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Die Wandlung eines Reiseleiters.

Er war nur einen Tag unser örtlicher Reiseleiter in Phnom Penh. Als er im Bus auf der Fahrt zum Königspalast das Mikrophon in die Hand nahm, dachten wir zuerst, es läge daran. Wir konnten ihn nur schlecht verstehen. Er versuchte es auch ohne Mikro. Wir merkten, er sprach deutsch nur sehr sehr fehlerhaft. Im Königspalast hörten wir ihm mühselig zu. So war es schade, dass wir nicht verstanden, warum die Kambodschaner nicht an ihre Goldmine kommen, aus der der berühmte im zum Bereich des Königspalastes gehörenden Silberpalast stehende echt goldene Buddha gefertigt wurde. Wir fragten separat noch einmal nach und erfuhren, dass das Gebiet noch im durchmienten Bereich ist. Danach besuchten wir das Nationalmuseum. Das Gebäude war im Krieg beschädigt worden und in der Zeit der verlassenen Stadt und danach dem Verfall Preis gegeben worden. So wuchsen bis vor ein paar Jahren Bäume im Gebäude. Mit Mitteln der EU war es wieder restauriert worden. Wir machten uns selbst auf Tour, denn die Mühe, den Reiseleiter zu verstehen, war einfach zu groß und man hatte nicht die Chance, ihm die Worte direkt von den Lippen ab zu lesen. Dann kamen wir in das berühmt berüchtigte Gefängnis aus der Zeit der Roten Khmer.
Eine Wandlung vollzog sich in ihm. Er erzählte zunächst den geschichtlichen Teil, wie Pol Pott und die Roten Khmer vorgegangen waren. Er erzählte von den Bauern. Er erzählte, wie die Stadt in drei Tagen menschenleer wurde. Wie sie getäuscht wurden, das es nur kurze Zeit dauern würde und deshalb nichts außer ihrem Geld mitnahmen, weil sie ja glaubten, bald wieder da zu sein. Wie dann das Geld einfach für wertlos erklärt wurde und es keine Währung mehr gab.
Und beim Erzählen war seine Sprache immer deutlicher geworden. Man merkte ihm an, das berührte ihn in besonderer Weise. Und dann änderte sich die Erzählform. Wir waren bei seiner Geschichte. Wie er und seine Mutter, die sie Städter waren und von Landwirtschaft nichts verstanden, auf de Feld arbeiten wurden. Warum sein Bruder erschlagen wurde und seinem Vater der Kopf zertrümmert wurde und er somit nur noch mit seiner Mutter allein war. Einer Mutter, die heute fast 90 Jahre alt, nur noch verdreht von den Geschichten von damals erzählt. Was geschah, wenn jemand eine Verletzung hatte oder anders nicht mehr konnte. Was mit Menschen geschah, die eine fremde Sprache beherrschten, die studiert hatten, die eine Brille trugen.
Kurz vor der Wende landete er in der DDR. Wie er dort als Ingenieur gearbeitet hat – auch körperlich. Er erlebte den Fall der Mauer am Brandenburger Tor und kehrte danach in seine Heimat zurück. Heute ist er Soldat, nimmt sich frei, um immer wieder Reisegruppen zu führen und sich damit Geld dazu zu verdienen. Er ist stolz auf seinen König und sein Land und er sagt: Ich habe in meinem Leben Glück gehabt!
Dann ging er mit uns durch die Zellengänge des Konzentrationslagers, fuhr mit uns zur Hinrichtungsstelle und sah sich mit uns die tausende von Schädeln an.
Als wir mit dem Bus diese Stätte wieder verließen, verfiel er wieder in sein schwer zu verstehendes Deutsch. Der besondere Gesichtsausdruck fiel ab und er war wieder einer von vielen Touristenführern irgendwo auf der Welt.

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1 Kommentar

Habe Deinen Bericht mit Interesse gelesen. Sehr schön geschrieben!

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