Fachkräftemangel und Bildung
Deutschland auf Fachkräfteanwerbemission im Ausland - da stimmt doch was nicht!
Deutsche Regierungspolitiker besuchen immer wieder das Ausland und nutzen dabei die Gelegenheit, ausländischen Fachkräften eine Übersiedlung nach Deutschland schmackhaft zu machen. In diesen Tagen ist gerade Bundeskanzler Olaf Scholz in Indien auf dieser Mission unterwegs. Da stimmt doch was nicht!
Ja, Deutschlands Unternehmen fehlen Fachkräfte, wie an den Zahlen der offenen Stellen abzulesen ist, die zwischen 600.000 und 800.000 schwanken. Also setzt mal wieder neokolonialistisches Denken an, das nicht mehr wie früher auf die Nutzung von Rohstoffen aus dem Ausland fokussiert ist, sondern auf die Nutzung der dortigen Arbeitskräfte, die dem Ausland entzogen werden. Na ja, wird mancher sagen, jeder sorgt sich schließlich zuerst einmal um sich selbst, kann man doch nachvollziehen. Ich entgegne nicht nur, dass diese Haltung nichts zur internationalen Vertrauensbildung beiträgt, ich entgegne, dass mir die Anwerbung ausländischer Fachkräfte nicht nötig erscheint, zumal es bei den uns fehlenden Fachkräften nicht um ausgebildete Überflieger geht. Servicekräfte und Köche in der Gastronomie und Verkaufspersonal stehen ganz oben auf der Liste der offenen Stellen. Anforderungsprofile, denen fast jeder Mensch nach angemessener, mal kurzer, mal etwas längerer Ausbildungszeit entsprechen kann. Nun, da höre ich schon, woher holen, wenn nicht stehlen?
Ich verweise auf eine Zahl, die etwas über 2.600.000 liegt, ein Vielfaches der Zahl der offenen Stellen. Was ist das für eine Zahl? Es ist die aktuelle Arbeitslosenzahl in Deutschland. Warum kann Deutschland nicht aus diesem Reservoir schöpfen? Sind denn die sich hinter dieser Zahl verbergenden Menschen zu blöd für relativ einfache Fachkräftejobs? Ich glaube nicht. Hat da unser Bildungssystem womöglich versagt? Oder interpretieren viele Menschen, sicherlich nicht alle, die es nutzen, das soziale Netz des Staates als Angebot einer sozialen Hängematte?
Man muss die Problematik sicher differenziert betrachten, aber wenn ich den round about 700.000 offenen Stellen die Arbeitslosenzahl von 2.600.000 gegenüberstelle, dann komme ich zu der Schlussfolgerung, dass da etwas nicht stimmt und die Fachkräfteanwerbung im Ausland sehr fragwürdig ist, zumal sie m.E. über innenpolitisches Versagen hinwegtäuscht.
Ich bin der Meinung, dass man schon vor einigen Jahren "verpasst" hat mitzudenken. So kann fast ein jeder Abiturient studieren, was ihm gerade "in den Kram" passt (sofern es nicht gerade die medizinische Richtung betrifft). Jena z. B. ist eine typische "Studentenstadt". Auf 110.000 Einwohner kommen 23.000 Studierende. Vordergründig wird BWL und Jura studiert. Juristen gibt es wie Sand am Meer und die meisten von ihnen stellen am Ende ihres Studiums und am Anfang ihrer eigentlichen Karriere fest, dass angestellte Juristen irgendwie "arm dran" sind. Was folgt dann? Ein neues Studium?
Handwerker werden immer rarer, weil ein Großteil der Schulabgänger studieren will, um "Work-Life-Balance" LEBEN zu können.
Beispiel Lehrer: Vor mehr als 10 Jahren (genau weiß ich es nicht mehr) konnten - zumindest hier im Osten - Menschen, die Lehramt studiert hatten, keinen Fuß fassen. Sie waren praktisch fertig ausgebildete Lehrer, die Schulämter konnten sie jedoch nicht "gebrauchen". So gingen die meisten von ihnen in die alten Bundesländer. Man hätte zur damaligen Zeit nur die einfache Mathematik bemühen müssen, um ganz schnell herauszufinden, dass kurze Zeit später sehr viele Pädagogen hier im Osten in den Ruhestand gehen. Als die K...e am Dampfen war, versuchte man, die jungen Lehrkräfte zurückzuholen. Logischerweise wollten sie das nicht.
Der Fachkräftemangel beruht meiner Meinung nach nicht darauf, dass die Deutschen "zu blöd" sind, sondern auf völliger Inkompetenz von Entscheidungsträgern.
Egal - das ist nur meine persönliche, völlig unerhebliche Meinung.