Krieg der Ideale

Leserbrief zu

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Pünktlich zum Auftakt des Weihnachtsgeschäfts und zeitgleich zum Ende der „Erntezeit“ auf den Pelzfarmen, in der weltweit über 80 Millionen Tiere ihr einzigartiges Leben für den Luxus lassen, reden die Pelzlobbyisten den Konsumenten das Gewissen rein. Angesichts dessen ist die Bezeichnung „ratlos“ für das Gefühl, das den Tierrechtler erfasst, ein hohnlachender Euphemismus.

Ja, die Pelzlobby hat gut triumphieren, gedeiht sie doch in dem Klima ethischen Gleichmuts, dem Nährmedium des modernen „Shopping“-Wahns, hervorragend. Lieblich spielt sie auf der Klaviatur der Konsumentenseele und weiß dabei die moralische Konsistenz auf ihrer Seite: Ist der Sündenfall des Fleischkonsums erfolgt, ist es moralisch nur folgerichtig, der Verlockung der Pelzmo(r)de nachzugeben.
Ironischerweise zwingt sie auf diese Weise den Tierschützer in ein elementares Dilemma: Unterscheidet er Pelzmo(r)de von Fleischkonsum und verurteilt erstere, während er letzteren zähneknirschend billigt, wankt sein argumentatives Gebäude in Gänze. Nimmt er den Fehdehandschuh auf und betrachtet folgerichtig Pelz und Fleisch als moralisch gleichermaßen verwerflich, sind doch beide heutzutage völlig unnötige Luxusgüter, entlarvt er sich als so träumerisch und weltfremd (Will er denn etwa den Leuten ihr wohlverdientes Schnitzel verbieten!?), dass ihn kein Otto Normalkonsument mehr ernstnehmen will.

Die Logik ist erbarmungslos: Kritik an Pelzmode ist ohne eine Grundsatzkritik am Umgang unserer Gesellschaft mit unseren Mitlebewesen im Allgemeinen nicht denkbar. Ja, treibt man die sittliche Konsequenz auf die Spitze, werden Menschen-, Tier- und Umwelt zur moralisch unteilbaren Mitwelt und der Kampf gegen die Ausbeutung dieser wie derer oder jener gerät zur Lebensaufgabe eines jeden wahrhaft „Radikalen“, der gemäß des lateinischen Wortursprungs dem Übel an die „Wurzel“ will.
Der Streit um die (Un-)Tragbarkeit von Pelzmode ist somit eine Schlacht in einem Krieg der Ideale. Um diesen zu entscheiden, müssen mitnichten neue Informationsgeschütze aufgefahren werden. Dass die Produktion von Fellen nur unter himmelschreiender Vergewaltigung tierlicher Bedürfnisse möglich ist, ist ebenso hinlänglich bekannt wie die ungerührte Haltung der Pelzindustrie zu diesem Umstand.
Um Tierschutz und Pelzlobby aus dem argumentativen Patt zu maneuvrieren, das Frau Kolb-Wachtel richtig diagnostiziert, müssen beide Parteien stattdessen ihre jeweiligen Weltentwürfe offenbaren. Denn die Frage nach Moral, nach Werten, ist doch letztendlich die Frage danach, um welche Achse sich eine ideale Welt drehen soll.
Glücklicherweise werden die impliziten Wertsetzungen beider Seiten in dem referenzierten Artikel hinreichend offenbar, um eine Skizze anzufertigen:
Geht es auf Seiten der Pelzlobbyisten um „florierende Geschäfte“, um Milliardenumsätze, um Marktanteile und „Expansion“, um „Hunger nach Statussymbolen“, streitet der Tierschutz für „Problembewusstsein“, die Verhinderung „erbärmlicher Lebensbedingungen“ und unnötigen Sterbens und, ja, auch für „Emotionen“, genauer, für Mitgefühl mit den Individuen, deren Wohl und Wehe von unseren Entscheidungen abhängen – kurz, für eine quasi-paradiesische Utopie.
Mag denn nun jeder selbst wählen, welcher Idealentwurf der Welt erstrebenswerter ist.

Uta Maria Jürgens
www.Pelz-war-Leben.info

Bürgerreporter:in:

Michael Falke aus Uelzen

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