Kann der Unterricht in PLATTDÜÜTSCH diese Sprache retten?

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Was soll die Vermittlung des Plattdüütschen im Unterricht der Schule bringen? Kann sie sogar durch ein „Plattinum“ (.. welche Wortschöpfung..) diese Sprache sichern, gar erhalten?
Als Mecklenburger von Geburt, der mit dem Plattdüütschen aufgewachsen ist, liegt mir der Erhalt meiner Muttersprache im wahrsten Sinne des Wortes sehr am Herzen. Es ist mir nicht gleichgültig, wenn sich abzeichnet, die Sprache wird von immer weniger Menschen beherrscht.
Die Sprache ist unser wichtigstes Mittel der Kommunikation von Kindheit an. In fast spielerischer Form eignen wir uns von klein auf an, Wörter zu erfassen, sie in Sätze zu binden und damit unsere Wünsche, unser Befinden, unseren Unwillen auszudrücken. Scheinbar geschieht alles von alleine und die Großen staunen, wie ihre Kinder sich immer besser ausdrücken können. Natürlich greifen sie ohne Vorwürfe ein und korrigieren. Der Umgang mit Geschwistern, Spielgefährten, in der Kindergartengruppe erweitert unbewußt den Wortschatz. In der Schule beginnt dann der Ernst des Lebens, hier werden sie systematisch an das Schreiben und Lesen herangeführt, lernen ihre Muttersprache mit ihren Regeln.
All das wird unterstützt, so schließe ich mich Dr. Hühter an, weil „Menschen während ihrer Kindheit so neugierig sind, so begeisterungsfähig und so offen für alles, was es in der Welt zu erleben gibt, wie nie wieder im späteren Leben“. Alles, worauf es im späteren Leben ankommt muß erst hinzugelernt werden und als neue Erfahrung in unserem Gehirn abgespeichert werden. Das Kind in dieser Phase, weiß aber noch nicht worauf es im späteren Leben ankommt, nimmt es unbewußt auf und speichert es im Hirn. Wir wissen aber, stabilisiert und erhalten bleibt nur das was benutzt, gebraucht und damit aktiviert wird.
An dieser Stelle will ich nun ansetzen, um auf Grund eigener Lebenserfahrungen zu schildern, ob die plattdeutsche Sprache durch die Einführung eines Schulfaches, am Leben erhalten werden kann bzw. andere Formen zu mehr Breitenwirkung führen könnten.
Meine Lebenserfahrung.
Geboren und aufgewachsen bin ich im Nordwesten Mecklenburgs, im Klützer Winkel. Im Elternhaus und auf der Strasse wurde nur plattdeutsch gesprochen. Mit dem Schulbeginn, 1938 zu Ostern in der einklasssigen Volksschule in Welzin, lernte ich unter Leitung vom Lehrer Oldenburg die hochdeutsche Sprache. Ich kann mich nicht erinnern, damit Schwierigkeiten gehabt zu haben. In der Familie gab es keine Forderungen, hochdeutsch zu sprechen, um nicht als vom Dorf kommend verunglimpft zu werden. So wie man den ersten Schultag ganz normal begann, ohne Schultüte oder das die Eltern mit zur Schule kamen, habe ich diesen Übergang wohl mitgemacht.
Das Plattdüütsche muss ich sehr stark verinnerlicht haben. Es hat sich damit durch ständigen Gebrauch in der Kindheits- und Jugendphase stabilisiert. Ich habe Bücher in plattdeutscher Sprache erworben und im Alter in der Schule immer wieder von Tarnow, Reuter u. a. vorgelesen. Mir fiel es recht leicht und habe es gerne gemacht; aus innerer Verbundenheit zu Mecklenburg, meinem Heimatland, obwohl das Plattdeutsche in der DDR anfangs nicht gefördert wurde, eher als kleinbürgerlich eingestuft und von der führenden Partei kaum beachtet wurde, die doch sonst auf die Traditionen der Arbeiterbewegung achtete und diese in der Öffentlichkeit förderte. Erst in den späteren Jahren der DDR wurde sie durch den Kulturbund der DDR wieder "salonfähig" gemacht. Unsere Kinder kamen durch mich nicht mit dem Platt in Verbindung, sicher daher, weil meine Frau aus Schlesien stammte und keine Verbindung zum Plattdüütschen besitzen konnte. Am deutlichsten wurde dieser Umstand, als wir beide zum ersten Besuch in der Familie weilten. Unsere Mutter und die Schwestern und andere Beteiligten sprachen auch hier noch ganz gewohnt platt. Sie war nicht nur erschrocken, denn darauf hatte ich sie, für mich selbstverständlich, gar nicht vorbereitet. Es war für sie verständlicherweise ein "Kulturschock".

Wie gut man sich in den Kinderjahren Neues ohne große Probleme zu haben, aneignen kann, bewies mein Neffe. Er gehörte einer plattdeutschen Arbeitsgemeinschaft an, verfügte dadurch über einen großen Wortschatz und konnte sich ausgezeichnet ausdrücken. Es hat ihm viel Spaß gemacht. Dann wurde diese Freizeittätigkeit jedoch durch das Studium und einen damit verbundenen Wohnortwechsel unterbrochen. Heute kann er sich nicht mehr im Plattdeutschen ausdrücken, hat alles vergessen.

Damit bestätigt sich die Erfahrung, was nicht stabilisiert und gebraucht wird, kann nicht mehr im Gehirn abgerufen werden, geht verloren. Deshalb muß den Kindern und Jugendlichen im Freizeitbereich durch die gesellschaftliche Öffentlichkeit ein interessantes, vielseitiges kulturelles Angebot in der Aneignung und im Gebrauch des Plattdeutschen zur Verfügung stehen.

Die Schule kann durch das Schulfach „PLATTDÜÜTSCH“ nur einen sehr geringen Beitrag leisten, die Sprache unserer Vorfahren zu erhalten. Das Plattdeutsche wird, da es nicht so vielfältig und umfassend im täglichen Leben gebraucht wird, allmählich, so schade und traurig es ist, in einem längeren Zeitraum aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwinden.

Nachtrag: Ich beziehe mich auf einen Artikel in der NNN vom 06.07.2016 von Regina Mai

Die Bilder stammen vom 10. Treffen plattdeutscher Autoren in Mölln

Bürgerreporter:in:

Hans Jürgen Grebin aus Rostock

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