei den in den Fragen 6 bis 9 genannten Organisationen handelt es sich nicht um Beobachtungs-
objekte der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Den Niedersächsischen Sicherheitsbehörden liegen Erkenntnisse über die folgenden Aktivitäten
von Rechtsextremisten anlässlich der Volkstrauertage 2006 bis 2008 vor:

Volkstrauertag 2006
Nordhorn/LK Grafschaft-Bentheim
An einem Kriegerdenkmal wurde vermutlich von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene ein
Kranz mit der Aufschrift „Die Gedanken sind frei, unsere Seelen sind rein, wir gedenken euch
Kämpfern für Volk und Heim“ abgelegt. Der Schriftzug war mit zwei Abbildungen des „Eisernen
Kreuzes“ eingerahmt.
Tostedt/LK Harburg
Es nahmen acht Angehörige der rechtsextremistischen Szene an einer Kranzniederlegung der örtli-
chen Feuerwehr und des Schützenvereins teil.
Lohheide/LK Celle
Ein bekannter Rechtsextremist führte mit 42 Personen, davon 15 Kinder/Jugendliche, eine Ge-
denkkundgebung durch.
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Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/1280

Bad Nenndorf/LK Schaumburg
Ein Bus, besetzt mit ca. 35 Personen des rechtsextremistischen Spektrums, der sich auf der Rück-
reise aus Brandenburg befand, wurde gegen Mitternacht in der Nähe des ehemaligen „Winklerba-
des“ festgestellt.
Dort stiegen ca. 20 Personen aus, um an dem Objekt brennende Kerzen abzustellen.
Staufenberg, OT Benterode/LK Göttingen
Ca. 20 Personen führten einen Fackelaufzug mit Trommeln unter Mitführung einer NPD-Fahne
durch. Beim Eintreffen der Polizeikräfte befanden sich 11 Personen der rechtsextremistischen Sze-
ne vor Ort. Anzeichen für eine versammlungsrechtliche Aktion waren nicht festzustellen. Die ange-
troffenen Personen stammten aus Nordhessen und aus dem Raum Hann. Münden.
Im Weiteren wurde am Kriegerdenkmal außerhalb der Ortschaft ein Kranz mit der Aufschrift „Ehre
unseren gefallenen Kameraden“ und „Kameradschaft-Nordhessen“ aufgefunden.
Wilhelmshaven
Ca. 25 Angehörige der NPD, der DVU sowie der Freien Nationalisten führten auf dem Ehrenfried-
hof eine Gedenkveranstaltung durch.
Worpswede/LK Osterholz
Sieben Angehörige der rechtsextremistischen Szene legten am Niedersachsenstein einen Kranz
nieder.

Volkstrauertag 2007
Vienenburg/LK Goslar
Zwei bekannte NPD-Aktivisten hatten versucht, an einer offiziellen Gedenkveranstaltung teilzu-
nehmen. Gegen sie wurden Betretungsverbote ausgesprochen.
Essel/LK Soltau-Fallingbostel
Nach Abschluss der offiziellen Gedenkveranstaltungen auf dem Soldatenfriedhof trafen 24 Perso-
nen der rechtsextremistischen Szene ein und stellten sich in Marschformation unter Mitführung von
Fackeln, schwarzen Fahnen und einem Kranz auf.
Auf dem Friedhof wurden durch die Gruppe vorbereitete Texte verlesen und der mitgeführte Kranz
niedergelegt. Die nicht angemeldete Versammlung wurde durch die Polizei aufgelöst. Bei der
Gruppe handelte es sich um Angehörige der „Kameradschaft 73 Celle“.
Tostedt/LK Harburg
Acht Personen aus der rechtsextremistischen Szene sowie zwei Kinder nahmen an der offiziellen
Kranzniederlegung der örtlichen Feuerwehr und des Schützenvereins teil.
Nach Abschluss der offiziellen Veranstaltung legten die beiden Kinder einen kleinen mitgeführten
Kranz nieder.
Pattensen /Region Hannover
Durch eine unbekannte Person wurde ein Kranz mit zwei weißen Schleifen und der Aufschrift “Hel-
den fallen, sterben aber nie - in stolzer Trauer Hannovers Jugend“ an einem Denkmal abgelegt. Um
den Kranz herum waren zehn brennende Grablichter halbkreisförmig aufgebaut.

Volkstrauertag 2008
Esens/LK Wittmund
An einer DVU-Veranstaltung unter dem Motto „Unsere Kriegstoten sind unvergessen“ nahmen ca.
55 Personen der rechtsextremistischen Szene teil. Durch die Teilnehmer wurden entsprechende
Transparente aufgestellt.
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Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/1280

Nienhagen/LK Göttingen
Eine Gruppe von ca. 35 Personen suchte das „Gefallenen-Mahnmal“ auf und legte einen Kranz mit
Schleife (Aufschrift „Kameradschaft Gau Kurhessen“ und „Unvergessen GD“) sowie eine Reichs-
kriegsflagge ab. Die nicht näher identifizierte Gruppe zog in Marschordnung, mit Fackeln und mit
teilweise paramilitärischer Kopfbedeckung zu dem Mahnmal.
Essel/LK Soltau-Fallingbostel
Eine Gruppe von 30 Personen der rechtsextremistischen Szene besuchte den Soldatenfriedhof
zwecks Niederlegung von Gestecken und Abhalten von kurzen Andachten.
Tostedt/LK Harburg
Am Ehrenmal in Tostedt versammelten sich anlässlich der Kranzniederlegung durch die Gemein-
deverwaltung ca. 21 Angehörige der rechtsextremistischen Szene. Durch die Gemeindeverwaltung
wurde vom Hausrecht Gebrauch gemacht und die Personen des Platzes verwiesen.
Beckedorf/LK Osterholz
Ca. 15 schwarz gekleidete Personen legten nach der offiziellen Gedenkfeier einen Kranz am
Denkmal ab. Der Kranz war mit einer schwarz-weißen Schleife und mit den Aufschriften „Freie
Kräfte OHZ/HB-Nord“ und „Die Jugend gedenkt ihren Helden“ versehen.
Delmenhorst
Eine Gruppe von ca. acht Personen der rechtsextremistischen Szene führte in den späten Abend-
stunden eine nicht angemeldete Versammlung mit Fackeln und schwarz/weiß/roten Fahnen durch.
Kolkhage/LK Lüneburg
Ca. 11 Personen aus den Reihen der NPD und den Freien Nationalisten führten am Kriegerdenk-
mal eine Gedenkveranstaltung durch.
Pattensen/Region Hannover
Eine Gruppe von zehn unbekannten Personen des rechtsextremistischen Spektrums führte eine
nicht angemeldete Versammlung mit Fackeln und schwarz/weiß/roten Fahnen am Kriegerdenkmal
durch. Abschließend wurde ein Kranz mit zwei Schleifen mit der Aufschrift: „Helden fallen, aber
sterben nie - und in Stolzer Trauer Hannovers Jugend“ abgelegt.
Zu 4:
Im Jahre 2006 beteiligten sich Rechtsextremisten aus Nordrhein-Westfalen an der Veranstaltung in
Bad Nenndorf bzw. aus Hessen an der Veranstaltung in Staufenberg. Im Jahr 2008 nahmen an den
Veranstaltungen in Nienhagen Neonazis aus Hessen und in Schwanewede aus Bremen teil. Über
die Personenzahl liegen dem Verfassungsschutz keine Erkenntnisse vor.
Zu 5:
Der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde liegen keine Erkenntnisse über die Teilnahme
von ausländischen Rechtsextremisten an den Veranstaltungen in Niedersachsen vor.
Zu 6 bis 9:
Siehe Vorbemerkungen
Zu 10:
Im Zusammenhang mit den nachfolgenden, auch in der Beantwortung zu Frage 1 aufgeführten,
Veranstaltungen wurden durch die Polizei Ermittlungsverfahren eingeleitet:

Volkstrauertag 2006
Veranstaltung in Nordhorn/LK Grafschaft Bentheim
Gegen die Personen wurde ein Verfahren wegen Verstoßes gegen § 26 VersG eingeleitet.
4
Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/1280

Volkstrauertag 2007
Veranstaltung in Essel/LK Soltau-Fallingbostel
Gegen alle Beteiligte wurde ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen § 28 VersG eingeleitet.

Volkstrauertag 2008
Veranstaltung in Nienhagen/LK Götttingen
Es wurde ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen § 26 VersG eingeleitet.
Veranstaltung in Delmenhorst
Ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen § 26 VersG wurde eingeleitet.
Pattensen/Region Hannover
Ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen § 26 VersG wurde eingeleitet.
Zu 11:
Entsprechende Erkenntnisse liegen nicht vor.
Zu 12:
Die „Heldengedenkveranstaltungen“ der rechtsextremistischen Szene werden konspirativ vorberei-
tet und beworben. Eine öffentliche Mobilisierung für die Veranstaltungen über Flyer bzw. das Inter-
net fand nicht statt, weil an ihnen in der Regel lediglich örtlich bzw. regional aktive Rechtsextremis-
ten teilgenommen haben.

Uwe Schünemann

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