Joachim Gauck bei Caren Miosga
Sehnsucht nach autoritärer Führung: Ist die AfD eine Nazipartei? Oder: Sind die AfD-Wähler für die Demokratie problematischer als die AfD? Gedanken eines früheren Bundespräsidenten
In der Fernsehsendung Caren Miosga fragt die Moderatorin ihren Gast Joachim Gauck, den früheren Bundespräsidenten Deutschlands, ob so manche Spitzenpolitiker wie etwa Hendrik Wüst oder Lars Klingbeil mit ihrer Behauptung, die AfD sei eine Nazipartei, recht hätten.
Gaucks Antwort:
"Nein, das haben sie nicht. Es sind Nazis in dieser Partei, Nazis gibt es in ganz Europa, besonders viele übrigens in Russland, aber diese Leute werden wir nicht unbedingt los, weil wir aus unseren Gesellschaften das Destruktive nicht verbannen können. Und das gibt es in den unterschiedlichsten Formen der menschlichen Existenz, auch als politischen Fanatismus.
Das Problem besteht nicht darin, dass übergroße Anzahlen von Wählern in Europa einen Adolf Hitler zurückhaben wollen, also ein Nazireich. Das Problem besteht darin, dass sie ihrer eigenen Kraft der Gestaltung unseres Gemeinwesens weniger zutrauen als bestimmten Führungskräften. Sie möchten lieber Gefolgschaft sein ... . Diese selbstbestimmte, auf Debattenkultur beruhende offene Gesellschaft macht ihnen Angst. Und deshalb gibt es diese Anschlussformen an die Naziideologie.
Aber wir würden einen schweren Fehler machen, wenn wir unsere politische Auseinandersetzung, die unbedingt sein muss, wenn wir die konzentrieren würden auf die Nazifrage. Die ist da, aber das andere Problem, die Sehnsucht nach autoritärer Führung und Unterordnung, das ist das Gewichtigere. ... "
Sicher gibt es das in Deutschland, sogar in einer erschreckend großen Zahl.
Aber noch ist die Mehrheit für die Demokratie.