Offener gemeinsamer Brief des Gesamtelternbeirates der Städtischen Kitas und des Kita-Stadtelternrates zum Kita-Warnstreik am Montag, 8.2.2010
Offener gemeinsamer Brief des Gesamtelternbeirates der Städtischen Kitas und des Kita-Stadtelternrates zum Kita-Warnstreik am Montag, 8.2.2010
Absender:
Gesamtelternbeirat der Städtischen Kitas
Janina Müller, Vorsitzende Kita-Stadtelternrat
Georg Weil, Sprecher
Büro: Ricklingerstr. 39, 30449 Hannover
An:
Oberbürgermeister der Stadt Hannover
Stephan Weil
Personalmanager der Stadt Hannover Harald Härke
Trammplatz 1
30159 Hannover
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Verdi-Landesbezirkschef Jürgen Hohmann
Goseriede 12
30159 Hannover
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 30148 Hannover
Neue Presse Hannover, 30148 Hannover
Bild Hannover
taz-nord
Kita-Eltern kritisieren fehlende Notdienstgruppen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Aus Sicht der Kita-Eltern hat die hohe Streikbereitschaft bei den Erzieherinnen und Erziehern, die am Montag in Hannover zu geschlossenen Kitas im Rahmen eines Warnstreiks führte, nicht zu letzt ihre Ursache darin, dass sowohl quantitativ als auch qualitativ der Kita-Ausbau weit hinter den aktuellen Erfordernissen zurückbleibt. (Zu viele Kinder in einer Gruppe, unzureichende Zahl von Ausbildungsplätzen im Erzieherinnen- und Erzieherberuf, geringe Aussicht auf höhere Qualifizierung, zu wenige Kita-Plätze bei anhaltend großer Nachfrage besonders in den Bereichen Hort und Krippe.)
Diese seit Jahren vom Rotstift diktierte schleppende Problembewältigung durften jetzt abermals die Eltern ausbaden, die am Montag mit ihren Kindern vor geschlossenen Kitas stehen mussten. Trotz einer entsprechenden schriftlichen und telefonischen Bitte der Kita-Eltern im Vorfeld des Warnstreiks hatte sich die Stadt mit der Gewerkschaft nicht auf eine Notdienstgruppen-Regelung für besonders hart vom Streik betroffene Familien mit ihren Kindern einigen können. Soweit fehlende Notdienstgruppen von der Gewerkschaft verschuldet sind, befremdet das die Eltern, bei denen die Gewerkschaft im Vorfeld des Warnstreikes um Verständnis warb. So weit die Stadt das verschuldet fragen wir uns, ob hier bewusst keine Notdienstregelung angestrebt wurde, um bei den Eltern gegen streikende Erzieherinnen und Erzieher Stimmung zu machen.
Von der Stadt wurde die Aufforderung der Kita-Eltern ignoriert, städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Dienststellen, die nicht bestreikt wurden und die am Montag ihre Kinder zu hause betreuen mussten, dafür einen bezahlten freien Tag zu gewähren. Dies hätte auch eine Aufforderung an andere Arbeitgeber dargestellt, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlt frei zu stellen. Die meisten Arbeitgeber beschränkten sich jedoch wie die Stadt darauf, betroffenen Eltern ein Vorziehen von Urlaubstagen oder eine unbezahlte Freistellung zu gewähren. Besondere Belastungen entstanden auch für Kinder und deren Eltern, denen es gelang, in Eigenregie Notlösungen zu bewerkstelligen.
Die Eltern wissen, dass viele Erzieherinnen und Erzieher mit einigen Bauschschmerzen streikten. Ist es doch ihr tägliches Bemühen mit ihrer Tätigkeit einerseits die Kinder zu unterstützen, die in besonderer Weise auf die im Hort geleistete Erziehungsarbeit angewiesen sind und andererseits dazu beizutragen, Eltern die volle Teilnahme am Erwerbsleben zu ermöglichen. Der Kita-Warnstreik allerdings machte einmal mehr deutlich, dass gute Kitas für eine moderne Gesellschaft notwendig sind. Kitas ermöglichen es, dass beide Eltern gleichberechtigt am Erwerbsleben teilnehmen können und gewährleisten die notwendige und angemessene staatliche Unterstützung der Erziehungsarbeit in den Familien.
Dennoch reagierten viele Eltern auf den Warnstreiktag am Montag mit teils massivem Unverständnis, weil sie den langen Streik im vergangenen Sommer noch in Erinnerung hatten. Dabei lagen doch aus diesem Streik Erfahrungen mit der Einrichtung von Notdienstgruppen vor, auf die die Stadt und die Gewerkschaft hätten zurückgreifen können, um zumindest in besonderen Härtefällen helfen zu können.
Wir Kita-Eltern stellen an die Tarifparteien in der aktuellen Tarifauseinandersetzung folgende Forderungen:
- Kein erneutes Bestreiken der Kindertagesstätten mit Rücksicht auf den langen Streik in 2009 mit insgesamt zwölf Streiktagen in den städtischen Kitas in Hannover.
- Sollte es dennoch zu weiteren Streiks in den Kitas kommen, dann sind vom ersten Tag an ausreichend Kita-Notdienstgruppen in möglichst allen Stadtteilen einzurichten. Wir sehen Stadt und Gewerkschaften in der Pflicht sich in dieser Frage umgehend zu einigen.
- Über konkrete Streikaktionen sind Eltern möglichst umfassend und rechtzeitig zu informieren. Von den streikenden Erzieherinnen und Erziehern erwarten wir, dass sie mit den Eltern das Gespräch suchen.
- Eltern, die bei der Stadt angestellt sind und die aufgrund von Kita-Streiktagen gezwungen sind, ihre Kinder zu hause zu betreuen, sind dafür bezahlte Freistellungen zu gewähren. Dies hat auch einen Vorbild-Charakter für alle anderen Betriebe in denen Eltern arbeiten, deren Kinder eine vom Streik betroffene Städtische Kita besuchen.
- Die Gewerkschaft fordern wir auf, deutlich zu machen, dass es ihnen nicht nur um eine bessere Bezahlung geht. Wir bitten die Gewerkschaft sich auch dafür stark zu machen, eine bessere Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher und deren Einsatz in den Kitas gesetzlich festzuschreiben. Die von vielen Erziehungswissenschaftlern geforderte Fachhochschulausbildung für Erzieherinnen und Erzieher verbessert nicht nur die Qualität der Kita-Arbeit sondern trägt auch langfristig dazu bei, ein höheres Gehalt zu rechtfertigen.
- Den Eltern wird von der Stadt für den Kita-Warnstreiktag und gegebenenfalls für weitere Streiktage eine unbürokratische Rückerstattung des Essengeldes und der Kita-Beiträge zugesichert.
Die Kommunen beklagen, Land und Bund verweigerten ihnen die finanziellen Mittel für den Ausbau der Kitas und eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher. Die Gewerkschaften kontern, das Geld ist vorhanden aber es müsse richtig verteilt werden. Diese Auseinandersetzung darf jedoch nicht einseitig zu Lasten der Kita-Eltern und der Kinder ausgetragen werden. Wenn die Stadt und die Gewerkschaften hier weiter kommen wollen, dann dürfen sie nicht länger die Stimmen der Eltern ignorieren, sondern müssen auf die Eltern zugehen.
Hannover, 08.02.2010
Janina Müller, Gesamtelternbeirat der Städtischen Kitas (Vorsitzende)
Georg Weil, Kita-Stadtelternrat (Sprecher)
Ich habe vollstes Verständnis für jene Eltern, die durch widrige Umstände (z.B. Alleinerziehende) gezwungen sind, ihre Kinder wegzugeben und die nun wirkliche Probleme hatten. Oder jene, bei denen die Arbeitgeber keinen Urlaub oder unbezahlte Freistellungen gegeben haben!
Aber aus diesem Brief trieft ein Anspruchsdenken, welches einfach unerträglich ist!
Da finanziert der Steuerzahler schon fast alles an der Fremdbetreuung und wenn sich alle Jubeljahre mal durch einen berechtigten Streik die Eltern mal einen Tag selbst um ihr eigenes Kind kümmern sollen, dann wird das als Unangenehmes empfunden.
Wenn unbedingt "beide Eltern gleichberechtigt am Erwerbsleben teilnehmen können" wollen, steht es ihnen doch frei, auch private Anbieter zu nehmen, wenn ihnen die staatlichen Anbieter zu unsicher sind. Natürlich muss man private Angebote voll bezahlen und bekommt nicht fast alles geschenkt - aber dafür ist es sicherer und wer Doppelverdiener sein will, kann ja auch mal selbst was für seinen eigenen Spaß bezahlen.
Ich drücke den Streikenden jedenfalls die Daumen! Dafür, dass sie sich ständig mit anmaßenden Handaufhaltern herumplagen müssen, hätten sie mindestens 100% mehr Lohn verdient.