Goldener Oktober in Springe
Besser hätten es die heimischen Kaufleute mit dem Wetter nicht treffen können. Ein spätsommerliches Hoch mit Sonne satt und milden Temperaturen bescherte der Springer Innenstadt einen Traum von Bauernmarkt. So belebt und besucht ist die Altstadt am Südhang des Deisters zwischen Niederntor und Oberntor selten.
Den Besuchern, die nicht nur aus dem Stadtgebiet kamen, sondern sich vor allem aus den Nachbarkommunen Pattensen und Bad Münder und auch aus Laatzen einstellten, hat es offensichtlich gefallen. Von Kuchen bis zu Kartoffelpuffern war an diesem Sonntagmittag für jeden Geschmack etwas dabei. So konnte daheim die Küche kalt bleiben, und die eingesparte Zeit investierten die Gäste in einen ausgiebigen Bummel über die Marktmeile vom Oberntor zum Niederntor und durch die anliegenden Geschäfte, die an diesem verkaufsoffenen Sonntag mit besonderen Attraktionen lockten.
An solchen Tagen gerät die Realität völlig in Vergessenheit, dass Springe in der äußersten südwestlichen Ecke der Region Hannover gelegen viele Tage im Jahr ein Schattendasein fristet. An solchen Tagen wirkt die bisweilen lethargisch anmutende Kleinstadt wie ausgewechselt: lebendig, gut aufgelegt, humorvoll, einfallsreich, gesprächig und herzlich offen. Wäre so ein Gewusel häufigfer im Jahr, müsste niemandem um den Bestand der Ladenvielfalt in der dreigeteilten Fußgängerzone bange sein. Die Leerstände in Eldagsens Langer Straße und im Stadtkern Bad Münders indes machen deutlich, wie bedrohlich die Konkurrenz des Online-Handels und die Geiz-ist-Geil-Mentalität für den herkömmlichen Einzelhandel werden kann.
Beratung und Service sind im Internet zumeist Fehlanzeige. Aber wer das Know-how der heimischen Geschäftsleute schätzt und den Umsatz dennoch wegen eines gewissen Preisvorteils dem Online-Handel zugute kommen lässt, muss wissen, dass er sich auf Dauer den Ast absägt, auf dem er sitzt, wohnt und lebt. Deswegen sollten die Menschen das Angebot vor ihrer Haustür nicht nur bei einem Bauernmarkt nutzen. Sonst bricht ein Mikrokosmos wie der einer so liebenswerten Stadt wie Springe irgendwann einmal unwiderruflich und irreparabel in sich zusammen. Zu so einem Mikrokosmos gehören nicht nur Klinikum, Berufsschule und Gymnasium, sondern auch eine Vielfalt an geschäftlichen Existenzen. Diese brauchen aber neben allem unternehmerischem Esprit, neben Innovationsfreude und Kundennähe auch eines: einen Gewinn, von dem sich vernünftig leben und überleben lässt.
Ein Kleinstadt ohne einen so gut funktionierendes Mikrokosmos wäre eine tote Kommune, eine Schlafstadt ohne Charme und Herz. Dies sollte sich jeder, der hier lebt und auch in Zukunft beheimatet sein möchte, bei jeder Kaufentscheidung bewusst machen.