Haushaltdrede 2013

Herr Bürgermeister, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
Mein Beitrag zu dieser Haushaltsdebatte wird sich sowohl auf einzelne Punkte als auch auf Grundsätzliches beziehen. Zuerst das Grundsätzliche: meine Kritik richtet sich nicht gegen die Verwaltung. Die Arbeit, die diese mit dem Haushaltsentwurf und auch mit der späteren Sparliste gemacht hat, verdient vollen Respekt. Die Haushaltsvorlage der Verwaltung hat nachvollziehbar aufgezeigt, auf welchem Weg wir uns befinden – oder sagen wir besser: in welchem reißenden Strom wir schwimmen.
Springe hat 20 Mio. Euro Schulden, in diesem Jahr kommen unvermeidbar bis zu 8 Millionen neue hinzu, trotz des Geschenks eines überraschend hohen Gewerbe- und Einkommenssteueraufkommens. Mittelfristig wird sich das so fortsetzen, nur die von Land, Bund und EU festgelegte Schuldenbremse, wird dies zwangsweise stoppen. Wir wissen auch, dass dies nicht nur Springe trifft, sondern dass viele Kommunen, kleine und sehr große, noch schlimmer dran sind.
Der gängige Vorwurf, man habe in der Vergangenheit halt verantwortungslos gewirtschaftet, verbunden mit der Aufforderung zu mehr Disziplin, trifft zwar trifft sicher hier und da zu, insgesamt lenkt er vom Problem ab. Aufmerksam zu beobachten, ob irgendwo Geld unnötig ausgegeben wird, ist gewiss nötig, bei guter Haushaltslage ebenso wie bei schlechter. Aber mit den immer wieder empfohlenen kleinen Einsparungen, Verlagerungen von Aufgaben oder Kosten auf Nachbargemeinden oder auf die Region, oder mit der Aufgabe kultureller Angebote ist einzig und allein eine Verringerung der Lebensqualität der Menschen zu bewirken. Auf den Strom, der immer schneller bergab fließt, haben sie so gut wie keinen Einfluss. Der reißt zunächst die kommunale Selbstverwaltung mit sich, das Recht, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln“, wie es im Grundgesetz heißt. Und wenn er weiterfließt beschränkt und beseitigt er eine funktionierende Demokratie. Dahin treiben wir.
Diese Situation ist nicht schicksalhaft, sie ist politisch zu verantworten. Der Bundestag und die Landtage können dies ändern – die Kommunen können es nicht. Die Verantwortung dieser Gremien müssen wir einfordern. Niemand soll sagen, der Staat habe doch selbst Haushaltsprobleme. Diese Ausrede kann man einer griechischen oder italienischen Regierung vielleicht zugestehen, einer deutschen nicht. In Deutschland wächst der private Reichtum von Jahr zu Jahr, das private Geldvermögen summiert sich auf über zwei Billionen. Der Reichtum der reichsten 10% würde ausreichen um die Schulden von Bund, Ländern und Kommunen zu tilgen. Wege, das umzuverteilen, sind oft genug benannt worden. Erkundigen sie sich in einer freien Stunde mal über die Vorschläge des Bündnisses “Umfairteilen“. Eine weitere Möglichkeit, die noch nicht ganz so publik ist aber auch bei Grünen, FDP und CDU diskutiert wird, wenn auch manchmal nicht so genannt, möchte ich hier aufzeigen: Ein aus dem Reichtum dieses Landes finanziertes Bedingungsloses Grundeinkommen für alle Menschen. Dies könnte gleichzeitig Armut beseitigen, die kommunalen Finanzen sanieren und die Realwirtschaft von der Bindung an immer mehr Export befreien.
Nun noch ein paar Sätze zum Haushaltsplan selbst: Die Sparliste ist letztlich ein Produkt aus vielen Diskussionen, die wir in der Haushalt Sicherungskommission geführt haben. Alle Maßnahmen, die wir diskutierten, sind für den Einen oder die Andre oder auch für alle schmerzlich. Alle Mitglieder dieser Kommission haben diese Arbeit nicht aus Selbstzweck getan, sondern aus Verantwortung gegenüber der Stadt und ihren Bürgerinnen. Mein Ziel war es, wie Sie es von einem Mitglied der LINKEN ja vielleicht auch erwarten, die Einschnitte für die Bewohnerinnen und Bewohner Springers, und das schließt selbstverständlich alle Ortsteile ein, so sozial verträglich wie möglich zu machen. Dabei war es notwendig sowohl die Ausgaben,- als auch die Einnahmenseite zu betrachten. Ich denke wir waren auf einem guten Weg. Leider konnten die Mitglieder dieser Kommission ihre Parteigremien nicht mit auf diesen Weg nehmen. Was bei den Haushaltsberatungen herausgekommen ist erfüllt mich mit Enttäuschung.

Ich möchte hier nur einige Beispiele aufzeigen über die jetzt abgestimmt werden soll.
1. Kürzung der Investitionen: Hier sollen ein paar Millionen gespart werden! Aber wo und was sind die Folgen davon? Fangen wir mit der Gebäudesanierung an: notwendige Maßnahmen werden gestrichen oder verschoben z.B. Die Sanierung des Hallenbodens der Sporthalle Süd - die Folgen sind: einige Sportarten können in der Halle nicht ausgeführt werden, z.B. Rollhockey, die Verletzungsgefahr für die Sportler erhöht sich und mittelfristig ist es fraglich ob überhaupt noch eine Nutzung möglich ist. -Oder nehmen wir die energetische Sanierung der Grundschule Eldagsen- jetzt sparen wir 250.000 € -dafür erhöhen sich die Energiekosten und in 2-3- Jahren werden auch die Preise und Löhne steigen, so dass wir mehr ausgeben müssen. Ich frage mich wo ist da die Einsparung? Oder rechnen Sie liebe Ratskolleginnen und Kollegen damit, dass in 5 Jahren ohnehin keiner mehr in Eldagsen wohnen will und damit die dortige Schule wie die in Altenhagen und Gestorf überflüssig wird? Dann sparen wir allerdings wirklich!!
2. Und wieder einmal soll im Abwasserbereich gespart werden! Folgen: Neubaugebiete können nicht erschlossen werden, notwendige Sanierungen werden verschoben und langfristige Konzepte, wie die ökologisch sinnvolle Gasnutzung, über den Haufen geworfen. Auch hier gilt: Weniger Ausgaben führen zu einem Investitionsstau = höhere Sanierungskosten = höhere Gebühren in 5-10 Jahren! Aber das ist dann das Problem vom nächsten Rat. Hauptsache unser Haushalt ist ausgeglichen! Manchmal gilt: Weniger ist mehr, aber hier ist es umgekehrt!
3. Investitionen die wir tätigen schaffen und erhalten Arbeitsplätze – viele davon auch in Springe. Grade in einer Randlage ist es auch unsere Aufgabe den Standort zu stärken und die Stadt lebenswert zu gestalten.
4. Bei einem strukturellen Defizit wie dem unsrigen müssen wir entweder mehr Zuweisungen von Bund und Land erhalten- womit ich nicht rechne, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt - oder wir müssen eigene Einnahmen generieren. Nur die Erhöhung der Gewerbesteuer ist vom Tisch, ebenso wie die Erhöhung der Grundsteuer, die Gerechtigkeit durch den Wegfall der Strassenausbausatzung gebracht und der Gemeinde zusätzlich noch einen kleinen Spielraum für den Erhalt öffentlicher freiwilliger Einrichtungen eröffnet hätte.
Im letzten Jahr fragte ich Quo vadis Springe, wohin gehst du? Durch viele Gespräche habe ich es herausgefunden: unseren Kindern soll eine schuldenfreie Stadt übergeben werden. Ich denke der Jubel über eine schuldenfreie Stadt wird geringer sein als das Jammern über den maroden Zustand und fraglich ob unsere Kinder noch in dieser maroden und kulturlosen Stadt wohnen wollen!
Ich werde dem Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Das tue ich nicht, um mich zu profilieren – ich appelliere an Sie, Kolleginnen und Kollegen, es ebenfalls nicht zu tun. Die Folge wäre, dass die Stadt Springe keinen vom Rat beschlossenen Haushalt hat. Das wäre dieselbe Situation, wie wenn dieser, meines Erachtens perspektivloseste Haushalt aller Zeiten beschlossen wird. Aber es wäre das Bekenntnis zu Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, das heute abgelegt werden muss und nicht erst wenn die Katastrophe da ist. Die Menschen in unserer Stadt und im ganzen Land dürfen von ihren Abgeordneten erwarten, dass die wach sind und auf eine grundsätzliche Veränderung dringen. Die Verantwortung tragen wir. Das wäre die Haltung, die einer selbstverwalteten Gemeinde würdig ist.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit

Bürgerreporter:in:

Axel Seng aus Springe

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