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Zum Jahrestag des Todes des Springer Idols Heinrich Göbel

Am 4. Dezember ist der 107. Jahrestag des Todes des Springer Idols Heinrich Göbel. An der Bastei wird der 16. Dezember 1893 als Todesdatum genannt. Das ist aber falsch wie alles, was in Springe über Heinrich Göbel behauptet wird. Der Begründer der Göbel-Legende in Deutschland, Hermann Beckmann, hatte wohl ein großes nationales Herz und geringe Englischkenntnisse. Er verwechselte das Sterbedatum und das Datum der Veröffentlichung eines Nachrufs. Hans-Christian Rohde hat eine beglaubigte Kopie der Sterbeurkunde in New York beschafft.

Zum Todestag erinnere ich an Göbels erstes von drei Patenten.

Am 9. Mai 1865 erhielt Heinrich Göbel das US-Patent 47.632 „Verbesserung von Säumern für Nähmaschinen“. Tuch muss gesäumt werden, da die Ränder sonst ausfransen. Beim Nähen braucht man dazu am besten vier Hände und so gab es schon vor Erfindung der Nähmaschine zahlreiche Hilfsmittel zum Nähen von Säumen. Heinrich Göbel hat vermutlich durch Anregung seiner als Näherin arbeitenden Tochter oder durch Inspiration eines Bekannten aus seiner Freimaurerloge, der ebenfalls Patente für Nähtechnik erwarb, eine Verbesserung des Kegelschneckensäumers für Nähmaschinen patentieren lassen. Das Tuch wird kontinuierlich durch die Kegelschnecke gezogen und faltet sich dabei zum Saum. Der Gegenwinkel als Andruckfläche beim Nähen und der Stift in der Mitte der Kegelschnecke, der ein ungewolltes Mehrfachumschlagen des Tuchs verhindern soll, stellen die von Göbel patentierten Verbesserungen dar. Das Patent fand keinen Interessenten.

Heinrich Göbel hat in Springe eine Schlosserlehre begonnen, ob er sie beendete ist unbekannt. Die Bearbeitung eines Blechs zu einer Kegelschnecke und einem Winkel ist eine normale Arbeit eines Metallhandwerkers, die Idee mit dem Stift und dem Gegenwinkel zeugt von Lösungskompetenz für kleine mechanische Alltagsprobleme.

Das Patent spielte eine Rolle in den Patentrechtstreiten von 1893 um die Glühlampe, wurde aber von der in Springe verbreiteten Legende ebenso wie der von Göbel behauptete Wissensgeber der Glühlampe , Professor Münchhausen, verschwiegen. Göbel behauptete 1893, er habe ab 1854 Glühlampen hergestellt, diese kontinuierlich verbessert und bereits zirka 1872 die von Edison 1880 patentierte Qualität erreicht. Die von der Legende affirmierten Gründe der unterlassenen Patentanmeldung der Glühlampe - Geldmangel, mangelnde Englischkenntnisse oder mangelnde Patentrechtkenntnisse - sind in Anbetracht des 1865 erworbenen Patents „Nähmaschinensäumer“ unhaltbar. Der Chef im Springer Rathaus verkündet übrigens immer noch auf den Internetseiten der Stadt „Mangels Geld und Persönlichkeiten von Einfluss konnte er seine Erfindung nicht patentrechtlich schützen lassen.“ und blamiert mit diesem Unsinn sich selbst und die Bürger von Springe. Das Anmelden einer Blechbearbeitung zum Patent durch Göbel, während angebliche sündhaft teure Glühlampenarbeiten mit einer Vielzahl wissensintensiver Herstellungsschritte aus den Bereichen der Elektro- und Vakuumphysik vor 1880 nicht in Erscheinung traten, galt schon 1893 als Indiz für die Vortäuschung einer rückdatierten Erfindung.

Der spätere US-Senator Richter Lebaron Colt urteilte zum Göbel-Fall: „ Nach der Verbreitung einer wichtigen Erfindung ist es für jedermann leicht, mit Behauptungen zu kommen, er habe das gleiche Ding Jahre zuvor erfunden, und dieses mit einer Ansammlung von Zeugen zu lange zurückliegenden Ereignissen zu stützen. Solche Beweise muss man mit großer Vorsicht annehmen. Die Annahme einer Neuerung, die von der Gewährung eines Patents ausgeht, kann durch nichts außer klaren und überzeugenden Beweisen abgelöst werden.“ An der von Richter Colt angemahnten Vorsicht hat es in Springe gefehlt.

Die beglaubigte Kopie der Sterbeurkunde Göbels findet man im Museum Springe. Dort heißt es auch, es existiere kein fester Grund, Göbel die Erfindung einer Glühlampe zuzuschreiben. Im Rathaus scheint man das zu ignorieren.

Der Uhrmacher „Mister Flaschenlicht“ der Legende war in Wirklichkeit der Schlosser „Henry Kegelschnecke“.

Das Patent ist im Internet abrufbar unter:
http://www.pat2pdf.org/pat2pdf/foo.pl?number=47632

Die falschen Tatsachenbehauptungen der Stadt Springe über Göbel sind im Internet abrufbar unter: http://www.springe.de/2-goebel-broschuere.php

  • Göbel Patent von 1865 : Verbesserung von Säumern für Nähmaschinen
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  • Detailzeichnung aus dem Göbel-Patent "Säumer" mit Unterschrift
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2 Kommentare

Huch, und immer noch keiner der hier was absolut dagegen zu schreiben hatte! Ich bin ja wirklich verblufft!

Und reserviere mir das schallende Lachen für den Moment, bei dem eine nächste Entdeckungen aus den tiefen der Archive auftaucht, die wieder was neues oder gar altes rund um die guten alten Heinrich verbreiten möchte...

1956-1960 habe ich noch im Heimatkundeunterricht gelernt(!), dass die Springer den Heinrich Goebel aus der Stadt vertrieben haben, weil er mit seinen Experimenten rund um das Licht den SPRINGERN wie ein Hexer erschienen sei, und so ein Teufelszeug wollte man in der Stadt nicht haben!

So kommt eben eines zum ganz anderen.

Da kann ich mich auch erinnern. Etwas später, rote Backsteinschule, Heimatkunde, Frau Dunz ; Da ging die Folklore so, dass Göbel rüber in die USA ist, um diesen Edison ordentlich zu vermöbeln und einen fulminanten Patentprozesssieg davontrug. Der Edison habe nur die Schraubfassung erfunden. Das Schlimme ist, dass die damaligen Lehrer diesen Blödsinn zum Quadrat selbst geglaubt haben.

Später musste ich als Schüler mit Klassenlehrer Wolfgang Lopau noch die Heinrich-Göbel-Oberschule in Berlin besuchen und beim Besuch der Osram-Werke in Berlin wurden die Angestellten von uns in Sachen Glühlampenerfindung zur wahren Religion bekehrt. Dafür schäme ich mich heute. In Sachen Göbel handelte es sich in Springe um fundamentalistische Religionsschulen. Heimatbindung wurde durch falsche Werte erzeugt, auch die Lokalzeitungen bastelten an dieser falschen Wertegebung mit. Ein Taugenichts wurde zum Idol aufgebaut und wurde die Symbolfigur der Heimatbindung.

Schuld an dieser Fehlleitung ist insbesondere das Rathaus von Springe. Deren Göbel-Propaganda hat die Grenzen der Meinungsfreiheit weit überschritten.

Im Museum Springe ist übrigens seit fast 10 Jahren der Lehrvertrag zwischen Schlossermeister Gerhard Linde und Heinrich Göbel von 1834 zu sehen. Das Springer Rathaus verkündet indes unbeirrt "Nach seiner Schulzeit trat er bei einem Uhrmacher und einem Optiker in die Lehre und erlernte beide Berufe."

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