NACH „VONSEN“ - Wir haben es geschafft!
NACH „VONSEN“ - es ist geschafft!
Lebensplanungen plus Deutsche Zeit-Geschichte ergaben bei uns als Ergebnis einen großzügigen Wohnortwechsel. Kurz gesagt: Umzug.
Unser Ziel stand schon 1990 fest, als bekannt wurde, dass enteignetes Eigentum in der „DDR“ auch seitens der Erben zurückgefordert werden könne - Restitution. Das war ein mühevoller Weg und hier eine ganz andere Geschichte.
Irgendwann sollte es für uns der Wohnort sein – irgendwann mit dem Beginn der Rentnerzeit.
Und diese kam aufgrund von gesundheitlichen Gemeinheiten schneller als geplant – jetzt! Und so mussten wir unseren altes Vorhaben aus der Tasche ziehen und auf die Schnelle Vorbereitungen treffen, die den Umzug möglich machen könnten.
Handwerker organisieren und einweisen – eine Überraschung der Europäischen Union finanziell verkraften, und als Krönung des Meisterstücks den Umzug planen und in die Wege leiten. Und das alles mit stark eingeschränktem Kräftepaket.
Hilfreich war die fachgerechte und kundenorientierte Beratung eines Speditionsmitarbeiters. Schließlich kamen kurz vor Pfingsten 180 Umzugkartons; von denen 60% allein für die in unseren Regalen angesammelten Bücher vorgesehen waren – geschätzt so um 4.500 Bände. - viel zu viele!
Ein gewaltiger Berg von Wellpappe zeigte sich auf einmal in unserer Wohnung in Hannover.
Das Verpacken der Bücher war begleitet von erstaunten Ausrufen der „ach, das haben wir doch?“ oder „Wie lange habe ich schon danach gesucht!“ und so manches Buch wanderte auf den Stapel Altpapier, weil der Wert schon unter „unbrauchbar“ gesunken war.
Die Stapel an der Wand wuchsen und ich bedauerte schon die Möbelpacker, die all diese Bücherkartons zum LKW würden wuchten müssen. - Die Demontage der Regale ließ die Räume immer größer werden, der Nachhall beim Sprechen wirkt ungewohnt. Nach und nach werden Geschirr und Wandschmuck verpackt. Und dann eine Woche nach Pfingsten, Montagmorgen, es klingelt an der Haustür, wir erwarten eigentlich nur zwei Leute, die handwerklich fachgerecht wichtige Teile aus- und abbauen würden, die Einbauküche für den Abtransport vorbereiten und das alles aus Glas verpacken sollten. - so war unsere Planung! Es kamen aber sechs starke Männer, und sie wollten gleich alles einladen. „Wir wollen heute zu Feierabend alles auf dem Zug haben und morgen geht es zum Ziel!“ neee – näch!!? - wir waren doch noch gar nicht so weit, diesen Tag brauchten wir noch... und so schnell konnten wir dann gar nicht schauen, wie die Sachen nach und nach das Haus verließen. Wusel pur. Dieser und jener wollte nur „kurz mal was wissen, wie und wohin“ und schon war der schöne Plan verschwunden. Aus dem Schlafzimmer war selbst das Bett weg, nur noch Gefrierschrank und Kühlschrank sollten am nächsten Morgen geholt werden.
Da heißt es umdisponieren – Anruf in der neuen Heimat, in einem Nachbardorf beim gut bekannten Gasthof „Habt Ihr heute ein Zimmer für uns frei? Uns haben sie das Schlafzimmer weggenommen!“ Wir gaben den Hausschlüssel dem Teamleiter und machten uns aus dem Staub. - Und das war ein so gute Entscheidung. Ein wohltuende Ruhe in einem freundlichen Haus in Tessin, ein entspannter Schlaf. Und dann am nächsten Tag den Lastzug am Zielort erwarten, ausgeschlafen, mit einem guten Verwöhn-Frühstück im Bauch.
Der letzte unserer Handwerker hätte fast den Einzugstermin um eine Woche vertauscht und es hätte keinen Strom für die Kühleinheiten gegeben. Aber flexibel, wie mitfühlende Menschen sein können, machte er das scheinbar Unmögliche doch noch möglich.
Sie kamen pünktlich und waren genauso gut aufgelegt, wie am Vortag beim Einpacken. - es sollte ein sehr langer Tag mit Fortsetzung am Mittwochvormittag werden. Sie waren schnell, schneller als geplant. Statt am Donnerstagmittag konnten sie schon am Mittwochmittag nach Hannover zur Firma fahren. Wir erlebten eine starke Truppe, keine Hektiker, trotz des Tempo und gut aufgelegt. Bei „unserem“ Gasthof hatten wir für uns alle kurzentschlossen eine kalte Platte und heißen Kaffee geordert. - Als Rache erfuhren wir dann zum Abend die Einladung zum Grillen auf der Hebebühne bei schönstem Willkommen-Sonnenschein.
Nach einer Woche haben wir nun den ersten Durchblick gewonnen. Nun beginnen die ganz neuen Entdeckungen, „wo war doch gleich...?“ - „Hast Du schon die Xy gesehen?“ - Wir öffneten Kartons, die uns pures Lachen entlocken. Da finden wir gestern in einem nicht beschrifteten Karton tatsächlich noch die Teetassen vom Frühstücktisch, Löffel drin, Honig auf dem Grund, es sollte grad der Tee zugegossen werden... - aus einem anderen Karton grinst mich der Papierkorb vom Esszimmer an, nicht geleert, somit haben wir auch den Alltagsmüll von Hannover noch mitgenommen... Kaputtgegangen scheint nichts zu sein, wirklich vermissen tun wir immer noch nichts – schade eigentlich, wir hätten so gerne Entscheidungshilfe gehabt, uns von diesem und jenem Geschirr doch endlich mal trennen zu können.
Und das Ziel ist so herrlich. - Wie hatte es Fips Asmussen einmal so schön auf den Punkt gebracht „halb so groß wie die Olsdorfer Friedhof aber doppelt so tot“ und das zwischen zwei stark befahrenen Fernverkehrswegen. Der Grundton „G“ (Großstadt) fehlt, die Hektik der rennenden Menschen fehlt. Hier walken keine Gruppen durchs Viertel oder rennen die Menschen zur Haltestelle, hier geht es gesünder ab. - Es sieht schon jetzt so aus, als hätten wir die genau richtige Entscheidung getroffen, vor 22 Jahren.
(Juni 2012)
Bürgerreporter:in:Christel Pruessner aus Dersenow |
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