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Eine einzigartige Muslimin erklärt Luther

Diese Überschrift ist in jeder Weise zu kurz gegriffen. Der Abend war mehr – viel mehr.

Der Versuch, es zu sortieren:
Barockmusik auf der Kamantsche. Damit begann der Abend und diese Stachelgeige ist vielleicht Sinnbild für die Einzigartigkeit des Abends. Hesam Asadi zeigt mit seinem Spiel, hier wird nicht der Bogen gestrichen sondern das Instrument gedreht, um ihm Töne zu entlocken, wie Welten zu verbinden sind. Und wie man musikalische Punkte ganz leise und ganz laut setzt, das ist bei seinem gefühlvollen, kraftvollen Spiel auf der Daf – der Rahmentrommel – zu erleben. Dieser Musiker ist ja kein „Neuer“ in seiner Kirche und so sagt jemand schon in der Pause: „Ich bin ja eigentlich wegen der Musik heute gekommen und sie hat mich nach so lange Pause wieder total begeistert. Aber das eigentliche Thema des Abends reißt mich so mit, dass ich schon auf die zweite Hälfte gespannt bin.“

Was war in der ersten Hälfte von Reform 2021 passiert?
Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, Beauftragter für Kirche und Islam, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, startete Reform 2021, um aus erster Hand zu erklären, wie es zu diesem Feiertag – dem Reformationstag – in Niedersachsen gekommen ist. Dabei berief er sich ausdrücklich darauf, dass alte Argumente für diesen Tag, dass das Gegeneinander von ev. und kath. Kirche heute nicht mehr prägend ist, dass Luther heute mit seiner zuletzt stark antisemitischen Einstellung sehr differenziert zu sehen ist, dass Religiosität heute bei uns vielfältiger geworden ist: Wir sind heute Christen, Juden, Muslime, Aleviten, Hindus, Buddhisten, Bahai, Eziden und Humanisten. Der Reformationstag wird von der ev. Kirche heute, so zitiert Prof. Reinbold, „offen, ökumenisch, interreligiös und mit Blick auf die zentralen Fragen unserer Gesellschaft“ begangen.

Prof. Dr. Wolfgang Reinbold und Dr. Hamideh Mohagheghi sind beide Gründungsmitglieder des Rates der Religionen Hannover und damit zwei Menschen, für die das Thema ein zentraler Gedanke ihres Wirkens ist.

Dr. Hamideh Mohagheghi beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit dem Blick einer Muslimin mit Martin Luther. Sie startet mit „ Sein revolutionärer Geist gegen religiöse Mächtige seiner Zeit beeindruckte mich und zugleich waren seine antisemitischen und auch antiislamischen Gesinnungen abstoßend.“ Sie hat es bei diesem Gedanken nicht belassen. Und sagt, dass sie dankbar ist, in einer Zeit zu leben, in der es möglich ist, den Reformationstag interreligiös zu erleben. Dabei betrachtet sie die Entwicklung vom 30jährigen Krieg zum westfälischen Frieden bis in die heutige Zeit. Sie schildet Luther als Polemiker mit antiethnischer, antijüdischer und antiislamischer Gesinnung, der mit den 95 Thesen ein symbolisches Zeichen für den Kampf gegen die etablierte kirchliche Obrigkeit mit ihrer autoritären Macht und dem Gehorsam setzte, für den die Menschen erkennen sollten, das der Glaube sie stärken kann, der eine Gnadenzusage Gottes ist, dieses wieder herzustellen, war sein Reformationswille. Für Dr. Hamideh Mohagheghi sieht den Reformationsgedanken und damit die Reformbedürftigkeit durchaus als verbindenden Aspekt der Religionen. Die Menschen können dem Althergebrachten nicht mehr zustimmen, veränderte Lebensrealität und Weltbilder entfremden vermittelte Überzeugungen. So ist ein Balanceakt zwischen Konservierung und Erneuerung zu schaffen – in dieser Epoche befinden sich in ihrer Wertung die Muslime.

Im Gespräch gingen die beiden Vortragenden dann auf Fragen aus dem Kreis der Besucher:innen ein. Die Bandbreite der Fragen war groß. „Gibt es ähnliche Positionen wie die der Pastorin in der ev. Kirche im Islam?“, „Wie ist es mit der Einhaltung der Regeln des Islam?“, „Wie kann der Kampf zwischen Sunniten und Schiiten beendet werden?“, „Kann man islamische Fundamentalisten überhaupt mir reformatorischen Gedanken erreichen?“ Diese und weitere Fragen beantwortete ausführlich und nachvollziehbar Dr. Hamideh Mohagheghi. Die Vorträge, das Gespräch und einige Musikbeiträge sind auf der Seite der Kirchengemeinde zu sehen und zu hören“: https://barbara-kirchengemeinde.wir-e.de/aktuelles Man stand noch lange beeindruckt von dem Erlebten diskutierend in und vor der Kirche.

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2 Kommentare

. . . ein wunderbares Leseerlebnis . . . DIESER meine Gedankenwelt aus dem Tiefschlaf holende Beitrag.

LG vom ebenfalls beeindruckten RAINER

Da haben wir in unserer kleinen Stadt Bobingen sehr viel Glück, denn es wird nicht nur über Ökumene geredet sondern aktiv gelebt.

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