Geboren, um zu leben - der universale Selbsterhaltungstrieb
Wer hat ihn uns eingepflanzt, den Selbsterhaltungstrieb? Wissen wir's? Oder müssen wir uns damit bescheiden, ihn als gegeben hinzunehmen? Zu beobachten ist er bei jeglichen uns bekannten Lebensformen. Er treibt zur Aktivität an, die eingebettet wird in ein großes interaktives Geflecht, bei manchen Lebewesen völlig unreflektiert, bei anderen sehr wohl reflektiert, wie etwa beim Menschen, den wie alle anderen Lebewesen der Selbsterhaltungstrieb im wahrsten Sinne des Wortes antreibt.
Lebewesen wollen wachsen und gedeihen, schützen sich deshalb auch vor Angriffen auf ihr Leben. Das fängt an bei den Mikroorganismen, setzt sich fort bei den Pflanzen und Tieren und endet bei den Menschen, den, wenn man so will, höchstentwickelten Tieren, die es in diesem Zusammenhang zu hoch entwickelten Kulturen gebracht haben.
These: Der Selbsterhaltungstrieb gilt in erster Linie dem Erhalt des Individuums, nicht der Spezies.
Die Menschen der Steinzeit waren, ihrem Selbsterhaltungstrieb folgend, hauptsächlich beschäftigt mit der Nahrungsbeschaffung und der Abwehr von Gefahren. Nicht nur Widrigkeiten der unbelebten Natur oder Raubtiere, die dem gleichen Selbsterhaltungstrieb folgten, sondern auch andere Menschen wurden oftmals zur Gefahr, zuweilen auch zu einer Nahrungsquelle. Der Sexualtrieb, gleichwohl er dem Erhalt der Spezies zu gelten scheint, ist aber ebenso als frühzeitiges Vorbeugen vor Entbehrungen und Gefahren des Individuums im Alter denkbar.
Zum Schutz des Einzelnen taten sich die Menschen zu Zweckbündnissen zusammen. Das begann in der Steinzeit mit den Horden und endete bei den Reichen und den heutigen Staaten. Dazwischen lagen zahlreiche Hochkulturen in den verschiedensten Gebieten der Erde. Der Umgang der Menschen innerhalb einer Gemeinschaft, ob groß oder klein, wurde nach zweckorientierten Vorschriften und Gesetzen geregelt, die trotz aller Ungerechtigkeiten dem Schutz und dem Gedeihen des Einzelnen dienen sollten.
Es entstand sogar etwas, was Moral genannt wird. Ob da so etwas wie der kategorische Imperativ Kants eine Rolle spielen konnte, ist fragwürdig. Eher dürfte die goldene Regel als zweckgerichtetes Prinzip in Frage kommen: Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg auch keinem anderen zu. Religionen wurden als Stütze der Moral herangezogen.
Bei den Tieren ist die Entwicklung ähnlich, nur lange nicht so weit fortgeschritten, da sie den Menschen geistig unterlegen sind.
Pflanzen bemühen sich auch um ihre Erhaltung, um ihr Gedeihen. Sie holen sich dafür Wasser und Nährstoffe, haben ebenso, wenn auch sukzessive über Generationen hinweg, Strategien zur Gefahrenabwehr entwickelt.
Und bei den Mikroorganismen erkennt man auch den Selbsterhaltungstrieb.
Wie wirkt sich der Selbsterhaltungstrieb auf das Miteinander bzw. Gegeneinander von Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen aus? Das ist eine weitergehende Frage, die hier zu weit gehen würde. Nur so viel: Da scheint der Mensch seinen Trieb zuweilen auf die Spitze getrieben zu haben, sich in einer Art Hybris über andere Lebewesen erhoben zu haben, anderes Leben nur als Mittel zum Zweck zu sehen, was ihm womöglich irgendwann gewaltigst vor die Füße fällt.
Martina, zunächst ist es nur eine These. Und ich verstehe deine Einwände. Dennoch einige Gedanken zu diesen Einwänden:
Ameisen: Die Idee der Staatenbildung als Zweckbündnis der Menschen habe ich im Beitrag angerissen. Sie dient jedem Einzelnen.
Spartaner: War es nicht auch eine Art Staatenbildung, durch die sich jeder Einzelne aufgehoben fühlen konnte.
Lebensretter: Was du nicht willst, ...
Soldaten: Ich im Wir und das Wir gegen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren von außen.
Ich weiß, meine These ist provokativ, ich bin mir auch nicht absolut sicher. Aber ich glaube etwa nicht, dass Liebe, Empathie und Zuwendung triebhaft im Menschen veranlagt sind. Das sind womöglich nur sekundäre, bedingte Triebfedern des Menschen.
Ich neige nun mal dazu nachzudenken, mitunter auch kreuz und quer - Irrtum nicht ausgeschlossen.
Hilde, Pflanzen ziehen aus ihrer Umgebung die nötigen Nähstoffe, um zu gedeihen, im Konkurrenzkampf sind sie oftmals absolut kompromisslos.