Längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt eröffnet - Der Harz ist um eine Attraktion reicher

Eine neue Touristen-Attraktion im Harz. In schwindelnder Höhe geht´s über den Abgrund.
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  • Eine neue Touristen-Attraktion im Harz. In schwindelnder Höhe geht´s über den Abgrund.
  • hochgeladen von Kurt Wolter

Der Harz hat in den letzten Jahren ordentlich aufgerüstet. Tagesausflügler und Urlauber wollen und sollen etwas geboten bekommen. Historische Fachwerkstädte, Burgruinen, Tropfsteinhöhlen, Bergbaugeschichte, der Nationalpark am Brocken und natürlich Wandern und Skilaufen in schönster Natur war man gewohnt. Doch das allein, so interessant und schön es auch ist, reicht so manchem Harzurlauber heutzutage nicht mehr aus. Die Konkurrenz der Urlaubsregionen ist groß, und so wurden wie überall auch hier verschiedenste Attraktionen geschaffen.
Ob Sommerrodelbahnen, Mountainbike-Strecken, Baumwipfelpfad oder das rasende Gleiten an dünnen Drahtseilen aus schwindelnder Höhe über die Wendefurther Talsperre. Für Abenteuerlustige wird einiges geboten.

Doch nun ist eine neue Attraktion dazu gekommen. Am 7. Mai wurde an der Rappbodetalsperre die längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt eröffnet. Sie schwingt sich über das weite Tal unterhalb der Sperrmauer und verläuft, nur ein Stück entfernt davon, parallel zur Mauerkrone. TitanRT, so der Name, ist eine Hightech-Stahlkonstruktion. Sie hat also wenig zu tun mit den Hängebrücken, die man aus Indiana Jones Filmen kennt oder denen, die die tiefen Schluchten des Himalaya überspannen. Keine geflochtenen Hanfseile, keine maroden Holzsprossen durch die man einbricht und auch keine in der Tiefe lauernden Krokodile. So abenteuerlich sollte es dann doch nicht sein. Doch das technische Prinzip ist nicht anders.
Auf einer Breite von 458 Metern überspannt die 483 Meter lange, filigrane Stahlkonstruktion das Tal. 118 Tonnen ist sie schwer, und natürlich kann sie noch jede Menge Gewicht zusätzlich tragen. Über 200 Personen können die Brücke gleichzeitig betreten. Das alles klingt ziemlich spannend, und so haben wir für diesen Tag bei prächtigem Wetter das passende Ausflugsziel gefunden.

Zunächst fahren wir, von Hannover her kommend, dieses Mal an Wernigerode vorbei und bummeln durch Blankenburg, das ebenfalls einen schönen Stadtkern zu bieten hat. Auch wenn im Krieg viel zerstört wurde, so sind doch viele Fachwerkhäuser, das romantische Rathaus und auch schöne alte Villen erhalten geblieben, die die frühere Pracht des einstigen Kurortes erahnen lassen. Gerade zur Kaiserzeit war Blankenburg als damaliger Badeort für die feine Gesellschaft ein begehrtes Reisziel.

Vorbei am Kleinen Schloss spaziert man durch dessen schönen Barockgarten zum Großen Schloss, einem einstigen Sitz der Welfen, auf der Höhe hinauf. Von dort hat man einen schönen Blick über die Stadt, deren Umgebung auch Attraktives zu bieten hat. Das nahe Kloster Michaelstein. Die Burgruine Regenstein mit der Mühle und den weißen Sandsteinhöhlen. Die eindrucksvolle Teufelsmauer mit den Aussichtspunkten von Großvater- und Ludwigsfelsen. Und nicht weit entfernt die Höhlenwohnungen von Langenstein mit den Resten der Altenburg. Doch alles das schafft man an einem Tag nicht, ist doch jedes dieser Ziele mit seiner Umgebung einen eigenen Ausflug wert.
Um von Blankenburg zur Rappbodetalsperre hinaufzugelangen, gibt es zwei Möglichkeiten. Einen direkten Weg und den Umweg über Wienrode. Wir entscheiden uns für den zweiten, führt er doch zunächst ins malerisch gelegene Treseburg hinauf, wo wir noch eine Pause einlegen. Von dort folgen wir den Windungen der Bode bis Altenbrak, weiter nach Wendefurth und erreichen schließlich die Bodetalsperre.
Nur 10 Tage nach der Eröffnung der Hängebrücke herrscht dort ein ziemlicher Trubel. Viele Neugierige werden angelockt, und so ist es gar nicht so leicht einen Parkplatz in der Nähe der Sperrmauer zu ergattern. Doch das wird sich in der nächsten Zeit ändern.
Kurz vor der Sperrmauer wird der Blick auf die Hängebrücke frei. Doch von hier kann sie nicht so ohne Weiteres betreten werden, brauchen wir doch zunächst ein Ticket, und das können wir nur auf der anderen Seite lösen. Wir aber gehen nun zu Fuß über die Mauerkrone der mit 106 Metern höchsten Talsperre Deutschlands. In den Fünfzigerjahren ist der gewaltige Bau zu DDR-Zeiten entstanden. Über 400 Meter ist er lang, bevor die Straße an seinem anderen Ende in einem Tunnel verschwindet. Welch gigantische Mengen an Beton sind darin verbaut worden. Immerhin 840.000 Kubikmeter misst das Volumen. Fast 80 Meter misst die Basisbreite.
Schaudernd blickt man von der Mitte der Sperrmauer in die Tiefe und natürlich auf die Hängebrücke, die Luftlinie vielleicht 200 Meter entfernt ist. Beide Bauwerke beeindrucken auf ihre Art. Das eine wuchtig und massiv, das andere filigran. Zur anderen Seite der Mauer geht der Blick auf die weite Fläche der Rappbodetalsperre, deren Arme sich bis Hasselfelde und Trautenstein hinziehen.
An einem großen vollbesetzten Parkplatz vorbei und nach Lösen der Sechs-Euro-Tickets geht´s noch einen kurzen Waldweg entlang, dann wird der Blick auch von dieser Talseite auf die Hängebrücke frei. Natürlich das obligatorische Foto, dann durch das Drehkreuz. Man geht auf einem 1,20 Meter breiten Gitterrost, hat also einen freien Blick nach unten. Die seitliche Begrenzung ist netzartig und 1,30 Meter hoch. Also alles gut abgesichert. Niemand braucht Angst zu haben. Trotzdem kommt bei vielen Besuchern ein ungutes Gefühl auf, da der Talboden doch immer tiefer wird und der Weg, trotz Gitterrost unter den Füßen, luftig ist. Doch gerade das hat seinen Reiz und sorgt bei manchen für Adrenalinschübe. Besonders auch deswegen, weil die Brücke leicht schwankt, ähnlich  dem Deck eines Schiffes, was über die Wellen dümpelt. Die meisten Besucher halten sich mit einer Hand am Geländer fest. Der eine oder andere auch krampfhaft mit beiden Händen. Doch ein großer Teil geht ohne ein mulmiges Gefühl.
Es geht bergab, hängt die Brücke doch leicht nach unten durch, etwa 25 Meter. Immer wieder bleibt man stehen, blickt in die Tiefe und in die Weite. Zur einen Seite auf die gigantische Wandfläche der Sperrmauer, auf deren Krone die Menschen, die herüberblicken, winzig klein wirken. Zur anderen auf den See der Wendefurther Talsperre, die unter einem beginnt und sich in zwei Armen in die Berglandschaft hinein zieht. Eindrucksvolle Ausblicke sind das schon, und natürlich auch der beim Gehen auf die eigenen Füße durch den Gitterrost in die Tiefe.
In der Mitte der Brücke und an deren tiefsten Punkt befindet sich eine Kanzel, die wie eine Gondel unter der Brücke hängt. Von dort können sich Wagemutige an dünnem Seil in einem Pendelsprung in die Tiefe stürzen. Das hat sicherlich seinen Reiz und sorgt für Nervenkitzel. 79 Euro kostet der Kick.
Ein anderes Vergnügen kann man ebenfalls beobachten. Von oberhalb des Eingangsbereiches der Brücke verlaufen zwei dünne Drahtseile quer über den Wendefurther Stausee hinüber zu dessen gegenüberliegendem Ufer hinunter. Die lange Strecke kann man daran, liegend in einen Gurt eingebunden, in sausender Talfahrt zurücklegen. 39 Euro kostet der Flug an der „Megazipline“.
Doch für uns reicht an diesem Tag erstmal der Spaß auf der leicht schwankenden Hängebrücke. Den Nervenkitzel werden wir uns ein anderes Mal gönnen.

Wer möchte, kann die Brücke am anderen Ende verlassen. Wir nutzen das zu einem Abstieg zum Stausee hinunter, um uns die filigrane Stahlkonstruktion auch von unten aus anderer Perspektive anzuschauen. Und von dort beeindruckt sie eigentlich noch mehr, wirkt sie doch sehr luftig. Mit dem Ticket kann man die Brücke anschließend wieder betreten.
Die Hängebrücke ist ein gelungenes Bauwerk. Es macht schon Spaß, von dort oben in die Tiefe zu gucken. Der Harz hat damit ein Highlight mehr zu bieten. Es ist eben die Mischung aus viel Historischem, schönster Natur und modernen Aktionsmöglichkeiten, die ihn so attraktiv machen.

Wer mehr über den Harz erfahren möchte:

Der Harz - Das nördlichste Mittelgebirge Deutschlands von seiner schönsten Seite

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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