Das Wunder von Hildesheim
Heute morgen hatten wir es in der HAZ schwarz auf weiß: „Landkreis genehmigt Windpark nicht“. Mit dieser Entscheidung wurde ein lange geplantes Vorhaben der Windfirma Innovent aus Varel durch den Landkreis Hildesheim gestoppt. Die Anlagen sollten zwischen Harsum und Schellerten gebaut werden. Die Absage grenzt an ein Wunder.
Der Landkreis Hildesheim als Genehmigungsbehörde hatte bei seiner Entscheidung kräftigen Rückenwind. Den bekam er vom Wissenschaftsministerium Hannover, dem Landesamt für Denkmalpflege und der Unesco-Kommission. Man befand, dass die Windräder den Blick auf Hildesheims Panorama mit Dom und St. Michaelis „verschandeln“ würden. Dom und St. Michaelis sind Weltkulturerbe.
Im Landkreis Hildesheim geht man offensichtlich behutsamer mit Kulturgütern um als in der Region Hannover. Aber ist Kultur erst Kultur, wenn sie den Stempel der Unesco trägt? Wer hat sich in der Region etwa für die Marienburg eingesetzt, als vor wenigen Wochen die Region die Ausweitung von Windvorrangflächen bei Schulenburg im Schweinsgalopp beschloss? Zwar ragt der Turm des Schlosses nicht über die hohen Buchen, die es umsäumen. Doch die Schulenburger können „ihre“ Marienburg durch eine Baumlücke betrachten.
Die Marienburg ist unbestritten ein historisch bedeutendes Baudenkmal, ein Wahrzeichen für das Calenberger Land und für ganz Niedersachsen? Dass das Schloss auch von besonderem öffentlichen Interesse ist, beweisen nicht zuletzt die 190.000 Besucher in 2016. Und, hat nicht die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannover die Schlosskapelle auf ihre Kosten renoviert und besitzt ein Nutzungsrecht? Warum hat die Landeskirche nicht gegen die windigen Pläne der Region protestiert?
Das Umfeld der Marienburg scheint den Entscheidern in der Region indes völlig Wurst zu sein. Für sie und insbesondere für den Umweltdezernenten gilt, Planziele des grünen Umweltministers zu erfüllen. Diese Planziele sind aber eine unheilige Kombination von Ideologie, sozialistischer Planwirtschaft und einem unerträglichen Turbokapitalismus der Windenergieindustrie.
Aber: Deutschland braucht gegenwärtig nicht ein einziges Megawatt zusätzlicher Windenergie. Der Netzausbau stockt. Die heutigen Stromleitungen sind schon verstopft mit überschüssigem Windstrom, der hierzulande nicht gebraucht wird.Trotzdem wird weiter geklotzt, anstatt innezuhalten und das Gehirn einzuschalten. Denn es muss doch auch dem letzten Hinterbänkler inzwischen aufgegangen sein, dass überschüssiger Windstrom ans Ausland entweder verschenkt wird oder bei Abnahme noch draufgezahlt werden muss. Oder Windmühlen müssen abgeregelt werden. Die so entgehende Produktion müssen die Stromverbraucher dennoch bezahlen.
Was für Hildesheim gilt, muss auch für jeden anderen Ort in unserer Republik gelten: Nämlich ein Schutzraum von mehreren Kilometern. Das könnte die optische Umweltverschmutzung durch Windräder erträglicher machen. Denn nicht nur Panoramen sind schützenswert, sondern auch die Menschen, die vom Wildwuchs der Windräder „vor der Haustür“ auch in ihrer körperlichen Unversehrtheit bedroht sind bzw. werden. Und wenn gebaut werden muss, dann nur bedarfsorientiert im Rahmen einer gesicherten Stromversorgung.
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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