Wann ist man Freund, wann Feind, wann Überläufer?

... natürliche Aussicht vom Schwarzer Koppelweg zum Jagdschloss ...
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Der „alte“ Rat in Springe hat entschieden. Die Methangasfabrik Schwarzer Koppelweg soll sein. Dass die Standortgegner der Gasfabrik sich über diese Entscheidung nicht freuen können, dürfte einleuchten. Aber sind jene Bürger, die sich nicht als Freunde der Anlage gaben, automatisch Feinde, nur weil sie eine andere Sicht der Dinge haben als die Gasfabrikenthusiasten? Sind jene Politiker, die ihre Zustimmung zur Gasfabrik verweigerten automatisch Überläufer?

Wir leben in einer Demokratie und nicht in einer Demokratur. Und das ist gut so. Und gut ist auch das Bürgerrecht, eine eigene Meinung zu haben und die auch äußern zu dürfen. Wenn Mathias Lange-Gandyra und Olaf Klemm sich an die Spitze jener Ängstlichen und Besorgten stellten, die dort quasi einen Mützenwurf von der geplanten Gasfabrik Eigentum haben, dort mit ihren Kindern und Kindeskindern leben, dann dürfen sie nicht abgetan werden als Opportunisten oder Generalgegner von Methangasfabriken.

Das jedenfalls klang an, als Erster Stadtrat Hermann Aden die holperige Genese des Bebauungsplans 81 als einwandfreien und beanstandungsfreien Verwaltungsakt verteidigte. Verwaltung und Rat hätten alles richtig gemacht, meinte er. Man habe die Öffentlichkeit rechtzeitig einbezogen. Man habe die Einwände ausführlich erörtert und berücksichtigt. Er vergaß aber zu sagen, ob nachbereitende Gespräche mit den Einwendern stattgefunden haben. Nämlich nicht. Seine Refertigungen hörten sich an wie „Wasch mir den Pelz, aber mach ihn nicht nass“.

Hat Herr Aden überhaupt verstanden, worum es geht? Anfang Juli kündigte die Bündnisgrüne Elke Thielmann-Dittert den Gasfabrik-Pakt, der Befürworter in Rat und Verwaltung bis dahin zusammenschweißte. Thielmann-Dittert dürfte gewusst haben, dass ihre Richtungsänderung auf heftigste Kritik stoßen würde. Sie kam prompt von Seiten der SPD und der CDU. Sie wurde als abtrünnig und wortbrüchig geächtet. Dass Frau Thielmann-Dittert einen „Runden Tisch“ mit allen Beteiligten forderte, wurde geflissentlich überhört.

Der NDZ nach kritisiert Herr Aden nun die IG Schwarzer Koppelweg. „Wer nichts anderes will, als etwas zu verhindern – für den kann man noch so viele Runde Tische veranstalten. Das führt zu nichts.“ Ende des Zitats. Das ist Tatsachenverfälschung. Fakt ist, die Initiative Schwarzer Koppelweg hat zu keinem Zeitpunkt versucht, irgendeine Methangasfabrik zu verhindern. Sie kämpft im Gegenteil für einen entfernter gelegenen Standort. Sie halten es überdies mit Goethe der sinngemäß sagte: „Man muss das Wahre immer wieder wiederholen, weil die Unwahrheit um uns herum immer wieder gepredigt wird.“ Und deshalb machen sie von ihrem verbrieften demokratischen Recht nach freier Meinungsäußerung Gebrauch.

Auch die Äußerung von Herrn Aden, „Wir haben gelernt, dass ausführlichere Informationen nötig sind, um Befürchtungen und Fehlinformationen abzustellen“ klingen heuchlerisch, denn das dokumentiert, dass man auch aus der Anliegerkritik im Vorfeld der Octapharma-Ansiedelung nichts gelernt hat.

Formaldemokratisch ist die Mehrheitsentscheidung zum Bebauungsplan 81 nicht zu beanstanden. Doch so satt war die Mehrheit nicht mehr, wie in Probeabstimmungen vor einigen Wochen, als die Bündnisgrüne sich aus dem Methangaspakt verabschiedete. Einige Ratsmitglieder fehlten, andere mussten wegen Befangenheit „vor die Tür“. Drei Ratsmitglieder der Fraktion der Sozialdemokraten zeigten der geplanten Gasfabrik die Rote Karte ebenso wie eine Bündnisgrüne. Überdies gab es eine Enthaltung. Ist mit dieser Ratsentscheidung das Ende der Diskussionen eingeläutet?

Es wird ganz sicher weitergrummeln. Denn es gibt noch viele ungeklärte Fragen. Seien es Dreck, Staub, Lärmbelästigung, die die Anwohner nicht dulden müssen, weil das keine „ganz normalen“ Transporte und Transporter sind, die auf Honorarbasis es sichtbar eilig haben, ihre Fracht loszuwerden oder neue abzuholen. Der heutige Artikel im Deister-Anzeiger „Maistransporte wirbeln viel Staub auf“ dürfte ganz sicher eine wertvolle Information für Rat und Verwaltung sein.

Auch der Artikel vom 11. April diesen Jahres in den Schaumburger Nachrichten dürfte sehr informativ sein. Danach seien aus einer Anlage bei Schmarrie unweit von Lauenau 300.000 Liter Flüssigkeit aus Maissilage und Rinderdung kilometerweit ins Sünteltal gelaufen. Über den Meinser Bach erreichte das brisante Gemisch auch die Rodenberger Aue und zerstörte organisches Leben, teilten die Schaumburger Nachrichten mit. Unbekannte sollen sich gewaltsam Zutritt verschafft und einen Abfüllstutzen und ein Fluttor geöffnet haben.

Soll die geplante Anlage etwa so ungeschützt dastehen wie die hinter Haywortth in Bad Münder, wo jeder ungehindert reinspazieren kann? Es gibt noch eine Menge Handlungsbedarf bei Rat und Verwaltung, die nach dem historisch bedeutsamen Beschluss des Bebauungsplan 81 eine Reihe von Ratsmitgliedern verabschiedeten. Was denen außer einem obligatorischen Blumenstrauß bleibt, wird ein Rucksack voller Altlasten sein, den sie fortan mit sich herumtragen müssen. Vor allem dann, wenn sie von Enkelinnen und Enkeln gefragt werden, warum hast du die Methangasfabrik zugelassen.

Im Zuge des Wahlkampfes verlautete aus politischen Reihen, die IG solle doch gefälligst auf die Investoren zugehen. Warum? Was hätte das an deren Plänen geändert? Nichts, denn es ist alleinige Aufgabe von Politik und Verwaltung für einen angemessenen Interessenausgleich zu sorgen. Den neuen Ratsmitgliedern ist zu wünschen, dass sie die Signale der Bürger in Springe verstanden haben. Denn nach solch einem tief greifenden Einschnitt in urbanes Leben wird der Protest nicht verstummen. „Klar zur Wende“, könnte das Leitmotiv für die kommende Legislaturperiode sein. Wichtig ist, das Ratspolitik zum „Anfassen“ sein muss, das Vertrauen und Transparenz nicht nur Worthülsen sind.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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