Wagenwerkstatt Lohnde und etwas Geschichtliches über den Standort
Es war kein spektakulärer Besuch in der sehr versteckten Werkstatt Lohnde der Deutsche Bahn AG anlässlich des 100. Geburtstags des Rangierbahnhofs Seelze. Eher eine nüchterne Aufnahme, mit welchen Aufgaben heute die ca. 36 Mitarbeiter der DB AG betraut sind.
Ähnlich wie beim Straßenverkehr müssen auch Schienenfahrzeuge (hier Güterwagen aller Art) nach Ablauf vorbestimmter Zeiten Untersuchungen (gewissermaßen einem „Bahn-TÜV“) unterzogen werden, ob sie sicherheitstechnisch für den weiteren Einsatz geeignet sind. Nötigenfalls sind Reparaturen vorzunehmen. Ein häufiger Vorgang ist das Austauschen ganzer Radsätze. Dazu gehört auch die Beseitigung der Graffitis.
Vor einigen Jahre wurden auf der noch teilweise sichtbaren Anlage Güterwagen gewaschen. Wegen hoher Umweltschutzauflagen (zum Beispiel sollten die Abwässer vorgereinigt zum Klärwerk Gümmerwald abgeleitet werden) wurde diese Dienstleistung jedoch aufgegeben.
Das ehemalige Verwaltungsgebäude „Güterwagenwäsche“, dessen ca. 15 m hoher Schornstein außerhalb des Werkstattgeländes gut sichtbar ist, steht nun leer und sieht einer ungewissen Zukunft entgegen.
Was diesem Gelände niemand mehr ansehen kann, ist seine Bedeutung während und nach den beiden Weltkriegen 1914 – 1918 und 1939 – 1945.
Die „Festschrift zum 750-jährigen Jubiläum des Ortes Lohnde“ (herausgegeben vom Ortsrat Lohnde 1992) berichtet unter anderem, dass im 1. Weltkrieg in der (Anm. d.A.: alten) Wagenwerkstatt viele Eisenbahnwagen zu Flachwagen umgebaut wurden, um sie besser für militärische Zwecke verwenden zu können. 1917 wurde im Bereich der heutigen Wagenwerkstatt und der (jetzt außer Betrieb genommenen) Waschanlage ein Verpflegungsdepot für den Heeresnachschub eingerichtet.
Aus diesem Depot entwickelte sich nach Ende des 1. Weltkriegs der sogenannte Sammelbahnhof, ein Wohnviertel, das durch den Umbau des besagten Heeresdepot entstand. So entstanden 52 Wohnungen, die von Eisenbahnbeamten und -arbeiter bezogen wurden. Die Familien stammten hauptsächlich aus den damals an Polen abgetretenen Gebieten. Einige dieser Familien konnten in Lohnde Eigentum erwerben und es ist zu vermuten, dass Nachkommen weiterhin in Seelze wohnen. Die Bezeichnung „Depot“ für dieses Gelände war für die hiesige Bevölkerung weiterhin geläufig.
Nach dem 2. Weltkrieg standen am „Sammelbahnhof“ noch 4 –5 Holzbaracken und zwei massive Baracken. Sie wurden von Flüchtlingen bezogen. Weitere sogenannte Nissenhütten wurden von Flüchtlingen selbst errichtet, um ein Dach über den Kopf zu haben. Diese Unterkünfte hatten eine Größe von ca. 50 qm und waren zum Teil unterkellert. Etwa 50 Personen leben bis zu neun Jahren in diesem Bereich.
Ein Luftbild des heutigen Geländes ist zu sehen unter
www.100-jahre-rangierbahnhof-seelze.de/7062789bee11d7301.html
Bürgerreporter:in:Jens-Peter Schütt aus Seelze |
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