Chlorhühnchen und Genmais statt Wirtschaftswachstum
Uns geht es gut:
Wir haben Satire-Sendungen, in denen zu Wort kommt, was die Bürger nicht wissen sollen. In einem internen Schreiben hat nämlich die EU-Kommission ihre Mitgliedsstaaten aufgefordert, führenden Medien "nur die positiven Seiten des Freihandelsabkommens zu vermitteln".
Gemeint ist das von CDU/CSU und SPD geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA, genannt "TTIP".
Hormonschweine
So erfahren es die Bürger aus Sendungen wie "Pelzig hält sich" und "heute show": dass TTIP kein Wirtschaftswachstum mit sich bringt, dafür Chlorhähnchen, Hormonschweine und Genmais auf den Teller (Hähnchen, die wegen der fehlenden Hygiene in amerikanischen Schlachtbetrieben einem Chlorbad unterzogen, und Schweine, die mit dem hier verbotenen Ractopamin gefüttert wurden).
Dass Konzerne Regierungen verklagen dürfen, die für die Einhaltung von Standards sorgen. Anklagepunkt: entgangener Profit.
Dass die juristische Entscheidung dann von einem dreiköpfigen Schiedsgericht hinter verschlossenen Türen gefällt wird.
Dass dessen "Richter" private Anwälte sind.
Dass die Regierungen meistens verlieren ... Man ahnt: TTIP ist eine Bedrohung in völlig neuen Dimensionen.
Doch in der "heute show" verpufft das kritische Potenzial in der Karnevalsparodie "Mais bleibt Mais" und in "Pelzig hält sich" belehrt uns ein Wirtschaftsberater der Regierung, dass TTIP uns eine größere Auswahl an Waren beschere: Die genannten Fakten nur satirische Übertreibung?
Satiresendungen untertreiben
Bei der Recherche zeigt sich: Die Sendungen untertreiben sogar. Das zeigt sich im Blick auf den so genannten "Investorenschutz": Konzerne bekommen ein Recht auf Gewinn.
Konkret: Die unterzeichnende Regierung kann für alles, was die "erwarteten künftigen Profite" stört, haftbar gemacht werden. Den Konzernen zu sichere Datenschutzregeln, zu hohe Lebensmittel-, Umwelt- und Sozialstandards usw. sind dann eben "nicht handelsbezogen". Die demokratische Kontrolle ist ausgehebelt: Einmal unterzeichnet, sind diese Investorenrechte nicht mehr zu ändern. Das ist schon Realität: Kanada (Freihandelsabkommen mit den USA) schränkte das Fracking ein, das die Bürger ablehnten, und wurde prompt von einer amerikanischen Fracking-Firma auf 250 Millionen Dollar verklagt: vor einem Schiedsgericht. Wegen entgangener Profite. Und weil die EU Wachstumshormone für Schlachttiere verbietet, muss sie auf Beschluss der Welthandelsorganisation (WTO) zig Millionen Euro Strafe zahlen.
Außergerichtliche Tribunale
Berufungsinstanz? Gibt es nicht. Diese außergerichtlichen Tribunale ordnen über die Souveränität von Staaten hinweg die "Entschädigungszahlungen" einfach an.
Was bedeutet uns mehr Auswahl, wenn wir dafür alles Mögliche importieren und US-Konzerne mit Milliarden Steuergeldern "entschädigen" müssen? "Ihr habt viel zu verlieren", warnt uns die amerikanische Verbraucherschützerin Lori Wallach, "eure Standards sind besser, euer Tierschutz stärker, ebenso euer Klimaschutz, euer Datenschutz im Internet ..."
Christine Stankus, Gymnasiallehrerin aus Tauberbischofsheim
Bürgerreporter:in:Michael Falke aus Uelzen |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.