Was macht für Sie den Reiz aus, Tierfilmer zu sein, Herr Erdmann?
Harald Erdmann, Naturfilmer aus Hänigsen, ist vor Kurzem mit einer Goldmedaille beim Bundesfilmfestival ausgezeichnet worden. Grund genug, einmal bei ihm nachzufragen, wie es eigentlich dazu kam, dass er Tierfilmer wurde. Doch Erdmann hat noch viel mehr zu erzählen ...
Herr Erdmann, Sie sind Natur- und Dokumentarfilmer und haben kürzlich die Goldmedaille beim Bundesfilmfestival gewonnen. Damit lassen Sie Hänigsen weit über dessen Grenzen hinaus bekannt werden. Wie haben Sie die Auszeichnung empfunden?
Ich mache schon viele Jahre Naturfilme, und alle Filme haben Medaillen bekommen (Bronze, Silber, Gold). Es ist also nicht allzu neu für mich. Bei der letzten Ehrung mit einer Goldmedaille (es war die Zweite) für den Film „Die Flusslandschaft“, war mit einem finanziellen Förderpreis der saarländischen Umweltministerin verbunden. Dieser Film lief auch bei der DAFF 2011 (Deutsche Filmfestspiele) in St. Wolfgang/OB. Bei den Wettbewerben sieht man seinen Film auf einer Fünf-Meter-Leinwand. Das ist schon toll und entschädigt für viele Mühen bei den Dreharbeiten.
Was macht für Sie den Reiz aus, Tierfilmer zu sein?
Das ist ganz schnell beantwortet. Es ist die Liebe zur Natur und ihren Abläufen. Der Mensch ist nicht alles. Manche Tiere gibt es schon 650 Millionen Jahre (z. B. Schnecken) auf unserer Erde. Ob es der Mensch so lange schafft, ist in meinen Augen fraglich. Wir Alle sind von der Natur abhängig. Ich habe in der Vergangenheit auch Dokumentationen und sogar kleine Spielfilme erstellt. Es hat mich aber nicht befriedigt. Abläufe in der Natur sind für mich interessanter.
Wie viel Zeit stecken Sie in einen Film?
Der Zeitaufwand ist schon enorm. Im Winter beginnen schon die Planungen. Ich stelle Recherchen an und überlege, ob sich das Projekt überhaupt realisieren lässt. Dann geht es an die Drehorte. Nicht immer gelingt alles auf Anhieb. Oft kommt man ohne brauchbare Ergebnisse nach Hause. Tiere sind eben keine Filmdarsteller.
Der eigentliche Film entsteht dann später beim Schnitt und der Vertonung. Häufig weicht er von dem was man sich ausgedacht hat ab. Originalton kommt bei meinen Filmen so gut wie gar nicht vor. Alles wird im Studio nachsynchronisiert. Ein umfangreiches Archiv mit Geräuschen und Atmosphären habe ich mir angelegt. Auch müssen die Szenen farblich aufeinander abgestimmt werden, da sie zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen worden sind, und später in einer anderen Reihenfolge im Film laufen. Aus circa 20 Stunden Rohmaterial entstehen dann 20 Minuten Wettbewerbsfilm. In einem frühen Stadium des Films liegt auch der Text vor. Ich benutze ihn zur Orientierung schon bei den Aufnahmen.
An welchen weiteren Orten entstehen Ihre Filme eigentlich? Legen Sie sich hierfür auch „auf die Pirsch“?
Immer in der Natur der Umgebung. Der aktuelle Film „Die Flusslandschaft“ entstand an Fuhse, Erse und Aue. Ergänzt durch Aufnahmen aus anderen Gebieten. Er zeigt ein äußerst sensibles Ökosystem mit Flora und Fauna, dass unbedingt schützenswert ist. Es geht um unser Trinkwasser.
Wie finden Sie Ihre Themen und haben Sie ein Thema, mit dem Sie sich besonders gern beschäftigen?
Themen liegen auf der Straße. Es gibt vieles, von dem man berichten kann. So habe ich Filme über Libellen, Zwergmäuse, Biotop Gartenteich, Leben im Totholz, Frösche und Schnecken erstellt.
Ein neues Projekt behandelt die Situation der Fischotter, die in vielen Teilen Europas nahezu ausgerottet sind, aber in Deutschland durch spezielle Maßnahmen ganz langsam wieder Fuß fassen.
Qualitativ gibt es seit ein paar Jahren viele Neuerungen. Wie war der Umstieg auf HD für Sie?
Das ist ein großes Problem. Wir stehen mal wieder vor einer Wende. War es bisher das digitale mini-DV-Format, geht es heute um das hochauflösende HDV. Vor zwei Jahren habe ich umgestellt. Es muss ja nicht nur die Kamera ersetzt werden, sondern auch das Zubehör. Plötzlich gehört auch der Computer zum „alten Eisen“. Auch die Schnittsoftware und weitere liebgewordene Zusatzprogramme sind davon betroffen. Bevor alles wieder so einwandfrei läuft wie vorher, kann man manchmal verzweifeln.
Ich will eigentlich Filme machen und mich nicht ständig mit den Problemen von Windows und anderer Software herumschlagen müssen. Es geht hier für einen Hobbyfilmer um erhebliche Investitionskosten. Wichtig ist auch, dass man zu älteren Systemen kompatibel bleibt. Häufig eine echte Herausforderung.
Wann und wo kann man Ihre Filme sehen?
Nach Fertigstellung der Filme laufen sie auf Landes- und Bundeswettbewerben. Ich bin Mitglied im Bund Deutscher Film Autoren (BDFA). Dort werden die Filme in einem Umlaufprogramm den Videoclubs in Deutschland zur Verfügung gestellt. Desweiteren halte ich Vorträge bei Vereinen oder interessierten Gruppen (wie z. B. beim Heimatverein Hänigsen). Dann läuft nicht nur der Film. Ich gebe Tipps und berichte von der Entstehung des Films. Eine Produktion lief sogar in Hamburg in einem Programmkino.
Sie sind Mitglied im Hänigser Filmclub. Wie kam es dazu und was zeichnet den Filmclub aus?
1972 war ich mit anderen Hänigsern Gründungsmitglied des Foto und Filmclub Hänigsen. Zeitweilig hatten wir fast 40 Mitglieder. Heute ist ein kleiner harter Kern von Gleichgesinnten übrig geblieben, von denen zwei Mitglieder Filme produzieren, die auf Wettbewerben laufen. Hier findet Austausch und Geselligkeit statt.
Mal abgesehen vom Filmen: Was macht Hänigsen lebenswert? Und was könnte besser werden?
Ich bin vor fünf Jahren nach Hänigsen gezogen und schätze die gute Infrastruktur mit einer für Naturfilmer herrlichen Landschaft. Schilfbruch mit Roterlenbestand, die Herrschaft mit naturbelassener Fuhse und Erse und die Langhorst sind ein wahres Eldorado. Es gibt ein großes Engagement der Bürger für ihren Ort.
myheimat-Team:Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister |
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