Eine Flüchtlingsfamilie wird transferiert
Das ist das Schlüsselwort was man vor den Flüchtlingen in den Erstaufnahmelagern möglichst nicht laut sagen soll: "Transfer"
Dann werden alle Flüchtlinge munter und hoffen nun endlich nach 4 bis 5 Monaten aus dem Lager ausziehen zu dürfen.
Von Drahtbauzäunen mit Plastikfolie umgeben, ein Rechteck von 7,5 mal 5 Meter auf Beton. Das ist der Lebensraum für eine Familie. Auf der Erde liegen Schaumstoffe auf Europaletten als Schlafmöglichkeit. Und mittlerweile angesammelte Schätze in blauen Müllbeuteln verpackt.
Zum Transfer darf pro Person nur ein Gepäckstück mitgenommen werden.
Ahmed weiß sein Transferziel für sich und seine Familie schon aber nicht den Termin.
Irgendwann im Juni. Damit kein Gepäck zurück bleiben muss, hat er die "Müllsäcke" und alles was er nicht transportieren darf bei uns untergestellt.
Ich bringe ihnen das dann hinterher.
Am zehnten Februar stand Ahmed mit seiner Familie nach einer Einladung, bei uns vor der Tür. Am nächsten Tag sollte die Vernissage zu seiner Ausstellung im Familienzentrum Rethen sein.
Ich hatte schon vor gekocht, Hühnerbruststreifen in Sahnesoße. Als es dann zum Restkochen kam, wurde Allaa, Ahmeds Frau, in die Küche bugsiert.
Widerworte waren sinnlos, Allaa wollte etwas machen. Ich drückte ihr die Gurke, Raspel, großes Schneidebrett in die Hand zum Gurkensalat machen. Sie hatte die Gurke fein gewürfelt und kaum gewürzt. Schmeckte nicht.
Erbsen und Reis durfte ich selber machen.
Es schmeckte allen, außer Gurkensalat, gut und nach einer Tasse von mir recht stark gebrühten Kaffee wollten sie in ihre Unterkunft.
Die hatte ich nach vielen Telefongesprächen in Laatzen gefunden. Zwei zusammenhängende Zimmer für fünf Personen mit Frühstück 165 Euro.
Der nächste Vormittag zeigte mir noch einmal die Sitten einer irakischen Familie.
Schon am Tag vorher stand die 13 jährige Tochter in der Küche und beobachtete jeden Handgriff ihrer Mutter. Ab und zu machte sie Zureichungen.
Das Frühstück sollte ab zehn Uhr eingenommen werden, weil ich zwei mal bis elf fahren musste um die Familie nach Rethen zu bringen.
Es rührte sich nichts.
Irgendwann kam die Familie, Vater vor weg und Mutter als letzte aus dem Zimmer.
Alle saßen rund zwanzig Minuten am Frühstückstisch während der Vater mit dem Angestellten die Teebestellung unternahm: Kein Beutel, nur loser schwarzer Tee. Auch für die Kinder ab acht Jahren. Für jeden ein Kännchen.
Das Buffet wartete, jemand kam mit einem Teller Wurst vorbei. Ich stoppte ihn gleich und schickte ihn wieder in die Küche.
Irgendwann gab Ahmed das Zeichen zum Essenfassen. Alle holten sich Brötchen, Käsescheiben und Tomate und sahen glücklich aus.
Die Vernissage würde mich als Aussteller dazu bewegen nie wieder auszustellen.
Zwei liebe Myheimatlerinnen waren da, die Organisationsleiterin, zwei Gäste, Lilian und ich.
Zwei Bilder wurden verkauft. Das heißt, dass fast jeder dritte ein Bild gekauft hat. Erfolg.
Montag in einer Woche hänge ich die Bilder wieder ab, weil ich am Mittwoch in den Urlaub fahre. Die Bilder werden bei mir eingelagert und irgendwann nach Ostercappeln gebracht.
Dann müssen wir wieder zwei Stunden lang essen.