Harsche Worte: Trittin beklagt agroindustriellen Zynismus

... Deutschland - zweifelhafter Spitzenreiter bei Biogasanlagen ...
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Und das am frühen Morgen: Harsche Worte findet Jürgen Trittin für die industrielle Landwirtschaft in einem Interview in der HAZ. Sich damit zu brüsten, Niedersachsen sei Agrarland Nummer eins, sei agroindustrieller Zynismus. Früher, so Trittin in dem Interview, habe man nur über Diepholz und Vechta gesagt, da lassen wir lieber die Scheiben hoch. Heute stinke es überall, so Trittin. Nun bin ich keineswegs ein Freund des Grünen. Aber wo er recht hat, hat er recht. Er beklagte den gewaltigen Raubbau an Natur und Kreatur und zeigte Verständnis dafür, dass man sich überall gegen Massenställe wehre.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer das diese kluge Botschaft wohl im Blätterwald der deutschen Presse ohne Echo bleibt. Aber er hat recht damit, dass sich allerorten Bürger gegen Massentierhaltungen, Biogasanlagen, Vernichtung von Dauergrünland zwecks Maisanbau, Verklappung von hochproblematischen Gärresten aus Biogasanlagen auf den Äckern und Nahrungsmittelvernichtung wehren. Zu wenig, wie mir scheint. Der Raubbau wird unter Energiewende verbucht, allerdings werden die Pferdefüße geflissentlich ignoriert. Das ist das eigentliche Dilemma, in dem wir uns befinden. Denn bei der Energieproduktion auf Nahrungsmittelvernichtung zu setzen und der ungebremsten Schweine- und Geflügelproduktion das Wort zu reden, um stinkendes „Gold“ zu erzeugen – um es mit den Worten Trittins zu sagen, das ist blanker Zynismus. Dem muss ein Ende gesetzt werden.

Ende 2011 rechnete der Fachverband der Biogasindustrie in Deutschland mit rund 6.800 Biogasanlagen in Betrieb. Sie haben eine elektrische Leistung von ca. 2.600 Megawatt (1 Megawatt = 1.000 Kilowatt). Das ist die Größenordnung von etwa drei großen Kohle- oder Gaskraftwerken, von denen jedes einen Flächenbedarf von rund 150 Hektar hätte. Die Biogasanlagen sind hungrig. Für die rund 6.800 Biogasanlagen sind zurzeit etwa 1,8 Millionen Hektar Maisäcker unter dem Pflug. Über 50 Millionen Schweine und Zig-Millionen-Stück Geflügel produzieren in Deutschland jenes stinkende Gold, für das es sogar noch einen Extrabonus vom Staat gibt. Das Niedersachsen in Gülle erstickt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Vor allem in der Weser-Ems-Region werden mehr dieser tierischen Fäkalien von Schweinen und Geflügel produziert, als die Böden der Region vertragen können.

Will man den Zuwachsprognosen der Bigasindustrie Glauben schenken, so soll die Zahl der Biogasreaktoren bis 2015 auf gut 10.000 und bis 2020 auf rund 15.000 anwachsen. Man muss kein Mathematiker sein, um sich auszumalen, was das für unsere Biosphäre, für Mensch, Land und Tier, für den Makro- und den Mikrokosmos bedeutet. Neben den selbst ernannten Energiewirten dürften sich nur noch die Hersteller von Antibiotika, Dünge- und Unkrautvernichtungsmitteln freuen. Es kursieren schon zynische Witze: „Wenn du eine Entzündung hast, kauf dir ein halbes Grillhähnchen. Da ist genug Antibiotika drin, um deine Entzündung zu stoppen“. Der Verbraucher ist also in der Klemme. Er ist am Ende der Gelackmeierte, muss einen extrem hohen Preis für ein bisschen Elektrizität und Gas aus Biogasanlagen bezahlen und dazu eine devastierte Landschaft und eine kaputte Natur hinnehmen.

Ist die Politik denn total daneben, dass sie diesen Aberwitz weiterhin staatlich bezuschusst? Wenn nur noch Mais und auch Getreide und auch Zuckerrüben und auch Gras angebaut werden als Substrate für die Bioreaktoren, wo kommt dann das Futter her für die mit verkannt hoher Geschwindigkeit wachsende Zahl von Schweinen und Geflügel? Aus deutschen Landen frisch in die Tröge jedenfalls nicht. Und unser Brotgetreide werden wir auch importieren müssen, aus Ländern, von denen wir nicht wissen, was sie darauf spritzen, um hohe Erträge zu bekommen.

Es ist an der Zeit, dass die Bürger sich rühren. Sie müssen laut werden. Sie müssen unbequem werden. Die Politik ist uns allen Respekt schuldig. Bislang schien es eher so, als seien Politik und Verwaltung Selbstzweck. Aber so lange Bürger eher dazu neigen, statt sich zu wehren oder zu demonstrieren „Kuchen zu essen“, wird alles seinen Gang nehmen. Und am Ende des Weges wird die Gewissheit harren, „nichts“, nämlich nichts für eine bessere Zukunft getan zu haben.

P.S.: Ich möchte mich für die schlechte Qualität der Grafiken entschuldigen. Zum besseren Verständnis bitte ich alle Leser dieses Artikels, das Geschehen vor der "eigenen Tür" im Gesamtzusammenhang Bundesrepublik Deutschland zu betrachten.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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