Huhn und Schwein und Mais – Bauern in Not?

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Der Kreislandvolkverband hatte geladen. Landwirtschaftsminister Christian Meyer kam. Gewiss hatte er keinen leichten Stand, als er kürzlich rund 400 Bauern im Cloppenburger Land gegenüber stand. Viel hatte sich vor allem bei Schweine- und Geflügelmästern aufgestaut. Auch Biogasbauern nahmen seine Politik ins Visier. Was Wunder. Das Cloppenburger Land ist Hochburg von Schweine- und Geflügelmast und Biogas in Niedersachsen. Insbesondere wurde von den Delegierten der Landwirtschaft beklagt, dass viele Bauern durch verschärfte Verordnungen und insbesondere durch Sachkundenachweise in „Existenznot“ geraten seien, teilte der General Anzeiger am 14. Juni 2013 mit.

Meyer verteidigte konstruktive Auflagen bei der Massentierhaltung wie etwa Nachrüstungen an Filteranlagen in Schweinemastbetrieben oder die Verschärfung der Sauenhaltungsverordnung. Diese seien bereits von seinem Vorgänger Lindemann auf den Weg gebracht worden. Dass hierdurch Preisnachteile für die Bauern entstünden, akzeptierte Meyer nicht. Er setze vor allem auf die Aufwertung der Arbeit der Bauern durch bessere Entlohnung, sprich, höhere Erzeugerpreise. Meyer plädierte von einer Abkehr von irreführender Werbung. Es sei nicht mehr zu vertreten, „Billigprodukte“ mit Bildern glücklicher Tiere anzupreisen.

An die Biogaslobby gerichtet räumte Meyer Fehler bei der Einführung der Nawaro-Förderung durch die rot-grüne Regierung (Schröder/Trittin) ein. Dadurch seien viele Biogasanlagen entstanden. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sprach sich Meyer gegen den weiteren Ausbau von Biogasanlagen aus, auch, um den damit einhergehenden extensiven Energiemaisanbau einzudämmen. Allein im Kreis Cloppenburg würden rund 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für den Maisanbau beansprucht, so Meyer. Für die Gegner der industriellen Landwirtschaft waren das die richtigen Signale, die Meyer aussandte. In der Biogasindustrie ist Flaute angesagt.

Spinner oder gar Extremisten?

Ungeachtet des politischen Prozesses, den eine Energiewende in diesem Ausmaß erfordert, gibt es immer Kritik. In Teilen der Öffentlichkeit stehen aber auch die Lebensmittelindustrie und insbesondere Massentierhaltungen zur Produktion von „Billigfleisch“ auf dem Prüfstand. Kritik gehört zur Demokratie, das ist gelebter Pluralismus. Und die im Grundrecht verbriefte freie Meinungsäußerung ist gelebte Kritik im positiven wie auch negativen Sinne. Bundesweit stemmen sich Bürgerinnen und Bürger in Initiativgruppen gegen Massentierhaltung und Biogasanlagen. Sie wissen, dass die Entsorgung der chemisch kontaminierten Hinterlassenschaften von Mastgeflügel und Mastschweinen sowie Gärresten aus Biogasanlagen nicht gelöst ist.

Blicken wir ein halbes Jahrhundert zurück. Erinnern wir uns an die Antiatombewegung. An die Menschen, die von echter Existenzsorge getrieben wurden und an jene, die dies als Plattform nutzten, ihre ideologischen Vorstellungen auch mit Gewalt durchzusetzen. Zu erinnern ist an die Titelseite des Stern nach dem 28. Februar 1982, als bei den Demonstrationen gegen das Atomkraftwerk Brokdorf ein bis zum Oberkörper im Eis eingebrochener wehrloser Polizist von einem militanten Demonstranten mit einem geöffneten Klappspaten attackiert wurde.

Es gab also die Besorgten und politisch motivierte Systemveränderer. Was unterscheidet aber die Besorgten von damals von den Besorgten von heute? Hiroshima und Nagasaki, atomare Folgen aus dem Betrieb von Atomkraftwerken, Verstrahlung, Krankheit, Siechtum und Tod, kurzum die radiologische Bedrohung bestimmte seinerzeit Haltung und Handeln. Das war nicht zuletzt auch die Geburtsstunde der Grünen.

Ist das heute anders? Ist etwa die Angst vor den biologischen Folgen aus der extensiven Landwirtschaft wie Maisanbau, Massentierhaltung, Einsatz von Pestiziden, Fungiziden, Antibiotika und andere Chemikalien, unbegründet? Was wissen wir heute von den Wechselwirkungen dieser Stoffe mit den Menschen, mit unserer Umwelt. Was wird mit unserem Trinkwasser, da der ganze Dreck aus Biogasanlagen schließlich darin landet. Weder die Politik, noch die Lobbyisten der Agroindustrie haben hierfür einen Plan „B“, denn sonst hätten sie diesen Spuk gleich der Atomkraft unmittelbar beendet. Vor diesem Hintergrund ist ein engagierter Politiker wie der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer zur Zeit die Lichtgestalt, die in der Lage ist, den verirrten Profitstrategen in der Agroindustrie die Rote Karte zu zeigen. Es ist zu hoffen, dass er im politischen Umfeld angemessene Unterstützung erhält. Von den Gegnern der Agrarindustrie bekommt er sie allemal.

„Wir haben Agrarindustrie satt!“

Unter diesem Motto haben sich die Gegner der Agroindustrie formiert. Bundesweit finden vor der Bundestagswahl im September Demonstrationen pro bäuerliche, tier- und umweltfreundlichere Landwirtschaft statt. Zu fragen ist, ob das alles Spinner oder Extremisten sind? Oder sind sie allesamt „Heiliger-Sankt-FlorianIsten“?

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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