Wo sehen Sie den Liederkranz Concordia Uetze in zehn Jahren, Herr Werner?
Kurt Werner ist der Vorsitzende des Gesangvereins Liederkranz Concordia Uetze, der in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen feiert. Im E-Mail-Interview verrät er, wie der Gesangverein seine lange Tradition fortleben lässt und auf welche Höhepunkte sich die Uetzer in diesem Jahr noch freuen dürfen.
Sie sind der Vorsitzende des Gesangvereins Liederkranz Concordia Uetze. Was zeichnet Ihren Verein aus?
Die Historie zeigt, dass unsere Vorgänger immer weitblickend genug waren, um die Zeichen der Zeit zu erkennen. Es wurde nicht eigenbrötlerisch bis zum Ende weiter gewirtschaftet, sondern man schloss sich rechtzeitig mit einem anderen örtlichen Gesangverein zusammen nach dem Motto: „Gemeinsam sind wir stark!“ Auch wir haben die Zeichen der Zeit erkannt. Zwar gibt es in Uetze keinen Chor gleicher Art, mit dem sich unser Stammchor zusammenschließen könnte. Aber wir sind den Weg der Neugründung separater, aber unter unserem Vereinsdach agierender, moderner Chöre gegangen.
Und wo zwickt es?
Es zwickt wie bei fast allen Gesangvereinen am Nachwuchs für den Stammchor, der hauptsächlich das deutsche Liedgut pflegt. Das heißt nicht, dass nur Lieder deutscher Abstammung gesungen werden, aber bei Liedern ausländischer Herkunft wird doch ein deutscher Text bevorzugt, der aber nicht unbedingt den Ursprungssinn wiedergibt. Jüngere Leute sind da flexibler und singen in allen möglichen Sprachen, das ist bei unserem Jungen Chor und auch bei unserem Kinder- und Jugendchor festzustellen.
Der Liederkranz wurde vor 150 Jahren gegründet. Gibt es Werte oder Traditionen, die Sie heute noch fortleben lassen?
Die Tradition der Gesangvereine, Lieder einzuüben, um sie regelmäßig in Konzerten und anderen öffentlichen Auftritten dem Publikum darzubieten, hat sich in den 150 Jahren unseres Bestehens nicht verändert. Verändert haben sich zwar sehr drastisch die Kosten für Instrumentalmusik, sei es für ein Begleitorchester oder für die Tanzmusik nach einem Konzert. In alten noch vorhandenen Programmen aus den Jahren 1920 bis 1930 sind neben den Gesangsstücken des Chors sehr große Orchesterdarbietungen als einzelne Programmpunkte enthalten. Damals geschah die Mitwirkung der Instrumentalisten sicherlich ehrenamtlich. Es gibt heute kaum Instrumentalgruppen, die bereit sind, ehrenamtlich mitzuwirken. Die sehr hohen Honorarforderungen könnten wir uns heute nicht mehr leisten. In der Regel verlangt man aber von Chören wie den unseren, daß sie ohne Bezahlung auftreten.
Fallen Ihnen noch mehr Traditionen ein?
In früheren Zeiten fuhr unser Chor oft zu Wertungssingen in ganz Deutschland und hat auch Preise gewonnen. Heute werden gelegentlich solche Chorwettbewerbe angeboten, es ist aber unmöglich, unseren Chor zu motivieren, in singfähiger Anzahl dorthin zu fahren. Da sind einmal die hohen Kosten, die auf jedes Chormitglied zukämen und die erforderliche Zeit. Die Maßstäbe haben sich etwas verschoben. Es bleibt aber trotzdem der musikalische Anspruch, Chormusik in möglichst guter Qualität einem interessierten Publikum anzubieten. Daran arbeiten wir nach wie vor in allen unseren Chören.
In der Anfangszeit sangen nur Männer im Liederkranz. Warum waren Frauen in der Gründungszeit verboten?
Frauen war es in der Gründerzeit nicht verboten zu singen. Aber es schickte sich damals nicht, als Frau allein abends in eine Gastwirtschaft zu gehen, um zu singen. Man muss auch bedenken, welchen Stellenwert das Singen im Verein in einer Zeit ohne Radio, Fernsehen und digitale Tonträger hatte. Damals bedeutete die Mitgliedschaft in einem Gesangverein für viele den Einstieg in die bessere Gesellschaft des Dorfes. Man musste schon Fürsprecher haben, um überhaupt aufgenommen zu werden. Von einem derartigen Andrang träumen heutzutage wohl alle Laienchöre. Die Zeiten haben sich gründlich geändert. Es gibt so viele Freizeitbetätigungsmöglichkeiten, dass das Singen mehr und mehr an den Rand gedrängt worden ist. Es erfordert ja auch viel mehr Leistung und Übung, selbst zu musizieren, als eine CD abzuspielen oder den MP3-Player zu bedienen. Als auch die Frauen sich - wie in unserem Fall im Jahre 1938 - zu einem Chor formierten, waren die singenden Männer weit in der Überzahl. Heute ist es umgekehrt. Allgemein suchen die Chöre händeringend nach singwilligen Männern.
Auf welche Errungenschaften sind Sie besonders stolz?
Ich kann für die letzten 30 Jahre sprechen, die ich maßgeblich mitgestaltet habe. Ich bin stolz darauf, meinen Verein, den ich vor 23 Jahren als Vorsitzender übernommen habe, in moderner Form zu führen, alle technischen Möglichkeiten unserer Zeit zu nutzen und unsere technische Ausstattung zur Unterstützung von Gesangsauftritten auf dem neuesten Stand zu halten. Das ist für Gesangvereine nicht selbstverständlich. Und ich bin stolz darauf, zwei gut funktionierende Nachfolgechöre geschaffen zu haben, und damit die Fortsetzung unserer 150-jährigen Vereinstradition zu sichern.
Was hätte dem Gesangverein erspart bleiben können?
Der altersbedingte Mitgliederschwund im aktiven Chorgeschehen unseres Stammchors ohne Ausgleich durch Neuzugänge hätte uns erspart bleiben können. Trotzdem sehe ich die Bilanz unseres Vereinslebens absolut positiv. Vergessen wir nicht die vielen fördernden Mitglieder, die treu zu ihrem Verein halten und durch ihre Treue erst die Maßnahmen möglich gemacht haben, die unseren Verein auch für zukünftige Generationen interessant werden lassen.
Dieses Jahr steht ganz im Zeichen der Feiern zum 150. Geburtstag. Auf welche Höhepunkte dürfen sich die Uetzer noch freuen?
Unser Junger Chor wird am 26. und 27. September zwei Konzerte unter dem Motto „Summer Night Music“ in der Agora des Schulzentrums geben. Unsere eigentliche Jubiläumsfeier wird im kleineren Rahmen am 20. Juni mit einem Kommers, einem Festessen und einem Ball begangen. Die großen Sängerfeste früherer Zeiten, wie zum Beispiel bei unserem 125-jährigen Bestehen mit 1200 Gästen sind aus verschiedenen Gründen heute nicht mehr üblich.
Wo sehen Sie den Liederkranz in zehn Jahren?
Ich sehe unseren Verein gut aufgestellt, von jüngeren Leuten geführt, die nächsten Jahrzehnte seinen Platz in der Uetzer Gesellschaft zu behaupten. Wir Alten werden, wenn auch nicht mehr in der Vorstandschaft tätig, die junge Vorstandschaft und damit unseren Verein so lang wie möglich und gewünscht, nach Kräften mit Rat und Tat unterstützen.
myheimat-Team:Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister |
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