Alle Infos rund um das Rosenheimer Herbstfest
Jedes Jahr ruft der Paukenschläger, der seit den 1950er Jahren das Wahrzeichen des Rosenheimer Herbstfest ist, zum gemütlichen Feiern auf. Als „kleines Oktoberfest“ oder „Vorwiesn“ ist das Rosenheimer Herbstfest schon längst über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt.
Das Volksfest ist so beliebt, dass es sogar schon sein eigenes „Italienerwochenende“ aufweisen kann, wenn am mittleren Wochenende der 16-tägigen Veranstaltung besonders viele Gäste aus Italien, insbesondere Südtirol, anreisen. Seit 2015 twittert die Rosenheimer Polizei übrigens über besondere und lustige Vorkommnisse zur Wiesn-Zeit. Davon gibt es genug – zum Beispiel: „Nackter Italiener in Blumentrog entdeckt“ oder „Tiroler klauen Brotzeitbrettl“.
Von allzu vielen Vergleichen mit dem Oktoberfest wollen die Rosenheimer aber nichts wissen. Ihre Wiesn hat eine ganz eigene Daseinsberechtigung und muss sich nicht an der „großen Schwester“ in München messen lassen. Die wichtigsten Infos und Fakten zur „gemütlichen Wiesn“ auf einen Blick:
Wiesn-Hits mit lokalem Charakter
Zur Herbstfest-Tradition gehört mittlerweile auch die alljährliche Umfrage zum Wiesn-Hit. Hier bekommen oft regionale Künstler eine Bühne, die auf den größeren Festen nicht vertreten sind. Im Jahr 2016 verpasste etwa die Volksfestband „Die Hundskrippln“ aus Altmannstein bei Passau nur knapp den Spitzenplatz. Mit „Gloana Bauer“, ihrer frechen bayerischen Interpretation von „Teenage Dirtbag“ haben sie es aber auf jeden Fall ins Programm der Rosenheimer Radiosender geschafft – mit Blasmusik und Ziehharmonika oder bayerisch „Ziach“.
16mal mehr Besucher als Einwohner
Gemessen an der Einwohnerzahl ist das Herbstfest sogar beliebter als das Oktoberfest: Über eine Million Besucher kommen auf etwa 62.000 Einwohner der Stadt. Die Rosenheimer Wiesn zieht also gut 16mal mehr Besucher an als die Stadt Bewohner hat. Zum Vergleich: Auf das Oktoberfest kamen im letzten Jahr „nur“ etwa viermal so viele Gäste wie es Münchner gibt.
Das größte Festzelt seiner Art: 9.500 Plätze im Flötzinger
Platzmangel muss man auf dem Herbstfest dennoch nicht befürchten – obwohl das Angebot auf den ersten Blick mit nur zwei Festzelten eher begrenzt wirkt. Die haben es dafür aber in sich. Das Flötzinger Bierzelt ist sogar das größte Zelt seiner Art in Europa. Was das genau bedeutet? Ganze 8.600 Menschen finden darin einen Sitzplatz. Nicht schlecht! Nimmt man den gemütlichen Biergarten noch dazu, können 9.500 Besucher hier feiern. Damit liefert sich das Flötzinger Festzelt ein knappes Rennen mit dem Hofbräu-Bierzelt, dem größten Festzelt auf dem Oktoberfest: Dort finden 9.540 Gäste einen Sitzplatz, im Innenbereich sind es sogar nur 6.518.
Inntalhalle schlägt Fischer Vroni und Hippodrom
Aber auch die Kollegen vom Auer-Bräu müssen sich nicht verstecken. In der Inntalhalle mit Ochsenbraterei finden immerhin 7000 Menschen Platz – damit liegt die Halle vor bekannten Münchner Zelten wie der Fischer Vroni mit knapp 3800 Plätzen, dem Hippodrom mit 4.400 Plätzen und dem Schützenfestzelt mit 4.300 Plätzen. Rechnet man nur die Plätze im Innenbereich, so schlägt die Intalhalle sogar echte Oktoberfest-Größen wie den Schottenhamel mit 6.000 Sitzplätzen, das Augustiner-Festzelt mit 6.200 Plätzen und das Hacker-Zelt mit 6.900 Plätzen. Nur Löwenbräu und Winzerer Fändl haben die Nase mit jeweils über 8.000 Sitzplätzen vorn.
Über 470 Jahre Bier-Tradition
Übrigens: Die Flötzinger Brauerei punktet nicht nur mit einem großen Zelt, sondern auch mit einer langen Brau-Tradition. Schon 1543 wurde die Brauerei erstmals urkundlich erwähnt – möglicherweise geht die Geschichte aber sogar noch weiter zurück. Auf dem Gelände soll schon vorher ein Brauerei-Gebäude gestanden haben, das im Jahr 1542 beim großen Stadtbrand zerstört wurde. Belegt ist dies allerdings nicht. Im Vergleich dazu ist das Auer-Bräu ein regelrechter Jungspund: Hier wird seit 1898 gebraut – was der Beliebtheit aber keinen Abbruch tut.
Schon gewusst? Ursprünglich gab es in Rosenheim elf Brauereien – und das bei gerade einmal 10.000 Einwohnern in den 1890er Jahren. Davon sind im Stadtgebiet inzwischen nur noch die beiden Schwergewichte übriggeblieben, die auch auf dem Herbstfest vertreten sind. Wegen der steigenden Beliebtheit werden aber immer wieder Rufe nach einem weiteren Festzelt laut. Heißester Anwärter dafür wäre die Schlossbrauerei Maxlrain, die immerhin im Landkreis zuhause ist.
Das dritte Zelt: der Tatzelwurm
Dabei hat sich schon seit über zehn Jahren ein inoffizielles drittes Zelt etabliert: Die Törgellen-Almhütte vom „Feurigen Tatzelwurm“, einem Hotel aus der Region. Der Name erinnert an einen alten Brauch, nach dem zur Weinlese durch die Weindörfer gewandert wurde. Dementsprechend ist der Tatzelwurm auch eher eine Anlaufstelle für Menschen, die Genuss jenseits des Wiesn-Märzn suchen. Hier gibt es Wein, Hugo, Spritz und Weißbier. So mancher rümpft die Nase angesichts dieses vermeintlichen Traditionsbruchs – muss sich aber eines Besseren belehren lassen: Weinausschank war tatsächlich schon auf der allerersten Wiesn ein fester Bestandteil des Programms.
Mit dem Bockerl zur Wiesn
Ob Bier oder Wein: Wer auf der Rosenheimer Wiesn etwas tiefer ins Glas schaut, muss sich keine Sorgen machen, dass er nicht mehr nach Hause kommt. Jedes Jahr fährt das Wiesn-Bockerl stündlich zwischen Loretowiese und Bahnhof hin und her und bringt Familien und Feierlustige sicher zum Fest und wieder zurück. Das Beste: Die Fahrt ist kostenlos.
Da hört es aber noch nicht auf: In diesem Jahr lohnt es sich wirklich, mit dem Zug zur Wiesn zu kommen. Wer Montags oder Dienstags mit dem guten Tag Ticket nach Rosenheim fährt, bekommt ein Biermarkerl und eine Ehrenkarte für ein Fahrgeschäft geschenkt. Dafür muss er das Ticket nur bei der Festleitung im Glückshafen, dem markanten Mittelpunkt der Veranstaltung, abstempeln lassen. Außerdem verkehrt zwischen Rohrdorf und Rosenheim exklusiv ein Wiesn-Express.
Gruselige Geschichte der Loretowiese
Die Bezeichnung „Wiesn“ erhält das Rosenheimer Herbstfest übrigens ebenso wie die große „Schwesterveranstaltung“ in München vom Veranstaltungsort: Die Loretowiese war von Beginn an der Schauplatz für das ursprünglich als Landwirtschaftausstellung geplante Spektakel. So munter ging es vor den Toren der Stadt aber nicht immer zu: Zwar diente der freie Platz schon im Mitteralter als Festplatz für Jahrmärkte – er hatte aber noch eine deutlich gruseligere Bestimmung: Lange Zeit wurden hier die Todesurteile vollstreckt, welche im Rosenheimer Rathaus gefällt wurden. Zum Zeichen für eine bevorstehende Hinrichtung wurde dort ein rotes Tuch aus dem Fenster gehängt.
Die heutige Bezeichung „Loretowiese“ erhielt der Platz übrigens von der Loretokapelle, die nach dem Vorbild der Santa Casa di Loreto in Italien erbaut und 1636 geweiht wurde. Der Bau solcher Loreto-Kapellen war im 16. und 17. Jahrhundert weit verbreitet, meist im Anschluss an Pilgerfahrten adliger Familien.
Familienfest mit einigen außergewöhnlichen Attraktionen
Auf den Charakter als Familienfest legen die Veranstalter trotz der steigenden Beliebtheit viel Wert. Damit das Herbstfest bezahlbar bleibt, liegt der Bierpreis auch 2016 bei gerade einmal 8,40 Euro und damit deutlich unter den Münchner Preisen. Außerdem gibt es mittwochs bis 18 Uhr zweimal den Kindertag mit ermäßigten Preisen für alle Fahrgeschäfte. Aber auch sonst hat das Rosenheimer Herbstfest einige einzigartige Attraktionen zu bieten: Am Erntedanksonntag etwa, der in die Festzeit fällt, gibt es einen großen Kirchenumzug mit prächtigen Erntekronen und üppigem Blumenschmuck. Mit von der Partie sind Trachtenvereine und Musikkapellen. Der Zug geht vom Gottesdienst im Mangfallpark über den Max-Josefs Platz zum Festgelände.
Tradition ist auch der Schausteller-Gottesdienst in der Klosterkirche, bei dem auch die Kinder der Schausteller Firmung oder Kommunion feiern können. Weniger beschaulich aber ebenso ein fester Bestandteil der Rosenheimer Wiesn ist das Festzeltboxen in der Ochsenbraterei vom Auer-Bräu. Es findet immer am ersten Sonntagvormittag statt und ist ein großes Spektakel. Ein Höhepunkt ist außerdem das Musik-Brillantfeuerwerk am zweiten Donnerstag.
Tracht ist Pflicht zur Herbstfest-Zeit
Die Rosenheimer Tracht ist wirklich einzigartig und unterscheidet sich eindeutig von der bekannteren Chiemgauer Tracht. Wegen der engen Handelsbeziehungen hat das traditionelle Rosenheimer Gewand einen deutlichen Tiroler Einfluss, der durch die Verwendung der Frabe Rot erkennbar ist.
Die Frauen tragen ein rotes Mieder mit goldenen Verzierungen, einen schwarzen Rock mit langem Unterrock und Schürze sowie Schultertuch mit Fransen in Blau. Die Männer kleiden sich in eine rote Weste mit schräger Knopfleiste, braune oder schwarze Bundlederhosen und ein weißes Leinenhemd. Beide Geschlechter tragen weiße Kniestrümpfe und schwarze Schuhe sowie breitkrempige schwarze Hüte, die an die Innschiffer aus früheren Zeiten erinnern. Die natürlichen Farben sollen die reiche Erde des Inntals und das blaue Wasser des Inns widerspiegeln. Die Tradition wird von den lokalen Trachtenvereinen gepflegt.
Zur Wiesn aber ist die Tracht Alltagskleid für jeden – wenn auch nicht in ihrer ganz ursprünglichen Form. Für die meisten Rosenheimer sind Dirndl und Lederhosen zur Herbstfestzeit absolute Pflicht. Und die Miss Herbstfest, die jedes Jahr im Vorfeld gekürt wird, darf sich sogar traditionell über ein neues fesches Dirndl freuen.