Unser aller Sicherheit wurde am Hindukusch auf fragwürdige Weise verteidigt

9/11: 11.September 2001: Anschlag auf die Twin-Towers in New York, ein terroristischer Anschlag, ein islamistischer auf Amerika, auf die freie Welt. Das durfte nicht ungesühnt bleiben, so die nach außen getragene Botschaft. Ich hatte schon damals meine Zweifel. Aber schon nahm der Kampf gegen den Terrorismus Fahrt auf, der auch vor dem Einmarsch in Länder nicht Halt machte, die im Verdacht standen, islamistischen Terroristen Rückzugsorte zu gewähren. Afghanistan wurde auf die To-do-Liste gesetzt. Die Gegnerschaft bündelte sich im Namen Osama bin Laden, den die Amerikaner schließlich unter Barack Obama zur Strecke brachten. Die Taliban in Afghanistan wurden zurückgedrängt, aber zu keinem Zeitpunkt ganz verdrängt. Unmengen an Geldern verschluckten die Einsätze der Amerikaner und ihrer zahlreichen Verbündeten, unter ihnen die Deutschen. Wie sagte Peter Struck, der Verteidigungsminister der rot-grünen Regierungskoalition schon bald nach 9/11: Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt. Durch die Einsätze sollten zugleich Freiheit und Demokratie in das asiatische Bergland getragen werden.

Und jetzt? In diesem Jahr 2021, zwei Jahrzehnte nach 9/11, werden die noch nicht abgesprungenen ausländischen Truppen abziehen, in vorderster Linie die Amerikaner, denen die Deutschen folgen. Keine Idee vom amtierenden Präsidenten Joe Biden, sondern von Donald Trump, der durch Friedensverhandlungen mit den Taliban im katarischen Doha Amerikas Gesicht wahren wollte. Ein Abschluss dieser Verhandlungen steht in den Sternen. Die demokratisch legitimierte Regierung hat immer noch nur begrenzten Einfluss aufs Land. Besonders in den ländlichen Regionen ist der Einfluss der Taliban groß. Warlords sind Normalität. Anschläge, von wem auch immer, gehören immer noch zum afghanischen Alltag. Die Alliierten haben die Sicherheitskräfte der Regierung ausgebildet, aufgebaut und wohl auch finanziert. Brunnen, Schulen und manches mehr wurden gebaut. Es wurden Fortschritte in Afghanistan erzielt, aber ein durchschlagender Erfolg scheint Welten entfernt.

Und jetzt ziehen die Alliierten ab, an ihrer Spitze die Amerikaner, dahinter auch die Deutschen, die dort momentan noch 1100 Soldaten und Soldatinnen stationiert haben. Spätestens am 11.September 2021, zwei Jahrzehnte nach 9/11, wollen sie symbolträchtig Afghanistan verlassen haben, ein Land, das sich dann wieder selbst überlassen bleibt.

Befürchtungen, dass das Land dann in Chaos und Bürgerkrieg versinkt, sind nicht von der Hand zu weisen, da die Alliierten kein stabiles Land zurücklassen, sondern ein sehr fragiles. Ihre Mission konnten die Alliierten nur in Teilen erfüllen. Der Terrorismus in der westlichen Welt hat eine Verschnaufpause eingelegt, was allerdings kaum an Afghanistan festgemacht werden kann. Peter Struck würde, wenn er denn noch leben würde, vielleicht sagen: 'Seht ihr, unsere Sicherheit wurde am Hindukusch verteidigt.' Doch die unabhängig von Vergeltungswünschen hehren Ansprüche an einer Neugestaltung Afghanistans waren wohl völlig unrealistisch, zumal der Antrieb für eine Entwicklung insbesondere von innen und nicht von außen kommen muss.

Die Geschichte wird wahrscheinlich lehren, dass der Afghanistaneinsatz genauso ein Fehlschlag war wie so viele andere militärische Auslandseinsätze der Weltgeschichte, von wem auch immer sie geführt wurden. Und dem gebeutelten Afghanistan dürfte kurz- bis mittelfristig eine düstere Zukunft bevorstehen.  

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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