Gedenksteine bedeuten langfriste Erinnerung an unsere Verstorbenen
Thierhaupten. Wenn am kommenden Donnerstag der Monat November beginnt, dann verbinden viele Menschen dies mit einem gewissen Schaudern. Allerheiligen mit dem traditionellen Grabbesuch auf den Friedhöfen, Allerseelen und der Volkstrauertag verbunden mit kürzeren Tagen, häufig in kaltem Nebel und ohne Sonne – kein Wunder, dass der Monat November oft als „Totenmonat“ bezeichnet wird.
Kein Problem mit dem Totenkult oder einem Friedhofsbesuch hat der 80-jährige gebürtige Thierhaupter Andreas Guggenberger. Vielmehr sieht er einen Friedhof als Ort, der viel zu erzählen hat: über Familien und deren Schicksale, über heimatgeschichtlich bedeutsame Ereignisse oder unterschiedliche Formen der Grabmale in der jeweiligen Zeit.
Und so verwundert es auch nicht, dass Andreas Guggenberger vor über 15 Jahren damit begann, auf dem St. Georgs-Friedhof und somit alten Friedhof in Thierhaupten, eine Fläche zu belegen, wo nach und nach in den Jahren ein „historischer Teil“ entstanden ist. Nach Absprache mit dem damaligen Bürgermeister Fritz Hölzl sammelte Guggenberger alte Grabsteine, die von aufgelösten Gräbern stammten und platzierte diese im westlichen Teil des Friedhofs, die aufgrund des neuen Klosterfriedhofs freigeblieben ist.
Für Andreas Guggenberger, der seit 1973 bis heute das Heimat- und Trachtenmuseum im Ort betreut, sind Grabsteine - richtigerweise Gedenksteine! „Diese sollen uns langfristig an die Menschen erinnern, mit denen wir häufig in Kontakt gestanden sind und eine Zeitlang im Leben begleitet haben“, so der gelernte Frisör. Für besonders verdienstvolle Personen gibt es das Grabmal. „Der Gedenkstein ist das Denkmal für „die einfachen Leut“, regt Guggenberger zum Nachdenken an.
Fasziniert führt Guggenberger durch die Ansammlung der alten Gedenksteine, wobei der älteste in Thierhaupten aus dem Jahre 1873 ist und der „ehrengeachteten“ Frau Johanna Egelhofer gewidmet ist.
Man sieht, dass die Gedenksteine früher persönlicher gehalten wurden als heute. Selten fehlte die Berufsbezeichnung, bei Frauen wurde der Geburtsname mit eingraviert, bei gefallenen Soldaten der Sterbeort – häufig in Russland – mit aufgeführt oder ein frommer Spruch ziert den Stein.
Nachdenklich wird die Stimmung, wenn Guggenberger die Namen studiert und somit Familienschicksale erzählt werden. So hat die Familie Bernhart im zweiten Weltkrieg gleich fünf Söhne verloren, die Familien Wimplinger und Keller deren drei.
Heimatgeschichtliches geht aus dem Schicksal der Familie Quirin Hölzl hervor. Aufgrund einer schweren Darmkrippen-Epidemie verstarben das Familienoberhaupt und vier Kinder. Insgesamt starben laut Guggenberger damals 20 Menschen in Thierhaupten binnen acht Wochen.
Zusätzlich zu Familien- und Heimatgeschichte zeigen die gesammelten Gedenksteine auch die verschiedenen Gestaltungsformen der jeweiligen Zeit. Schlichte Steine, dreiteilige Gedenksteine, Säulen und Kreuze in verschiedenen Aus-formungen deuten zwar keine „Modetendenzen“ an, sorgen jedoch für viel Abwechslung, sodass man dem „Totenmonat“ November zumindest im „historischen Teil“ des alten Thierhauptener Friedhofs sogar Interessantes abgewinnen kann.
Info:
Der St.-Georgs-Friedhof ist direkt in der Ortsmitte von Thierhaupten zu finden und ist seitlich der Bushalte-stelle am Marktplatz zugänglich. Geöffnet ist der Friedhof ganztätig.
Bürgerreporter:in:Claus Braun aus Thierhaupten |
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