Strom braucht zuverlässige Erzeugungsgrundlage
Wie war das mit dem Strom? Es war am 19. Februar 1882, als bei uns elektrischer Strom erstmals Gegenstand unternehmerischen Handelns wurde. Anfangs konnte ihn nicht jeder haben, weil keine verzweigte Verteilung bestand und weil er zu teuer war. Dennoch wurde Strom bald zu einem begehrten Artikel des Grundbedarfs. Er sollte zum Leben gehören wie das tägliche Brot. Das führte zu den geschlossenen Versorgungsgebieten, in denen Wettbewerb bekanntermaßen nicht stattfand.
117 Jahre später, auf den Tag genau am 19. Februar 1999, wurden die Gebietsmonopole der Stromversorger aufgehoben. Wettbewerb sollte den Strommarkt in Europa regeln. Das Thema Liberalisierung ist ja hinreichend bekannt. Aber ein Blick zurück in die “gute alte Zeit” der Stromversorgung kann nicht schaden. Denn er vermittelt etwas von der früheren Unbefangenheit im Umgang mit Stromwerbung, die wir heute professionell betreiben müssen.
Schon früh erkannte man, dass die “Ware” Strom unvergleichliche Produkteigenschaften aufwies. Diese Tatsache führte zu einer explosionsartigen Entwicklung des Strommarktes. Der Strom elektrisierte buchstäblich die Welt. Er begeisterte die Menschen. Weil immer mehr Stromanwendungen immer mehr Komfort versprachen.
Strom für jedermann, an jedem Ort, zu jeder Zeit, zu gleichen Bedingungen, das war Auftrag, Herausforderung und Verantwortung für staatliche und private Initiativen der Stromversorgung Deutschlands. Niemand nahm Anstoß an Werbung für die Elektrizität. “Fehlt es Dir an Arbeitskraft, nimm den Strom der für Dich schafft”, wurde liebevoll getextet. Grafiker und Werber zeichneten und texteten die herrlichsten Plakate, die eingängigsten Slogans und erfanden für nützliche Geräte treffende Namen, beispielsweise kreierten sie die “Entstäubungspumpe”, die heute profan als Staubsauger am Markt gehandelt wird.
Mit dem elektrischen Strom verbanden die Menschen alsbald Unverzichtbarkeit von Licht, Kraft, Wärme und Kommunikation. Geborgenheit und Lebenserleichterungen durch Strom, lautete die Maxime. Kurzum: Man musste ihn haben. Bereits in den ersten Stunden der Flächenversorgung mit Strom wurden die Weichen für passives Marktverhalten der jungen Energieversorger gestellt. Denn für ihre Garantie, ihre “Abnehmer” in Stadt und Land jederzeit, preiswert und rund um die Uhr zu gleichen Bedingungen mit elektrischer Energie zu versorgen, erhielten die Versorger Gebietsschutz. Dafür wurden im Gegenzug Preise kontrolliert und Konzessionsabgaben an die Gebietskörperschaften gezahlt. Dieser Gebietsschutz schloss den Wettbewerb von Stromversorgern untereinander aus. Das änderte sich mit der Liberalisierung.
Die Stromversorgung sollte nach dem Willen der EU fortan unter Wettbewerbsgesichtspunkten ablaufen. Dieser Wandel vollzog sich in atemberaubendem Tempo. Mehr Tempo auf den Märkten, Globalisierung des Wettbewerbs, Wertewandel bei Mitarbeitern und Kunden, ständig sich ändernde Rahmenbedingungen bedeuteten: Wer als Unternehmen nicht das Nachsehen haben wollte, musste sich ändern.
Zurück zur “guten alten Zeit”. In der Vergangenheit gab es den Wettbewerb also nicht. Preise wurden zusammen mit den Aufsichtsbehörden festgelegt. Die Nachfrage nach Strom regelte sich praktisch von selbst. Absatzwirtschaft geschah als Produktinformation. In der Praxis sah das so aus, dass in Hauswirtschafts- oder Beratungszentren die frischesten “News” über neue Stromanwendungen in gruppendynamischen Prozessen weitergegeben wurden. Die Anwendungspromotion war die Absatzförderung vergangener Tage und nicht das Preisangebot für Strom. Wie gesagt, die Stromversorger, standen nicht im Wettbewerb. Und es war im Prinzip auch gar nicht so wichtig, ob die Abnehmer wussten, von wem der Strom kam. Hauptsache er floss.
Kaum jemand interessierte sich dafür, wie der Strom produziert wurde. Seit der Liberalisierung wurde nur noch über Preise geredet; ein hannoverscher Endverbraucher konnte selbst entscheiden, ob sein Strom von den Stadtwerken Garmisch-Partenkirchen oder von „Strom-gut-&-günstig-GmbH“ aus Köln geliefert werden soll. Der Traum vom „Gut-und-Günstig-Strom“ ist mittlerweile ausgeträumt.
Der Wettbewerbsgedanke ist infolge der hypertrophen Förderung der Regenerativen Energien über das EEG zerschlagen worden. Strom aus konventionellen Kraftwerken wird mehr und mehr von Strom aus Regenerativen Erzeugungsanlagen verdrängt. Ob der noch bestehende Kraftwerkspark aller Stromerzeuger in Deutschland dann betriebsbereit ist, wenn der höchste Strombedarf sich ankündigt und die Sonne kaum scheint und der Wind nicht weht, ist ungewiss. Dafür gibt es keinen Plan B.
Und das wird die große Herausforderung für den neuen Superminister Sigmar Gabriel sein, der sich vorgenommen hat, auch die Energiewende zu einem guten Ende zu bringen. Er wird nicht umhin kommen, den Bau von rund 2.500 Kilometern Hochspannungsleitungen von Nord nach Süd auch gegen den Willen der „Berufs-Ich-bin-gegen-alles-Einwender“ durchzupeitschen. Er muss auch dafür sorgen, dass ein technisch vernünftiger Mix aus konventionellen und regenerativen Stromerzeugungsanlagen zur Verfügung steht. Und auch dafür sorgen, dass ausreichend Sofortreserven vorhanden sind, die im Fall der Fälle einspringen.
Für Gabriel muss oberste Maxime sein: „Die Vorsorge bestimmt mein Handeln.“ Sollte unter seiner Ägide ein „Black Out“ Deutschland oder Teile davon lahmlegen, kann er seine Karriere vergessen. Und schließlich muss er die EEG-Geschenke an Windmüller, Sonnenanbeter und Biogaswerker erheblich reduzieren – das erwarten alle Stromverbraucher, die bisher gezwungenermaßen dafür sorgen, dass die Zahl der Wind-, Sonnen- und Biogasmillionäre wächst, während das eigene Einkommen schmilzt.
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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