Hängen in Seilen
Was Seemannschaft angeht, so bildet die Gorch Fock keine Ausnahme. Seefahrt ist keine Spazierfahrt auf einem Buddelschiff, sondern knallharte Arbeit – bei der Handelsschifffahrt wie auch bei der Marine. Auf allen seegehenden Schiffen gibt es Takelagen, in und auf die Seeleute zu klettern haben. Wer darüber schreibt, sollte das wissen. Durch Abkupfern wird Halbwahres nicht wahrer. Trotz der Diskussionen um den Verteidigungsminister - seine Aufgaben erledigen sich nicht von selbst.
Eine andere Sichtweise:
Es gibt ein geflügeltes Wort in der Seefahrt. Abgewandelt heißt es: „Gott schütze uns vor Sturm und Wind und vor ahnungslos lärmenden Politikern, die im Bundestag sind.“
Dass die Gorch Fock wie auch die ehrwürdige Marineschule in Flensburg Mürwik Relikte der Vergangenheit sind, wird keiner bestreiten. Allerdings haben viele in Öffentlichkeit wie beim Militär nicht verstanden, dass Tradition nicht die Anbetung der Asche ist, sondern die Bewahrung des Feuers. Was soll das sagen?
Wer beim Heer Offizier werden will, muss seine Eignung nicht durch eine gefährliche Fallschirmspringerausbildung bestätigen. Wer bei der Luftwaffe Offizier werden will, muss nicht fliegen können. Das kann nur bedeuten: Wer bei der Marine Offizier werden will, muss nicht auf der Gorch Fock gefahren sein.
Diesem Umstand sollte das traditionsbewusste Marinekommando Rechnung tragen, anstatt den Verteidigungsminister immer wieder falsche Informationen unterzujubeln. Damit liefern sie sowieso nur neue Noten für das Kakofonieorchester der Politiker in Berlin.
Fakt ist: Die Gorch Fock ist nicht die verlängerte Sonnenbank für Absolventen von Salem, Zuoz oder Luisenlund. Das zu steuern, liegt in der Hand der Marineplaner. Duale Offiziersausbildung könnte die seemännische Spreu vom Weizen trennen. Über einen solchen Weg könnte das „Feuer“ bewahrt bleiben. Die einen kommen als Freiwillige nach entsprechender Tauglichkeitsprüfung auf das Schulschiff, die anderen eben nicht. Bei den Marinetauchern gibt es auch Offiziere, die nicht tauchen können.
Das grausame Spiel mit dem Übergewicht der Kadettin zeichnet allerdings ein noch traurigeres Bild der Marineführung. Ein Blick in die Gesundheitskarte und auf das Protokoll der Einstellungsuntersuchung hätte schnell die Diskrepanz zwischen dem Gewicht der Toten und der Lebenden aufgezeigt. Für diesen eklatanten Beurteilungsfehler gehören jene Marinemediziner an den Pranger, die der unleidlichen Diskussion einer“ fetten und untauglichen“ Kadettin freien Lauf und die Mutter in ihrer Verzweiflung damit allein ließen.