Laufreise in den Fernen Osten mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland in die Mongolei – Teil 3
Teil 3 von 3
Mit dem Ort Naushki erreicht die Läuferschar aus dem fernen Westen die Grenzabfertigung von russischer Seite. Die ganze Prozedur für einen relativ kurzen Zug zieht sich über fünf (!) Stunden hin. Bei der Pass- und Zollkontrolle müssen die Reisenden auf ihrem Platz sitzen und alle Abteiltüren offen halten. Mehrfach werden die Fahrgäste in barschem Ton angewiesen „Stop Talking!“. Damit erschöpft sich schon der Wortschatz der Grenz- und Bahnbrigade. Aber alles geht gut und die E-Lok legt sich wieder voll in´s Zeug. Sieben Kilometer geht nun die Fahrt durch russisches Niemandsland bis zur Grenze, an die sich das mongolische Niemandsland mit 16 Bahnkilometern anschließt. Erst dann hält der Zug an der mongolischen Grenzkontrollstelle im Ort Suhe Bator wieder. Hier ist man den Besuchern aus Deutschland freundlicher gesonnen, verlangt keine Visagebühr und die umständliche Prozedur der Visabeantragung in der Heimat entfiel. Die Pass- und Zollkontrollen sind korrekt, nicht unfreundlich und gehen flott voran. Trotzdem erhält der Lokführer erst nach zweieinhalb Stunden das Signal zur Weiterfahrt.
Am Bahnhof in Ulan Bator wartet schon Reiseleiter Tulgar darauf, einer exotischen Laufgruppe aus Gyerman (das ist mongolisch) möglichst viel zu zeigen und zu erzählen. Absolute Priorität hat aber erst mal nach 38 Stunden im „Zug ohne Speisewagen“ ein Frühstück. In der Eisenbahn hatten die Reisenden nur von ihren Einkäufen in Russland und der Heißwassermaschine gelebt. Nach dieser Erfahrung war das Frühstück in einem Hotel mit ansprechendem Drumherum einfach hervorragend.
Gestärkt und voller Tatendrang machen wir uns auf den Weg zur Stadtbesichtigung und beginnen mit dem Süchbatar-Platz. Das Parlamentsgebäude dominiert den fast menschenleeren Platz im Zentrum der Stadt. An der Vorderfront befinden sich mächtige Skulpturen: In der Mitte, auf dem Thron sitzend, Dschingis Khan rechts und links sein Sohn Ögedei Khan und sein Enkel Kublai Khan. Die Menschen in der Mongolei verehren besonders Dschingis Khan und sind stolz auf ihre Geschichte.
„Alles fließt“ gilt für dieses Volk besonders. Der Vater eroberte ein riesiges Areal, das mit dem Enkel Kublai Khan und der Eroberung von China sein Maximum erreichte. Das Kaiserreich China existierte im 13. Jahrhundert - wenn auch nur für kurze Zeit - also nicht mehr. China expandierte wieder und im 17. Jahrhundert gab es nun keinen mongolischen Staat mehr. Als am Anfang des 20. Jahrhunderts der letzte chinesische Kaiser abdankte, sagten sich die Menschen der Äußeren Mongolei (nördliche Wüste Gobi) von China los und schlossen Verträge mit Russland. Die Innere Mongolei (südliche Wüste Gobi) blieb bei China. Der Äußeren Mongolei gelang es, gegenüber Russland seine Selbstständigkeit zu bewahren und existiert heute als Mongolei.
Mit diesem soliden Grundwissen besuchen wir das Gandan-Kloster. Es ist ein zentrales Heiligtum und das größte Kloster in der Mongolei. Viele Klöster haben die Zeit des Kommunismus nicht überstanden. Im Anschluss daran vermittelt uns das Dsanabadar-Museum noch einen guten Überblick über die Kunst der alten Mongolei.
Außerhalb des Dsanabadar-Museums ist an der Straße eine Station vom „1. Mongolia Beautiful Ulan Bator International Orienteering Marathon“ aufgebaut (13. August 2017). Die Veranstaltung ist eine Mischung aus Orientierungslauf und Aufgaben lösen.
Schon vor sieben Jahren fand der erste richtige Marathon in der Hauptstadt statt. Inzwischen ist der erste Sonnabend im Juni vom Stadtparlament zum „Tag des Marathons“ erklärt worden. Der „ 8. International Ulaanbaatar Marathon“ wurde am 20. Mai 2017 über Distanzen von 42 km, 21 km, 10 km und 5 km ausgetragen.
Angespornt durch so viel Laufenthusiasmus fahren die „Läufer auf Reisen“ in den Terelj Nationalpark und beziehen ihre Jurten für eine Nacht. Am nächsten Morgen geht’s in aller Frühe zum wenige Kilometer entfernten Start des „1. Transsib Mongolei Marathons“. Nils Krekenbaum von Laufreisen hat diese Veranstaltung über 42 km, 21 km und 10 km aus der Taufe gehoben. Ein „Y“, also quasi eine Pendelstrecke, wird dabei ein- oder mehrfach durchlaufen. Mit der vom Reiseleiter und Busfahrer gesungenen Nationalhymne werden die rund 40 Starter auf den Weg geschickt. Wie fast jeden Tag scheint die Sonne und die Luft ist in 1.600 Metern Höhe noch angenehm kühl. Eine außergewöhnliche Wendemarke auf diesem hügeligen Parcours befindet sich vor einem kleinen buddhistischen Kloster.
Zurück in Ulan Bator kommt langsam Abschiedsstimmung auf. Beim gemeinsamen Abendessen wird reichlich mit mongolischem Bier hydriert, während die Ergebnisse und das Erlebte ausgiebig besprochen werden. Am späteren Abend wartet noch eine große Überraschung, die nicht in der Ausschreibung steht: Ein Besuch in der Staatsoper am Süchbatar-Platz. Dargeboten wurden Gesang, Tanz und Instrumentalmusik der Mongolei. - Ein phantastischer und gelungener Abschluss einer nicht nur von den Kilometern her großen Reise.
Bürgerreporter:in:Rainer Lingemann aus Uetze |
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