Australien - der rote Kontinent (III)
Australien hat sich zu einem wichtigen Reiseziel deutscher Touristen gemausert. Australien, so groß wie Europa, hat rund 18 Millionen Einwohner. Rund 70 Prozent davon leben in den 10 großen Städten, die überwiegend an den Küsten gelegen sind.
Immer wieder zog es uns Down Under, wie die Australier ihr Land liebevoll charakterisieren. Natürlich machte ich auch während der folgenden Reisen Notizen, doch das erste Tagebuch blieb einzigartig.
Jetzt möchte ich die www.myheimat.de-Leser teilhaben lassen an meinen Impressionen. Was nicht beschrieben ist, wird durch Fotos ergänzt, die nicht kompatibel mit der Geschichte sind, gleichwohl Geschichten erzählen.
Australisches Tagebuch
von
Friedrich Schröder
Begegnung mit Frogmouth
Ich bin früh auf den Beinen, um die von Marianne versprochenen Kängurus sehen und fotografieren zu können. Vierzehn von den Weitspringern zähle ich in den Vorgärten am Geoffrey Thomas Drive. Sie lassen mich bis auf zehn Meter herankommen, dann hüpfen sie zwei, drei Sprünge weiter und halten mich so auf Distanz.
Das Frühstück nehmen wir auf der Terrasse ein. Die Natur singt. Die Stimmen von Loriekeets, Kakadus und Zikaden vereinigen sich zu einem stimmstarken gemischten Chor, dessen Gesang anscheinend nur einen Kookaburra stört, der die harmonische Melodie mit höhnischem, krächzendem Gelächter begleitet.
Nebenan wächst ein Haus in die Höhe. Die Fundamente für das nächste Haus sind gesetzt. Bald wird das Gelände am Geoffrey Thomas Drive zugebaut sein. Und die Kängurus müssen sich einen neuen Lebensraum suchen.
Heute steht Koalastreicheln auf dem Programm. Marianne und Monika sind schon ganz aufgeregt. Marianne zuliebe stelle ich im Auto die Klimaanlage an. Sonst fahre ich mit geöffnetem Fenster – von wegen der Gesundheit. Die Strasse ist ordentlich, keine Baustellen, sie macht wenig Kurven.
Es mehren sich die Hinweisschilder, Pause zu machen. Nach nur 50 Kilometern werden mir die Augenlider schwer. Wir halten an, um frische Luft zu schnappen. Es ist heiß. Der Schweiß rinnt. Es ist müßig darüber nachzudenken, wie warm es ist.
Auf der Weiterfahrt muss ich mich zusammenreißen, nicht schneller als 100 kmh zu fahren. Wie zur Erinnerung blinkt mich ein Entgegenkommender an und kurz darauf folgt ein Polizeiwagen mit Messeinrichtung auf dem Armaturenbrett. Die messen dich beim Entgegenkommen.
In Rockhampton, der Viehzüchterstadt von Queensland, halten wir kurz am Infocenter an. Hier befinden wir uns unter dem Wendekreis des Steinbocks, wie eine Skulptur bestätigt. Monika ist ein Steinbock, ein Capricorn. Zwei nette ältere Damen nehmen mit uns das Gespräch auf. Sie freuen sich, dass wir aus Deutschland zu Besuch sind und bedauern es, dass wir nicht in ihrem Ort bleiben.
In Yepoon nutzen wir die Pause, um die Füße in den Pazifik zu stecken, die auslaufende Brandung an den Beinen auflaufen zu lassen. Ein Gedicht.
Wir nähern uns dem Cooberrie Park mit seinen Koalas. Endlich darf ich den fast abgestorbenen Fuß vom Gaspedal nehmen. Ab 13.00 Uhr kann man hier Koalas auf den Arm nehmen. Wir haben noch Zeit und machen einen Rundgang durch den Minizoo. Kängurus nuckeln an Monikas und Mariannes offenen Händen, in denen Futter liegt.
Das faszinierendste Tier ist jedoch der Frogmouth (Froschmaul), ein Vogel, der aussieht wie ein dreißig Zentimeter langes, abgebrochenes und verwittertes Rundholz, dessen Enden zersplittert sind. Ihn kann nur erkennen, wer ihm in die Augen sieht.
Punkt 13.00 Uhr kommt der Boss der Anlage und trägt den ersten Koala aus seinem Gehege. Eine Holländerin bekommt ihn in die Arme. Der Boss gibt Instruktionen, wie die Koalas zu halten sind. Eine Hand unter dem Hintern, nicht so wie ein Baby halten. Der nächste Koala landet an Monikas Schulter. Knips, knips. Er wandert weiter in Mariannes Arme. Die Arme. Sie hat wohl auf den Spülknopf gedrückt und ein Strahl reines Eukalyptusöl benetzt ihre Bluse. Eukalyptusbonbons kommen gleich hinterher.
Wer hat schon einmal einem Emu in den Schnabel geschaut? Man glaubt, man blickt in ein 3/4”-Rohr.
Wir verlassen den Zoo und verfahren uns. Dabei kommen wir an einem überfahrenen Känguruweibchen vorbei – wenige Meter weiter liegt das Junge. Zurück in Tannum Sands verabschiede ich mich für einen Augenblick – ich muss einen Moment allein sein.
Es ist nicht weit bis zur Küste. Auf dem Weg dorthin komme ich an einem anderen Baugelände vorbei. Hier weiden 21 Kängurus – fünf davon sind noch sehr klein. Sie lassen sich durch mich nicht stören. Das ist gut so. Denn lange werden sie ihre Weide wohl nicht mehr behalten können, die Baukolonnen warten schon. Nach einer 3/4 Stunde bin ich durchgeschwitzt zurück. Duschen und los ist die Devise, nach Gladstone ins Flinders, einem Fischspezialitätenrestaurant. Monika isst Barramundi, Marianne Red Emperor, Helmut Honey Bugs (kleine Langusten) und ich eine Fischsuppe und anschließend Bugs, Prawns und Caesarsalad.
Pause vor dem großen Run
Wir machen einen Stadtbummel durch Gladstone. Einem Ort mit Hafen und einer Aluminiumhütte. Am Yachthafen sehe ich Fischdampfer und schliesse daraus, dass auch hier eine Fischereigenossenschaft zu finden sein müsse. Wir erstehen zwei Langusten, 1 Pfund King Prawns, etwas Reef Trout und ein Stück Sweet Lipfish. Sie wandern mittags auf den Grill. Danach ist Strand angesagt.
Auf dem Weg dorthin sehen wir einen fliegenden Fuchs, der tot in einer Niederspannungsleitung hängt. Im ufernahen Gesträuch jede Menge Rainbow Lorikeets, die auch in großen Schwärmen über uns hinweg- und herumfliegen.
Die Wellen des Pazifik treffen hart: Das Wasser ist sehr salzig. Ich schaue den Beachboys beim Surfen zu. Das ist einfacher. Dennoch beneide ich sie um ihren ungezwungenen, unbeschwerten Umgang mit dem Surfbrett und der Dünung.
Meile um Meile Langeweile
Dienstag, Abfahrtstag. Marianne drängt zum Bleiben. Indes, an Tagen zurückgerechnet bleibt uns aber keine andere Wahl als die Weiterreise, denn wir wollen zum Great Barrier Reef und an das Ende des Regenbogens im Regenwald nördlich von Cairns. Und schließlich wartet am kommenden Sonntag das Flugzeug nach Alice Springs auf uns.
Wir sind jetzt auf dem Bruce Highway. Links und rechts Bananenplantagen, Papayaplantagen, Mangoplantagen und unendliche Felder mit Sugar Cane, dem Rohrzucker. Die Pflanzen des Rohrzuckers sehen so aufregend aus wie bei uns der Mais.
Ich denke, dass es klüger und bequemer gewesen wäre, nach Cairns zu fliegen. Aber erst wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man klüger. Also lautet das Motto: Kilometer fressen. Aber aufgepasst. Die Warnschilder mehren sich. Jedes hat einen anderen Inhalt aber die Botschaft bleibt dieselbe:
Rest if sleepy
Break the drive stay alive
Don’t sleep and drive
Take a rest and refresh
Survive this drive
Rest stop or dead stop
Ich nehme diese an Deutlichkeit nichts übrig lassenden Hinweise ernst und lege viele kurze Pausen ein.
Als wir Ayr erreichen, habe ich rund 800 Kilometer hinter mir. Monika hält mich bei Laune, sie reicht mir Wasser, wenn ich durstig bin, sie schält mir einen Apfel, wenn ich hungrig bin. Mein linkes Auge spielt nicht mehr mit. Es schmerzt. Wir wollen in Ayr bleiben, um am nächsten Tag die restlichen 400 Kilometer bis Cairns zu fahren. Aber wo sind wir?
In Sugar Cane Town, im Zentrum der Zuckerverarbeitung. No Vacancy, No Vacancy, lesen wir über den Eingängen der Motels. Es scheint, dass gerade eine Zuckerkampagne stattfindet. Aber ein Motel ist noch nicht belegt. Wir fragen nach einem Zimmer und erhalten ein freundliches tscheis (yes) zur Antwort. Would you loiike (like) to eat or sometheiing (something) else?
Bei aller Herzlichkeit, das Umfeld erlaubt die Nachfrage, ob das Zimmer auch Dusche und WC habe. No! Nein danke. Inzwischen ist es stockfinstere Nacht. Wir fahren weiter.
Hinter Ayr lasse ich mich von einem Stationcar mit einem riesigen Fanggitter vor dem Kühler überholen. Ich bleibe hinter ihm. Von wegen der Nachtwandertiere. Im halsbrecherischen Tempo fahren wir nach Norden. Insekten so groß wie Kolibris zerplatzen mit lautem Knacken an der Windschutzscheibe. Riesige Roadtrains kommen uns entgegen.
Nach Norden fährt außer meinem Wellenbrecher und mir keiner mehr. Irgendwann kommen wir in Townsville an. Ein schöner Ort. Sehr einladend. Auf einem am Ozean gelegenen Hügel finden wir das Motorway Inn. Das Zimmer kostet 60 A$.
Wir laufen noch einige Schritte. Das tut gut. Inmitten von Bankgebäuden, Bürohäusern und Hotels entdecke ich ein Geisterhaus. Ein Gebäude mit 9 Stockwerken. Komisch, nur in den Mittelvertikalen Balkonbegrünung und Balkonbeleuchtung. Ist das etwa ein kombiniertes Wohn- und Bürogebäude? Anderentags entpuppt es sich als ein geschickt kaschiertes, liebevoll in das Stadtbild integriertes Parkhaus.
Der Hunger treibt uns weiter. In einem Hotelrestaurant bekommen wir etwas zu essen. Monika bestellt Sparerips und ich entscheide mich für ein Filetsteak ‚Medium‘.
Monikas Essen ist in Ordnung. Was ich bekomme, ist schlicht ?!$§@{}[]*!!. Verbrannte Zwiebeln, ein Steak, Extra Well Done.
Ich beschließe, keinen Streit zu machen. Denn ich will nicht mehr warten, ich habe jetzt Hunger. Ich esse das Zeug mit Widerwillen. Beim Abräumen fragt die Kellnerin so nebenher, ob es denn geschmeckt habe. Meine Erwiderung fällt entsprechend zynisch aus: I’m sorry I wouldn’t complain but the onions were burned and the Steak seemed to be leather. Sie entschuldigt sich. Danach erscheint die Restaurantmanagerin und entschuldigt sich ebenfalls. Ihr sei der durchdringende Geruch aufgefallen, sagt sie. Ich frage mich, warum sie das Zeug dann nicht zurückgehalten hat. Ich brauche für mein Essen nicht zu bezahlen, bekomme noch ein Bier extra und bin satt.
Japaner als Wirtschaftsfaktor
Die 300 Kilometer bis Cairns sind im Vergleich zum Vortag ein Klacks. Im Tradewinds bekommen wir ein Apartment für vier Tage für nur 160 A$. Wir erkunden die Stadt bei Sonne und bei Regen. Überall Japaner.
Die japanischen Touristen sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Australien. Trotzdem sind sie nicht besonders beliebt. Das erleben wir in einem Pub am Hafen, in dem wir uns studienhalber aufhalten. Als sich gerade ein Schwall von Japanern vom Schiffsanleger auf die Straße vor der Kneipe ergießt, skandiert ein Australier im Pub ”Bonsai go home”. Man kann darüber denken, wie man will, das haben die Japaner nun wirklich nicht verdient.
Blaue Seesterne, und die Tentakeln der Seeanemonen
Heute werden wir am Hotel zu unserer großen Great Barrier Reef Erlebnistour abgeholt. Ich bin schon um 7.00 Uhr auf und schreibe den Reisebericht der letzten zwei Tage. Ich sitze auf dem Balkon. Vor meinen Augen der Pazifik. Um mich herum der Sound der Natur. Es ist die Wet Season, also die Regenzeit in Australien. Darauf bin ich eingestellt. Aber es verspricht, ein schöner Tag zu werden.
Pünktlich werden wir abgeholt. Am Hafen erwartet uns ein Katamaran der Sunlove Line. Auch hier dominieren Japaner. In Gruppen sind sie wie eine Kompanie befohlener Infanteristen, die geschlossen auftreten und alles platt trampeln, was sich ihnen in den Weg stellt. Das Verhältnis von Japanern zu Passagieren aus dem Rest der Welt ist auf dem Schiff ungefähr 10:1.
Wir sichern uns auf dem Oberdeck einen Platz. Als erstes läuft unser Schiff Fitzroy Island an. Ein Teil der Passagiere steigt hier aus, um zu baden. Auf der Rückfahrt wird das Schiff sie wieder an Bord nehmen. Fitzroy Island ist eine kleine Felseninsel mit Regenwald und einem kurzen Strand, der statt Sand aus angetriebenen kleinen Korallen besteht. Man kann sich hier auch für einige Tage in einer Lodge einmieten. Zum Meditieren hervorragend geeignet.
Am Horizont erhebt sich der Mooring aus dem Wasser. Das ist ein Ponton, das am Great Barrier Reef verankert ist. Unser Katamaran macht daran fest. Wir nehmen fast alles mit, was man uns bietet: Glasbottomboat, Submarine, Snorkel.
Das Schnorcheln fesselt mich, denn ich habe es noch nie getan. Die Unterwasserpracht, die sich mir erschließt, werde ich nicht so schnell vergessen. Schade, dass Monika wegen ihrer Brille nicht schnorcheln kann. Heute bleibt ihr die Korallenwelt des Riffs mit rund 200 verschiedenen Korallen und rund 1.500 Fischarten verschlossen. Nächstes Mal wird sie eine entsprechende Taucherbrille dabei haben.
Buntes Treiben unter und über Wasser. Hubschrauber, die auf einem separaten Ponton landen, und Wasserflugzeuge bringen Passagiere, denen die Bootsfahrt zu lange dauert. Das Buffet gibt einiges her. Monika und ich konzentrieren uns derweil auf King Prawns, die in riesigen Schalen auf dem Buffet angerichtet sind. Vier Stunden sind wir auf dem Ponton.
Es ist Zeit für die Rückfahrt. Der große Zählappell steht an. Alle Passagiere werden unter Deck gebeten. Einige begreifen die Lautsprecherdurchsagen nicht. Und als ein Besatzungsmitglied versucht, einer Japanerin auf Englisch zu erklären, was es mit dem Zählappell auf sich habe, wirft eine Argentinierin ganz trocken ein: Don’t speak English with her, talk Japanese, she can’t understand anymore. Recht hat sie.
Auf der Fahrt zum Hotel entdecken wir einen irischen Pub. Auf einem Poster verspricht es ein Drei-Gänge-Menü. 1. Gang 1 Guinness, 2. Gang 1 Steak, 3. Gang 1 Guinness. Wir betreten den Pub, als es plötzlich wie aus Eimern zu schütten beginnt. Es ist angenehm, ein Dach über dem Kopf zu haben. Im Pub buntes Treiben. Etwas fehlt. Folkmusic. Auf meinem linken Ellenbogen schwillt ein einzelner Insektenstich.
Ich gerate ins Grübeln ..........., da war einmal ein kleiner Junge, sagen wir mal, er hieß‚ Jung ‚Fritzchen‘. Eines Tages, es ist auf dem Bauernhof seines Onkels, fällt er in einen Trog, der mit Insektenvernichtungsmittel gefüllt ist. Sein ganzer Körper wird vom Insektizid benetzt bis auf eine mikroskopisch kleine Stelle am linken Ellenbogen, weil sich dort ein Staubkörnchen festgesetzt hatte. Der Onkel fürchtete, seinen Neffen vergiftet zu haben. Doch Fritzchens Eltern beruhigen ihn. ”Das hat vielleicht auch sein Gutes.”
So wächst Jung Fritzchen heran, wird Fritz und Friedrich. Sein Leben lang tun ihm die Insekten nichts zuleide. Bis er eines Tages einen langen Urlaub macht. In Australien. Irgendwo auf der Strecke zwischen Gladstone und Townsville muss eine Mücke namens Hagen die verwundbare Stelle an Friedrich gefunden und zugestochen haben. Seither ärgert ihn eine Schwellung am linken Ellenbogen.
Känguru Serienproduktion
Riding the Kuranda Rail from Cairns up into the rainforest covered mountains of the Great Dividing Range, the views of the coast are superb. The train ventures on past the spectacular Barron Falls and to the greenest station in the country with its tropical ferns and quaint village architecture. The village itself is a small gem surrounded by rainforest with a lot of attractions.
Die Fahrt mit der historischen Eisenbahn nach Kuranda ist heute Programm. Die Bahn wurde gebaut, um Holz aus dem Regenwald zu Tal zu bringen. Muss für die Streckenarbeiter eine tierische Arbeit gewesen sein. Regen, hohe Luftfeuchtigkeit, Schlangen, Spinnen und wer weiß, was sonst noch.
Während der Fahrt muss ich an die Bedeutung der Regenwälder für unser Klima denken. Widerstreitende Gefühle. Grüne Hölle, oder Kohlendioxidsenke, Lebensraum, Überlebensraum, Erlebnisraum, oder Albtraum, ich weiss das nicht zu beantworten. Aber man wird immer kleiner, je
weiter die Klapperfahrt auf den Schmalspurgleisen geht. Endlich, nach etwa 1 3/4 Stunden kommen wir in Kuranda an. Kuranda ist ein Begriff aus der Aboriginessprache. Er bedeutet „At the end of the rainbow“ – Am Ende des Regenbogens.
An der Station wartet unser Bus. Wir machen eine Rundfahrt durch den Ort, der ganz auf Touristen eingestellt ist. Gehege mit den Vögeln des Landes, mit Schmetterlingen und mit Nachttieren sind interessante Ziele in Kuranda. Aber auch ein großer Markt ist am Ort. Bumerangs, Didgeridoos, Hüte, Klanghölzer und zeitgenössische Kunst kann man hier kaufen.
Der Busfahrer gibt uns einige erklärende Hinweise. On the left and right you have a closer look at the nickinick shops of Kuranda as colourful as the end of the rainbow seems to be.
Am Ende des Regenbogens ist eine Bootsfahrt auf dem Barron River eingeplant. Sie dauert aber nicht lange, denn ein Kraftwerkswehr riegelt den Fluss bald ab. Der Bootsführer hat einige Vorzeige-Enten und Vorzeige-Schildkröten, die dankbar den Brotkrumen, die er ins Wasser wirft, nachfliegen oder entgegenschwimmen.
Das nächste Ziel unseres Tagesausflugs ist ein Zoo namens Wild World. Auf einer Showbühne tanzen Aborigines. Ich verzichte darauf und schaue lieber bei den Kängurus rein, von denen zwei Damen sichtlich stolz ihre Jungen offen im Beutel tragen.
Das Verhältnis der Aussis zu ihrem Wappentier mutet auf den ersten Blick paradox an. Mit der Kolonisierung des Landes bereiten sie den Hüpfern den Tisch. Sie legen Viehtränken und Weiden an. Die Kängurus vermehren sich wie die Karnickel. Die Bedeutung des Beutels geht mir erst auf, als ich darüber lese.
Bei Interesse weiterlesen. Also: Da wird die Känguru-Mama geschwängert. Dann kommt der Fötus zur Welt, schlüpft in den Beutel und hängt sich darin an die Mutterbrust. Währendessen wird sie wieder geschwängert, und wieder kriecht der Fötus in den Beutel. Jetzt sind schon zwei darin. Mami sagt zu Pappi, halt dich ran. Und schon ist sie wieder schwanger. Das ist ein immerwährender Prozess. Das sind im Durchschnitt drei Junge pro Jahr.
Die früheren natürlichen Feinde der Kängurus waren Dürre und Wassermangel. Mit den Tränken und Weiden jedoch ist der Tisch für Beuteltiere das ganze Jahr über gedeckt. Ihre Menge hat sich verdreifacht. Wen wundert da, dass die Australier ihr Wappentier quotierten. Gefühlsduselei ist fehl am Platz. Auch in Deutschland gibt es Wappentiere, die gnadenlos geschlachtet und gegessen werden. Etwa der Bulle.
Alligatorfütterung. Bündel von weißen, toten Hühnern in den Händen von zwei ausgemergelten, knorrig wirkenden Aussis. Am imponierendsten sind die riesigen Salzwasserkrokodile. Sie leben hauptsächlich in den Flussmündungen. Wie wendig und schnell diese Kolosse sind, wird bei der Fütterung deutlich.
Die Zoowärter schlagen die ohnehin schon toten Hühner auf dem Boden der Krokodilgehege noch einmal tot. Mit den Schlägen werden die träge daliegenden Echsen wach und schießen förmlich auf die Wärter zu, die ihnen die Kadaver in die aufgerissenen Rachen werfen.
Ich will mir Bemerkungen zur Vermarktung von Wildlife verkneifen. Wenn es denn den ”J” Spaß macht, sich mit einem Koala auf dem Arm vor einer Regenwaldkulisse oder Seite an Seite mit einem Aboriginal und einem Wombat auf dem Schoss fotografieren zu lassen, dann sollen sie doch. Jeder hat die Freiheit, das zu tun, was er will. Und Monika und ich nehmen uns die Freiheit, am nächsten Tag noch einmal zum Great Barrier Reef hinauszufahren.
Wie ein Brauereipferd
Es ist schön, nicht auf den Pfennig gucken zu müssen. Deshalb buchen wir die Great Barrier Reef Tour noch einmal. Wir stehen vor dem Hotel, warten auf den Bus, der uns abholen soll. Die Tür des Busses öffnet sich und der Fahrer fragt, You are Mr. and Mrs. Friedrich? Ja, wir sind es.
Wir steigen in den Bus. Er ist gerammelt gefüllt mit Japanern. Wir schieben uns nach hinten durch. Plötzlich springen zwei, drei Japaner auf und bieten uns ihren Platz an. Dieser Vorgang rüttelt an meiner Vorurteilsstruktur. Muss ich mein Vorurteil, demzufolge Japaner in Gruppen eher egoistisch auftreten, jetzt revidieren? Was für ein Tag – unter diesem Vorzeichen kann es nur ein guter Tag werden.
Auf dem Katamaran kennen wir uns ja schon aus. Wir entern wieder das Oberdeck. Da sind aber schon alle Bänke besetzt. Egal, Hauptsache, der Dampfer fährt zum Riff.
Als die erste Gischt über die Verschanzung spritzt, haben wir unsere Sitzplätze auf dem Oberdeck wieder. Hier werden wir von einem Besatzungsmitglied angesprochen. Seinem Namensschild entnehmen wir, dass er Tauchlehrer ist. Er fragt uns, ob wir tauchen möchten. Wegen meines Blutdrucks kommt das für mich nicht in Frage. Richard ‚Dick‘ McGregor, der Tauchlehrer, überzeugt Monika davon, dass es auch Taucherbrillen für Kurzsichtige gibt. Gebongt.
Gleich nach Fitzroy Island beginnt die theoretische Unterweisung. Mit Monika sind noch ein Franzose, ein Österreicher und noch ein Österreicher, der seit 20 Jahren in Brisbane lebt, in der Gruppe. Die Unterweisung lässt keine Fragen offen, alles ist klar und ich bin neidisch auf Monika. Muss ich das? Ich kaufe mir eine Unterwasserkamera für 24 A$, lege mir eine Schnorchelausrüstung an.
Am Riff ist eine Stelle, wo in etwa 10 Meter Tiefe ein Barren im Grund verankert ist. Das habe ich tags zuvor gesehen. Und dass sich die Tauchschüler daran festhalten während der Tauchlehrer Fische füttert.
Ich liege mit meiner Unterwasserkamera auf dem Wasser. Bunte Fische um mich herum. Es naht die Gruppe Japaner mit ihrem japanischen Instructor. Ich erkenne ihn an seinem bunten Tauchanzug mit dem großen Riss am linken Bein.
Ich muss noch eine Weile auf Monikas Gruppe warten. Die Zeit vertreibe ich mir, indem ich versuche, Fische zu streicheln. Vor dem Hintergrund des Korallenriffs mit seiner Artenvielfalt und Farbenpracht hat die Natur noch einen draufgesetzt: Fische, schillernd, farbenprächtig und mit pittoresken Formen, schwimmen an mir vorbei. Sie ignorieren mich. Da sind solche mit riesigem Kopf und kurzem Körper, gescheckt wie Leoparden. Da sind andere, die sind schlank, etwa 30 Zentimeter lang und haben Nasen, die etwa ein Drittel der Körperlänge ausmachen. Da sind die Papageienfische, die mit ihrem kräftigen Maul an den Korallen knabbern. Aber da sind auch die ganz kleinen Fische, die mit ihren fluoreszierenden Kleidern die großen Fische an Schönheit noch zu übertreffen scheinen.
Wo bleiben meine Taucher, wo bleibt Monika? Da erscheinen Schemen in der Tiefe, meine Tauchschüler schwimmen eingehakt nebeneinander, über ihnen der Tauchlehrer. Ich zähle die Köpfe, da fehlt doch einer, erleichtert mache ich die blonden Haare von Monika aus. Man sieht Monika die Begeisterung an, als sie wieder aus dem Wasser steigt.
Abends gehen wir noch zum Pier. Das ist ein riesiger Einzelhandelsmarkt direkt am Hafen. In dem Komplex ist auch das SAS Radisson untergebracht. Wir haben uns ein bisschen hübsch gemacht, denn es ist unser letzter Abend in Cairns. Wir schreiten die Uferpromenade entlang. Schreiten ist richtig, denn eine schnellere Gangart ist schweißtreibend. Nun ja, wir gehen also die Promenade entlang, da werden wir mit einem Mal von Myriaden fliegender Ameisen umschwärmt. Wen suchen die sich aus? Mich! Vielleicht, weil sie meine sandfarbene Hose mögen, oder mein schreiend buntes Hawaii-Hemd.
Meine bunte Uniform ist also Landeplatz dieser netten Tierchen. Zur Freude der Australier tanze ich auf der Promenade herum, versuche mit wedelnden Armen, mich der Ameisen zu erwehren, keine beißt mich. Wie war das mit ‚Jung Fritzchen‘?
Der Bummel durch die Ladenwelt ist recht lustig. Vor allem fällt ein Shop auf, in dem es die Clubuniformen der Haifischringer zu kaufen gibt. Etwa T-Shirts, die an der linken Brustseite den Bissabdruck von einem Hai aufweisen, mit von Blut getränkten, gezackten Rändern.
Dazu gibt es natürlich auch eine Clubmütze, in dessen Schirm ein Hai seinen blutigen Gebissabdruck gestanzt hat usw. usw.
Wir gehen weiter zum Pub am Hafen. Drei Musiker – Keyboard, Gitarre und Saxofon – spielen live australischen Blues. Schummrige Baratmosphäre gibt es nicht. Der Pub ist grell ausgeleuchtet. An den Tischen stehen die harten Typen mit Tätowierungen an Köpfen, Armen und Beinen und wer weiß wo sonst noch. Ein Typ fällt besonders auf: blondes, verfilztes langes Haar, eine zerrissene, sonnengebleichte Jeans über dem mageren Hintern, mit entrücktem Ausdruck in den tiefblauen Augen, in deren Iris sich das Label von Fosters Lager widerspiegelt.
Mein Blick schweift beobachtend umher, als Monika an meinem Ärmel zupft und dabei nach draußen zeigt. Wir sitzen nämlich an einem der weit geöffneten Fenster, Miefquirle an der Decke verteilen die verbrauchte Luft. Aber am Fenster bekommt man davon nur noch die Hälfte ab. Nicht dass Monika kiebitzt. Nein, alles tut sie, nur das nicht. Sie schaut auch schon weg, während ich hinausschaue.
Da steht doch dieser blonde Aussi, einen Laternenmast im Arm, am Bürgersteigrand und pinkelt, nein er pisst wie ein vollgetanktes Brauereipferd im hohen Bogen in den Rinnstein. Ohne Ende, wie Johannes stets zu sagen pflegt.
Wer hat eigentlich festgelegt, dass Frösche oder Kröten zu hüpfen haben? Das Gegenteil haben wir erlebt, denn hier gibt es eine Krötenart, die Cane Toad, die nicht nur weit spucken, sondern auch rennen kann wie ein Windhund. Muss zu Hause mal im Brehm nachlesen, was es damit auf sich hat. Eines ist aber klar: In Australien ist alles anders, ist alles größer, ist alles heißer, ist alles Nasser, fliegen die Füchse, statt zu laufen, nimmt der Stress mit Entfernung und Zeit rapide ab.
Australien tut gut und lässt die Alltagssorgen schnell vergessen. The real Australia with mile upon mile of untouched bushland and wide open spaces, spectacular flora, dramatic sunsets, kangaroos, crocodiles and a myriad of birdlife. Diese etwas romantische Verklärung der Wirklichkeit ist poetisch betrachtet ein Meisterwerk an Kurzprosa. Auch wenn die Wirklichkeit anders ist, ich schließe mich dem trotzdem an, denn man sieht, fühlt, erfasst, begreift nur das, was man selbst wahrnehmen will.
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.