Daneben gepickt: Agrarminister Christian Meyer auf Bildungsreise
Reisen soll bilden. Unbestritten. Das kann funktionieren. Aber müssen Erkenntnisse aus einer Erkenntniswanderung ohne sie sacken zu lassen gleich ausgegackert werden?
Christian Meyer war in Österreich. Dort gibt es seiner Erkenntnis nach auch Legehennen. In Käfigen. Mit etwas mehr Zellenfreiheit. Mit mehr Futter. Nachbarschaftsneurose wird mit gedimmtem Licht behandelt. Die Hühner dort sollen friedlich sein, wird berichtet. Warum? Weil den österreichischen Legehennen die Schnäbel weder mit Kneifzangen noch mit heißen Messern gekürzt werden. Frieden im Hühnerstall schaffen ohne Waffen könnte die Devise im Alpenland sein. In Niedersachsen und auch im Rest der Republik gilt das noch nicht. Hier werden die Hennen nach wie vor barbarisch traktiert.
Christian Meyer will mehr Lebensqualität für Legehühner in Legebatterien. Es gäbe zwar schon diesbezügliche Absichtserklärungen, doch scheint es noch kein Einvernehmen zwischen Bauern, Tierschützern und den Hühnerverhaltensforschern zu geben. Was könnte die Eierproduzenten also bewegen, auf die Schnabelkastration zu verzichten? Natürlich Geld, finanzieller Ausgleich, oder wie auch immer man solche Subventionen nennen würde.
Denkt Meyer etwa schon an einen Entschädigungsfond nach dem Vorbild der Österreicher? Die haben einen der einspringt, falls sich Legehühner mit ihren natürlich gewachsenen Schnäbeln kannibalisieren würden, es so zu Stress, Tod oder Eierverlusten kommen sollte. Wer will das eigentlich kontrollieren? In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der ein Wirtschaftszweig entschädigt werden soll, wenn er nach österreichischem Vorbild Legehühner ohne sie zu quälen hält. Dass die Produktionskosten dann steigen würden, dürfte niemand ernsthaft bestreiten wollen.
Aber warum soll der Steuerzahler dafür aufkommen, wenn Legehühner mit vollständigem Schnabel mehr Futter picken, um sich dann stressfrei bei gedimmtem Licht zur Ruhe zu setzen, um Eier zu legen, mit denen der Produzent Geld verdienen kann. Dann werden die Eier eben teurer und der Verbraucher zahlt direkt. Das gibt uns allen die Gewähr, das staatliche Förderungen nicht über Gebühr in die Taschen der Produzenten fließen würden!
Der Staat soll sich aus dem Markt raushalten. Dieser muss sich selbst regulieren. Wenn Eierproduzenten Hühnern Leid zufügen, dann müssen sie gesetzlich in ihre Schranken verwiesen werden. Sie haben keinen Anspruch auf Förderversprechen der Politik, sondern die Allgemeinheit hat einen Anspruch darauf, dass Tierhaltungen generell verletzungsfrei für die Tiere sind.
Noch eine Information haben Meyer und seine Entourage von den Österreichern mitbekommen: Das österreichische Modell würde zu Produktionsmehrkosten von rund 4 Eurocent pro Ei führen. Würde Meyer diesem Modell folgen, dann dürften die Eierproduzenten bei einer Jahresproduktion von rund 12 Milliarden Konsumeiern schlappe 480 Millionen Euro als Belohnung dafür erwarten dürfen, dass sie die Legehühner nicht mehr quälen, sie besser füttern und die Beleuchtung dimmen. Das wären wohl auf den Kopf gestellte Verhältnisse, Herr Meyer.
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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