Rendezvous mit Saiten
Die Augen liegen im Schatten der Hutkrempe. Der Blick ist starr auf ihren Hals gerichtet. Mit schneller Bewegung schiebt er den Filz in den Nacken. Tief atmet er die mit Zigarettenqualm geschwängerte Luft ein. Plötzlich packt er zu. Die sehnigen Finger seiner linken Hand umschließen ihren Hals mit gnadenlosem Griff. Die Fingerknöchel schimmern weiß, als Zeigefinger, Ringfinger, Mittelfinger und kleiner Finger ihre Position gefunden haben . Nur der Daumen scheint nicht mitzuspielen. Doch eine Hand kommt selten allein. Wie auf ein geheimes Kommando schlägt die Rechte zu. Ein mehrstimmiges Wimmern entflieht ihrem Korpus und verliert sich in dem Raum, in dem sich beide Körper miteinander vereint befinden. Die Augen geschlossen, lauscht der Greifer den klagenden Tönen, die sich im Orbit des Salons zum A-Moll vereinen.
So oder ähnlich beginnen Kriminalgeschichten, wie sie Lutz Biester gelegentlich beruflich erlebt. Tagsüber ist er Anwalt. Aber hängt die Robe erst am Nagel, schlägt sein Herz für die Musik. Schon früh kam Lutz Biester mit Musik in Berührung. Vater, Textilkaufmann, spielte Klavier und Akkordeon, Mutter Knopfakkordeon. Hausmusik wurde nicht gemacht. Erst in der Schule motivierte ihn ein Mitschüler, Gitarre zu lernen. Aus den Anfängen wurde Passion. Den Kick bekam er, als er Reinhard Mey auf einem Altstadtfest am Leineufer in Hannover life erlebte. „Ich war von seiner Art, Gitarre zu spielen und von seinen Texten begeistert“, sagt er heute. Beharrlich übte Biester komplizierte Zupftechniken, wie Mey sie beherrschte. Bei diesem Genre blieb er und orientierte sich nach Mey an der Musik von Wader, Degenhard, Liederjan, Lilienthal, Zupfgeigenhansel, an amerikanischer, irischer und schottischer Folklore.
Mitte der siebziger Jahre zeigte der NDR 3 die Sendung über einen Künstler, der Instrumente selber baute und diese auch spielte. Was der kann, kann ich auch, sagte sich Biester damals und begann in seiner Freizeit Instrumente zu bauen. Bis heute entstanden unter seinen geschickten Händen nacheinander zwei Dulcimer, zwei Radleiern, eine akustische Doppelhalsgitarre, zwei Westerngitarren, ein Mandolinenbanjo, eine Kentuckymandoline und eine Irish Bouzouki. An einer akustischen Jazzgitarre baut er gerade. Und so nebenher restaurierte er auch noch eine Mandriola und eine Mandoline.
Auch wenn sich das Leben des Multitalents um Musik im besten Sinne des Wortes dreht, der Mittelpunkt ist seine Familie, die viel Verständnis für sein klingendes Hobby aufbringt. Danach gefragt, wie viele Stunden er mit seinen Instrumenten verbracht habe, sagt er schmunzelt: „Meine Frau kann besser abschätzen, wie oft Sie allein vorm Fernseher saß, weil ich in der Werkstatt verschwunden war.“
Durch Ehefrau Susanne ist Biester an die angelsächsische Folklore herangekommen. Die musikalisch-folkloristischen Stilrichtungen pflegt der Anwalt aber nicht allein, sondern auch mit Freunden. Seine Gruppe hat sich den Namen SixPacks gegeben – sechs Musiker, für die Musik die Lust an der Freude ist. Was der Gruppe aber noch fehlt, ist das freie Spiel eines Geigers, der dem Folkloregenre zugewandt ist (bitte melden).
Wer abends aufmerksam durch Bad Münder oder Springe spazieren geht und beispielsweise „De Moel“, oder „I’m a Rover“, hört, kann sicher sein, dass das Lutz Biester und seine Freunde sind.
Abbildungen schwarzweiß. Fotografiert mit Panasonic DMC-FX 37, Programm SNC, Einstellung "Sandstrahl".
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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