Ärztin aus Saarlouis lässt sich für Leukämiepatienten Stammzellen entnehmen
Leukämie und Stammzellspende sind für die Medizinerin Dr. Martina Kucera aus Saarlouis-Picard keine fremden Themen. Die 41-Jährige weiß, dass für manche Leukämiepatienten die Transplantation fremder Stammzellen, von einem genetisch passenden Spender, die einzige Möglichkeit ist, geheilt zu werden. Vor sechs Jahren registrierte sich die dreifache Mutter als potenzielle Spenderin in der Datei der Stefan-Morsch-Stiftung. „Ich fand die Typisierung eine gute Idee. Je mehr Menschen sich typisieren lassen, umso mehr Leukämiepatienten kann geholfen werden." Jetzt wurde sie selbst gebraucht.
Die Stefan-Morsch-Stiftung ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Sie leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. Vor sechs Jahren war ein solches Team auf dem Volksfest in Saarlouis-Picard. Damals haben sich 45 Menschen als potenzielle Lebensretter in die Datei aufnehmen lassen. Martina Kucera war eine von ihnen.
Als Typisierung bezeichnet man die eigentlichen Laborarbeiten, die für eine Aufnahme in die Stammzellspenderdatei notwendig sind. Aus einer Blutprobe – es genügt ein Fingerhut voll – werden die für eine Transplantation relevanten Gewebemerkmale (HLA-Werte) im Labor bestimmt. Das gleiche funktioniert auch mit einem Abstrich der Mundschleimhaut.“
Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn es Menschen wie die Internistin Martina Kucera gibt, die sich typisieren lassen – sprich: als Stammzellspender einer Spenderdatei erfasst sind. Um Stammzellen transplantieren zu können, müssen die Gewebemerkmale von Spender und Patient übereinstimmen. So sind in den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung zwar weltweit über 20 Millionen Menschen registriert – trotzdem ist es immer noch ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.
Martina Kucera ist so ein Glücksfall. Normalerweise arbeitet sie im St. Nikolaus-Hospital in Wallerfangen und ist spezialisiert auf Rehabilitation älterer Patienten. So viel Zeit wie möglich verbringt sie mit ihrer Familie. Deshalb hat sie in diesem Sommer angefangen, Tennis zu spielen: „Ich bin die letzte in meiner Familie. Mein Mann und die Kinder spielen schon lange. Jetzt können wir alle zusammen spielen“, erzählt Martina Kucera.
Kurz vor dem Familienurlaub in Südfrankreich im August 2014 meldete sich eine Mitarbeiterin der Stefan-Morsch-Stiftung bei der 41-Jährigen. „Ich war ein bisschen aufgeregt“, gibt die Ärztin zu, „aber mir war klar, in welcher Situation sich der Patient befindet, ich bin seine einzige Hoffnung.“ Für die Familie war es selbstverständlich, dass sie hilft. „Mein Mann ist auch Arzt, deshalb mussten wir nicht lange darüber sprechen“, erklärt Kucera, „meiner Mutter habe ich es noch nicht gesagt, sie würde sich wahrscheinlich Sorgen machen.“
Bevor Martina Kucera Stammzellen spenden darf, wird sie umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob die dreifache Mutter wirklich die optimale Spenderin ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass sie ein gesundheitliches Risiko eingeht.
Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung sowie An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen. Die Tennisspielerin ist begeistert: „Besonders das Aufklärungsgespräch mit Frau Dr. Wolf, der leitenden Ärztin in der Entnahmeeinheit der Stiftung, war wunderschön. Sie kann sehr gut erklären und erzählen. Ich hätte ihr stundenlang zuhören können, obwohl ich fast alles bereits wusste.“
Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.
Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Martina Kucera und ihr Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.
Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Parallel zur Vorbereitung von Martina Kucera wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: das Immunsystem des Patienten wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet.
Die Ärztin Martina Kucera hat per Apherese gespendet: „Ich würde wieder spenden, wenn ich gebraucht werde. Das Spritzen war für mich unangenehm, aber das gehört dazu. Und eine Spritze ist im Vergleich mit dem, was der Patient erlebt und erlebt hat, gar nichts.“
Die nächsten Typisierungstermine im Saarland sind am:
Mittwoch, 14. Januar, 15 bis 19.30 Uhr, Wadgassen OT Hostenbach, Bisttalschule Hostenbach, Weberstraße
Donnerstag, 29. Januar, 16.30 bis 20 Uhr, Elm, Turn- und Festhalle, Marktplatz
Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das Thema Stammzellspende:
Wie wird man Stammzellspender?
Prinzipiell kann jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren Stammzellen spenden. Informationen über Ausschlussgründe lassen sich auf der Internetseite der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-stiftung.de) nachlesen. Die Typisierung ist für alle Spender kostenlos, jedoch werden Spenden zur Finanzierung der Blutuntersuchungen gerne entgegen genommen – da jede Spenderregistrierung mindestens 50 Euro kostet.
Die aktuellen Termine für die Typisierungsaktionen der Stefan-Morsch-Stiftung findet man auf der Homepage. Zudem gibt es dort auch die Möglichkeit, sich online registrieren zu lassen. Über den Button „Online-Registrierung“ auf der Startseite kann man sich eingehend informieren, die Einverständniserklärung ausfüllen und sich ein Entnahmeset zuschicken lassen. In dem Päckchen ist das entsprechende Material, um sich bei seinem Hausarzt eine kleine Blutprobe entnehmen zu lassen oder einen Abstrich der Mundschleimhaut durchzuführen. Dieses Päckchen wird einfach an die Stefan-Morsch-Stiftung zurückgesendet. Falls Sie Fragen zu den Ausschlusskriterien haben, rufen Sie einfach unsere gebührenfreie Hotline (08 00 - 766 77 24) an.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient einen passenden Spender findet?
Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender zu finden, liegt in der Größenordnung von 1:10.000 und 1:1.000.000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen (HLA-Merkmalen) des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.
Ich bin bereits typisiert. Soll ich nochmal?
Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. Egal, wo er registriert ist, die Daten aller Stammzellspenderdateien stehen anonymisiert über das deutsche Zentralregister des ZKRD für weltweite Suchanfragen zur Verfügung. Wer mehrfach registriert ist, würde als Mehrfach-Treffer erscheinen und so zunächst den Eindruck erwecken, es gäbe mehrere Spender zur Auswahl. Letztendlich wäre das eine trügerische Hoffnung. Wer schon typisiert ist, sollte jedoch überlegen, ob die Spenderdatei noch die aktuellen Kontaktdaten hat.
Sollten Sie noch Fragen haben – die Stefan-Morsch-Stiftung ist unter der gebührenfreien Hotline 08 00 - 766 77 24 oder über info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.
Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. So werden täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der stiftungseigenen Spenderdatei von ca. 380 000 potentiellen Lebensrettern weltweit vermittelt. Die Stiftung ist Mitglied der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD).
Bürgerreporter:in:Annika Zimmer aus Birkenfeld |
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