50 Das Ronnenberger Kirchenzentrum
Schön und historisch hoch interessant!
Auf dem ehemaligen Tempelberg in Ronnenberg entstanden in der Frühzeit der Christianisierung zwei Kirchen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander.
Die Ältere ist , nach den urkundlichen Belegen und den präromanischen Stilelementen zu urteilen, die Bonifatiuskapelle, erstmalig 1076 genannt.
Es folgt die Michaeliskirche, eine romanische Basilika, erstmalig 1291 urkundlich erwähnt. Dieser Beleg jedoch lässt aufhorchen, denn hier steht geschrieben, dass sich die Kirche auf ein Siegel mit dem Erzengel Michael beruft, das sie seit Jahrhunderten führt. Gleichzeitig legt sie die Führung des alten Wappens aus dem Ronnenberger Freihof (das heutige Ronnenberger Stadtwappen) ab.
Diese Urkunde besagt also zwei historisch relevante Ereignisse:
> Die Kirche beruft sich im 13. Jahrhundert bereits auf eine mehrhundertjährige Vergangenheit.
> Die Kirche hat das Wappen der Adelsfamilie von Ronnenberg geführt, demzufolge diese Kirche bis 1291 eine Eigenkirche, nämlich dieses Adelsgeschlechtes gewesen ist.
Im 13. Jahrhundert griffen die bischöflichen Kirchenstrukturen und das Kirchenzentrum Ronnenberg wurde in das neu geschaffene Archidiakonat Pattensen eingegliedert.
Doch welche Kompetenzen hatten die Kirchen in Ronnenberg vom achten- bis zum 13. Jahrhundert? Und warum gab es zwei Kirchen auf dem ehemaligen Tempelberg, jetzt Kirchenhügel?
Der Kirchenhistoriker Dr. Fritz Garbe, Hildesheim hat auf der Basis eigener Forschungen in seinen Publikationen diese Frage eindeutig beantwortet. Die Ronnenberger Kirche war die Urkirche des Deisterlandes und das erste Archidiakonat im Marstemgau. (also vor Pattensen)
Geheimnisvoll bleibt bis auf Weiteres die Bonifatiuskapelle. Sie wurde 1660 abgebrochen. Verschiedene Bauteile der Kapelle, so das Bonifatiusportal, drei Kapitelle und u. U. ein Tympanon sind heute in die Michaeliskirche eingebaut und für Forschungszwecke frei zugänglich. Im übrigen können nur archäologische Untersuchungen, die mit heutiger Technik ohne Bodengrabungen möglich sind, das Geheimnis dieses Bauwerkes, das wenige Meter nördlich der Kirche zu suchen ist, lüften.
Die Meinung einiger Kusthistoriker zum Portal:
Seitenteile > merowingische, u. U. heidnische Arbeit.
Dachgiebel > langobardisch, nach der Christianisierung angefertigt .
Älteste Datierung:
Prof. Albrecht Haupt, Berlin > Sechstes Jahrhundert!
Andere Kunst- und Bausachverständige rechnen mit einer Entstehungszeit zwischen dem achten- und zehnten Jahrhundert.
Meine Meinung:
Die Grundmauern liegen spatentief im Erdreich. Die Zeit ist reif, um mit den heutigen Mitteln der Technik die offenen Fragen endgültig zu klären.
Karl-Fr. Seemann, Ronnenberg
NS
Vorabdruck der in Arbeit befindlichen Ortschronik Alt-Ronnenbergs
Danke Herr Strohbach für diese wertvolle Ergänzung.
Ich meine, wir müssen unterscheiden zwischen der Zeit der ersten Christianierung bzw. der Zeit der Bekehrung zum Christentum schlechthin. Für die Bekehrung der Heiden war der Landadel zuständig und dessen Sprache war die Sprache des Volkes. Das galt gleichermaßen für die Bekehrer vor der Zeit Karls des Großen. Die wären ja völlig gescheitert, wenn sie nicht die Sprache des Volkes gesprochen hätten.
Die von Ihnen geschildeerten Probleme kamen mit den bischöflichen Strukturen und den Berufspredigern, die sich ab dem elften Jahrhundert etabliert haben, in Ronnenberg erst im 13. Jahrhundert.
Karl-Fr. Seemann