Biogasanlagen-Boom ausgebremst

... hunderte Gülletransporte im Jahr allein zur Biogasanlage Springe ...
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  • hochgeladen von Friedrich Schröder

Die Goldgräberstimmung von Biogasanlagenindustrie und Biogasanlagenbetreibern ist leisen Tönen gewichen. Wurden hierzulande 2011 noch 1.300 Biogasanlagen gebaut, waren es 2012 nur noch rund 300. Das Ende der Fahnenstange scheint erreicht. Denn mehr, so verlautet es aus gut unterrichteten Kreisen, wird auch in diesem Jahr nicht erwartet.

Was waren die Gründe für diesen Knick? Schon lange standen die komfortablen Stromvergütungen im Kreuzfeuer der Kritik. Es wogte ein parteienübergreifender Streit darüber, welche Art der Vergütung wohl angemessen sei. Am Ende setzte sich die Vernunft durch zugunsten einer gesetzlichen Korrektur der Stromvergütung nach unten. Damit sank schlagartig auch die Attraktivität und der Anreiz, Biogasanlagen in größerem Umfang in Auftrag zu geben.

Unterdessen wird immer deutlicher, dass die Energiebilanz der Biogasanlagen noch schlechter ist, als die eines alten Kohlekraftwerks. Vom Maisanbau einmal abgesehen, der für sich genommen über seine gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Ernte und zum Transport zu den Biogasanlagen energetisch fragwürdig ist, wird der Energieverschwendung gesetzlich Vorschub geleistet.

Wenn das Biogas in den Reaktoren erst produziert ist, läuft in der Biogasanlage kein anderer Prozess ab, als in einem herkömmlichen konventionellen Kraftwerk, nur dass das Methangas Nahrung für einen Gasmotor ist, der mit einem Wirkungsgrad von rund 33 Prozent Strom erzeugt. Der überwiegende Anteil des eingesetzten Gases verpufft als Abwärme in der Umwelt, weil der Gesetzgeber es vergessen hat, Kraft-Wärme-Kopplung zwingend vorzuschreiben. Zwar gibt es hierzulande einige wirkungsvolle Kraft-Wärme-Kopplungen mit landwirtschaftlichen, kommunalen oder privaten Einrichtungen. Das Groß der Abwärme von Biogasanlagen in der Bundesrepublik verpufft, belastet die Umwelt und trägt mitnichten zur Gesundung des Weltklimas bei, wie uns die Protagonisten der Biogastechnologie immer wieder weismachen wollten.

Damit nicht genug: Mittlerweile werden tierische Fäkalien auf Wanderschaft geschickt. Biogasanlagen in fäkalienarmen Regionen wie Hannover werden buchstäblich mit Schweinescheiße aus den Niederlanden und aus dem Emsland geflutet. Handelsdrehscheibe der Gülle in Niedersachsen ist das Emsland. Tag für Tag begegnet man den riesigen, oft grün oder rostrot gestrichenen Tankzügen (oft mit CLP, OS im Kennzeichen) mit Entlüftungsschnorchel am Ende auf niedersächsischen Straßen. Ob legal oder illegal, das scheint Händlern oder Empfängern offenbar egal zu sein – Pecunia non olet – Geld stinkt nicht. Aber nicht nur den Biogas- und Massentierhaltungsgegnern stank das!

Nun will Niedersachsens Agrarminister den Jauche-Tourismus stoppen. Ihm, Christian Meyer ist es zuzutrauen, dass dem multinationalen Güllehandel ein wirksamer Riegel vorgeschoben wird. Meyer weiß, dass viele Äcker bereits überdüngt sind und sich das krebserregende Nitrat im Grundwasser besorgniserregend anreichert. Der Umgang mit der Gülle ist nicht zuletzt in Niedersachsen ein Skandal. Hier verklappen die Bauern allein in diesem Jahr schätzungsweise rund 8 Millionen Tonnen Gülle. Nicht auf eigenen, sondern auf fremden Feldern! Aber das reicht noch nicht: Hinzuzurechnen sind die Gülleimporte aus den Niederlanden, die sich auf diese Weise die teure Entsorgung von rund zwei Millionen Tonnen pro Jahr im eigenen Lande ersparen wollen.

Nicht zuletzt vor diesen Hintergründen war es hohe Zeit, der Gelddruckmaschine Biogas Zähne aus dem Räderwerk zu brechen und auf diese Weise den weiteren Ausbau zu bremsen. Doch nichts kommt von ungefähr: Dass ein Umdenken erfolgt ist, ist nicht zuletzt auch den bundesweiten Netzwerken der Biogas- und Massentierhaltungsgegner zu danken.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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