Die Wahrheit über die Burg Steinbrück
Am 13.01.2018 war in der Braunschweiger Zeitung zu lesen, dass am 15.01.2018 im Kreismuseum Peine ein Vortrag über die Burg Steinbrück gehalten werden solle. Der Zeitungsartikel war betitelt „Die Wahrheit über Burg Steinbrück– Vortrag von Harry Willich“.
Über diesen Vortrag berichtete die Peiner Allgemeine Zeitung in ihrer Ausgabe vom 18.01.2018 unter dem Titel „Burg Steinbrück: Mittelalterliche Anlage oder Wirtschaftsbetrieb“.
Leider konnte ich mir den Vortrag nicht anhören, beurteile aber die in den Zeitungsartikeln zu lesenden Aussagen des Referenten äußerst kritisch.
Nicht erst im Zeitalter der Fake-News stellt sich die Frage nach der Wahrheit. Schon Pontius Pilatus sagte: „Was ist Wahrheit?" (Joh. 18,38).
Harry Willich scheint die Wahrheit zu besitzen, denn er behauptet, dass aus Lüntzels Buch „Geschichte des Schlosses Steinbrück“ (herausgegeben 1851) „die Lügen nur so herausflutschen“ (Zitat PAZ).
Ein seriöser Geschichtsfreund sagt so etwas nicht, besonders dann nicht, wenn seine Behauptungen unbewiesen sind und auf tönernen Füßen stehen.
Hermann Adolf Lüntzel war Justizrath zu Hildesheim. Aufgrund der juristischen Ausbildung darf man ihm ohne weiteres unterstellen, in der Lage gewesen zu sein, sachorientiert, zielgerichtet, gründlich und genau zu recherchieren. Dass er akribisch und seriös arbeitete, beweisen die vielen Fußnoten, in denen er auf die von ihm verwendeten Zitate und Quellen verwies.
Ob die Burg Steinbrück „ursprünglich ein Kastell“ war (wie behauptet), hängt von der Begriffsdefinition ab.
Bei den antiken Römern galt als Castrum (Plural Castra, Verkleinerungsform Castellum) ursprünglich ein Militärlager, das nach ganz bestimmten Vorgaben erbaut wurde. Daraus entwickelte sich zu späterer Zeit ein bestimmter Burgentyp, die Kastellburg.
So etwas war die Burg Steinbrück mit Sicherheit nicht, als GerhardEdler von dem Berge, Bischof von Hildesheim, sie nach der siegreichen Schlacht bei Dinklar (03.09.1367) zum Schutz seines Stiftes in Auftrag gab. Die Burg wurde noch vor 1391 im Grenzbereich des Stiftes an strategisch wichtiger Stelle im Amte Peine am Fuhseübergang bei Steinbrück errichtet.
Über das damalige Aussehen der Burg gibt Lüntzel keine nähere Auskunft. Er schreibt u.a. „Auch soll der Bischof, das Schloss, welches von Hans von Schwichelt nicht vollendet sein muss, bauen…“. Das war im Jahre 1394. Demnach wurde zu dieser Zeit immer noch (oder schon wieder) an der Burg (dem Schloss) gebaut.
Das Anwesen wurde sehr häufig verpfändet.
Die Pfandnehmer waren verpflichtet „die Gebäude des Schlosses an Zäunen, Wänden, Dächern und Grundmauern in Besserung zu erhalten …“.
Trotzdem war innerhalb von drei bis 4 Jahrzehnten nach der Erbauung „ …. das Haus und Schloss Steinbrück fast wüste und baufällig geworden“, ein Indiz dafür, dass die Anlage möglicherweise nur aus Gräben, Wällen, Palisaden und einfachen Gebäuden bestand.
Im Jahre 1421 beauftrage das Domkapitel den Dompropst folgende Bauten zu Steinbrück herzustellen: „Ein hölzernes Werk auf das Steinwerk, an welches die Zugbrücke schlägt von 8 Spannen, die Ständer 14 Fuß hoch, und er soll es machen mit einem Überhange wie Herrn Siegfrieds von Rössing neuer Bau ist auf dem Hofe zu Rössing und soll das decken mit Schiefersteinen und Döneken und darauf machen ein Estrich und Böden, Treppen Fenster und Türen, Schornsteine und ein heimliches Gemach. Ferner soll er bauen einen Bergfried bei der vordersten Brücke von 3 Spannen die Ruthe von 24 Fuß und soll den setzen auf Pfähle (pilotiren) und Grundmauern und soll ihn fertig machen zur Wehr und ihn decken mit einem halben Ziegeldache und dabei setzen einen Hammer woran die Zugbrücke schlägt und die Brücke gleichfalls in den Stand setzen, ebenso den Zaun außen bei der Fuse und den Zaun in dem Vorwerke der da verbrannt ist“.
Somit dürfte die Anlage frühestens ab dem Jahre 1421 in einen Zustand versetzt worden sein, der dem damaligen Sicherheitsbedürfnis entsprach.
Bischof Magnus übertrug im Jahre 1425 „Schloss und Veste“ Steinbrück dem Domkapitel zu eigen, welches „dasselbe Schloss auf seine eigenen Kosten und Arbeit gemauert, gebaut und gefestigt habe“. Darüber hinaus beurkundete der Bischof, dass er dem Domkapitel auch „das Halsgericht überlasse und alles Gericht, höchstes und niedrigstes“.
Gleichzeitig übertrug er dem Domkapitel so viel Land, dass darauf „eine Stadt oder ein Weichbild“ errichtet werden kann und gibt dazu in Kraft desselben Briefes Stadtrecht und Marktrecht“.
Dieses geschah aber nicht in der Absicht, einen Wirtschaftsbetrieb zu gründen, sondern weil Burgen und Schlösser für sich allein nicht existieren konnten. So auch die Burg Steinbrück.
Um ihre militärische Aufgabe erfüllen zu können, brauchte die Burg Bauern, Handwerker und Dienstleister. Diese Leute siedelten sich dort an aus Schutzbedürfnis und/oder weil sie sich gute Verdienstmöglichkeiten erhofften.
Darüber hinaus bemühte sich das Domkapitel in der Steinbrücker Umgebung durch Ankauf von Land, Zehnten und Zinsen vom Bischof möglichst unabhängig zu werden. Dieses Bestreben führte dann durch den Erwerb der Go Eggelsen und der Abtretung von Teilen des Amtes Peine zur Bildung des Amtes Steinbrück (um 1449).
Seit den Anfängen hatte sich die Steinbrück (umgeben von Fuhse, Wällen und Gräben) zu einer stattlichen Burg entwickelt. Ein im Jahre 1449 erstmals erwähntes Vorwerk (Vorburg) bestand aus Wirtschaftsgebäuden, die bei jedem feindlichen Angriff in Flammen aufgingen.
An kriegerischen Handlungen hat es im Laufe der Jahrhunderte nicht gemangelt.
Als Hildesheimer Grenzfeste war sie ursprünglich gegen das Herzogtum Braunschweig gerichtet. Zum Ende der Stiftsfehde gelangte sie im Jahre 1523 mit dem Amt Steinbrück unter die Herrschaft der Braunschweiger Herzöge und sicherte von da ab bis zum Jahre 1643 die Grenze zum bischöflichen Amt Peine.
Ihre heißeste Phase erlebte die Burg in der Stiftsfehde und darüber hinaus während der Herrschaft von Herzog Heinrich dem Jüngeren. Sie wechselte mehrfach den Besitzer, wurde belagert, zerstört, geschleift, immer wieder aufgebaut und stärker befestigt.
Abgesehen von dem vermeintlichen Schutz hatten die Bewohner der umliegenden Dörfer durch die Burg keine Vorteile. Im Gegenteil. Durch Frondienste wurden ihnen ständig erhebliche Leistungen abverlangt. Der Unterhalt der Burg, ihr laufender Betrieb, die Verstärkung der Festungsanlagen und die häufigen kriegerischen Aktivitäten verschlangen erhebliche Mittel. Geld war mit der Burg nicht zu verdienen.
Nach Herzog Heinrichs Tod im Jahre 1568 wurden die Zeiten etwas ruhiger. Aber auch dessen Nachfolger, Herzog Julius, setzte den Ausbau der Festung mit großem Aufwand fort. So ließ er im Jahre 1573 einen ca. 24 m Hohen Festungsturm (Zwinger) errichten. Namen und Zweck des Bauwerks bezeugt eine heute noch vorhandene steinerne Tafel wie folgt (modernisierter Text):
„Anno 1573
Der Kehrwieder bin ich genannt.
Herzog Julius, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg bin ich bekannt.
Sein fürstliche Ganden haben mich lassen bauen.
Wer mich angreift, es könnte ihm gereuen.
Denn ich bleibe in allem standfest wie eine steinerne Mauer“.
Harry Willich sieht darin aus unverständlichen Gründen eine Fälschung. Er meint, der Turm sei errichtet worden, um in dessen unteren Bereich eine Pulvermühle unterzubringen.
Der gesunde Menschenverstand kommt zu einer anderen Auffassung, denn:
Wer baut mit großem Aufwand einen hohen Turm, um darin ebenerdig eine Pulvermühle unterzubringen? Ein normales Gebäude ist wesentlich billiger und vor allem zweckmäßiger.
Mehr zu diesem Thema kann unter folgendem Link nachgelesen werden:
https://www.myheimat.de/lahstedt/kultur/burg-stein...
Es mag stimmen, dass Herzog Julius der Erbauer des jetzt noch vorhandenen großen Haupthauses war. In einen Gewölbestein ist die Jahreszahl 1589 eingehauen. Vertraut man dieser Angabe, dann könnte das Gebäude 1589 begonnen oder fertiggestellt sein. Herzog Julius starb am 3. Mai.1589.
Auch dieses repräsentative Gebäude wird eine militärische Bestimmung gehabt haben. Denn, warum sollte man „aus rein wirtschaftlichen Aspekten“ (lt. Willich) einen derartigen Aufwand treiben um eine Mälzerei, Brauerei und Meierei einzurichten. Das rechnet sich nicht. Normale, zweckmäßige Wirtschaftsgebäude wären mit weniger Aufwand an Material, Arbeitskraft und Geld herzustellen gewesen. So könnte auch der aufgeschlossene Herzog Julius gedacht und vor allem gehandelt haben. Er gilt als nüchterner und wirtschaftlich kalkulierender Fürst, der sein Augenmerk auf das Wohlergehen seines Landes richtete.
Dass man brachliegende Festungsgebäude für wirtschaftliche Tätigkeiten umfunktionierte, steht außer Frage. Wirtschaftliche Tätigkeit in der Burg war für Herzog Julius sicherlich ein willkommener Nebenaspekt. Aus heutiger Sicht würde man betriebswirtschaftlich von einem Deckungsbeitrag zur Bestreitung der Festungskosten sprechen.
Die Burg Steinbrück war und blieb für Herzog Julius vorrangig ein Objekt der Landesverteidigung und kein Wirtschaftsunternehmen.
Seine Nachfolger sollten erleben, dass die Burg militärisch ständig an Bedeutung verlor. Sie begann, zum Mittelpunkt wirtschaftlicher Aktivitäten zu werden.
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Bürgerreporter:in:Wilhelm Heise aus Ilsede |
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