Deutschlandreise -Teil III: Von Dresden bis Trier
Kai-Uwe und ich sitzen wieder in unserem kleinen Fluggerät, das uns ohne Probleme über Norddeutschland hinweggetragen hat. Wir heben ab und drehen noch einige Schleifen über das wunderschöne Elbflorenz, wie Dresden auch gern genannt wird aufgrund seiner reichen Kunstschätze und einer Architektur, die stark von Florenz inspiriert wurde. Durch die Renaissanceeinflüsse bekam der Dresdner Barock seine spezielle Ausprägung. Gestern Nachmittag liefen wir uns doch ziemlich die Füße platt in der Dresdner Altstadt am Südufer der Elbe, um ja nichts zu versäumen, von der Semperoper am westlichen Beginn des Architekturschauspiels über den Zwinger und andere Sehenswürdigkeiten bis hin zur Frauenkirche am östlichen Ende. Mein Freund und ich waren tatsächlich überwältigt. Gleichwohl muteten die Gebäude wegen Vortäuschens von Betagtheit wie Retortenbabys an, waren sie doch durch die Bombenangriffe der Alliierten am Ende des Zweiten Weltkrieges stark zerstört oder gar fast dem Erdboden gleichgemacht worden, so dass am Ende des Krieges nur noch eine Ruinenlandschaft vorhanden war, die auf ihre Zukunft wartete. Aber dann begann eine jahrzehntelange Restaurations- und Wiederaufbauarbeit, bis Dresden wieder in ihrem alten neuen Glanz erstrahlen konnte. Erst vor etwas mehr als einem Jahrzehnt war es geschafft, als die Frauenkirche wieder eingeweiht werden konnte.
Außerdem: Von Pegida haben wir bei unserem Rundgang nichts bemerkt, sieht man von einigen Graffitis absieht. Wenn wir aber Dresdner drauf ansprachen, äußerten sie durchweg ihren Verdruss über die Pegida-Bewegung, die ihrer Stadt einen Fleck auf ihrem Image eingetragen hätte.
Historisches aus Ostdeutschland
Nun, jetzt sind wir wieder in der Luft und folgen der Elbe flussaufwärts bis zur tschechischen Grenze, wo sie in eindrucksvoller Weise das Elbsandsteingebirge durchbricht. Wir drehen scharf nach Westen ab und folgen der Linie Chemnitz-Gera-Jena-Erfurt-Gotha und lassen dabei das Erzgebirge südlich liegen. Zwischen Jena und Erfurt, der Hauptstadt Thüringens, drehen wir einige Runden über Weimar an der Ilm zu Ehren unserer Dichterfürsten Goethe und Schiller, den beiden Säulen der deutschen Klassik, die dort ihre Werke für die Ewigkeit zu Papier brachten. Kai-Uwe und ich sangen Goethes Zauberlehrling in der musikalischen Fassung von Achim Reichel: Walle, walle manche Strecke, dass zum Zwecke Wasser fließe ... Ein Gedankensprung: Weimar, ein Jahrhundert später der Zufluchtsort der deutschen Regierung vor den Putschisten Kapp und Lüttwitz, bevor diese wieder nach Berlin zurückkehren konnte, gab der ersten deutschen Republik ihren Namen. Die Weimarer Republik hielt allerdings nur knapp anderthalb Jahrzehnte, bis dann die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen und die 12 Jahre dunkelster deutschen Geschichte einläuteten. Diese Rückbesinnung wurde uns noch einmal klar vor Augen geführt, als wir die in unmittelbarer Nähe liegende Gedenkstätte des früheren Konzentrationslagers Buchenwald rechts unter uns entdeckten.
Nun heißt es weiter: Go West! Wir überfliegen Erfurt und Gotha und halten, ohne unserem Flugzeug das zu erlauben, kurz inne, als wir die Wartburg bei Eisenach am Nordrand des Thüringer Waldes erreichen, wo uns zum zweiten Mal der Reformator Martin Luther begegnet, der dort die Bibel übersetzte und damit das Startsignal dafür setzte, das verschriftliche Kulturgut der Menschheit aus den Klauen einer elitären Minderheit zu reißen und einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen.
Gensfleisch und anderes
Weiter geht's durch einen raueren Teil unserer Mittelgebirgslandschaften. Wälder über Wälder. Zwischen Rhön und Vogelsberg gleitet unsere Maschine dahin, um seine beiden Insassen auf Frankfurt zuzusteuern, das wir schon bald, als wir die Wetterau erreichen, am Horizont erspähen. Frankfurt, die unbestrittene Finanzmetropole Deutschlands mit den Protzbauten der Banken, am Main gelegen. Ich denke an das vergleichsweise winzige Frankfurt an der Oder. Aber nun sind wir am Weißwurstäquator, wie der Main auch häufig genannt wird. Von Frankfurt ist es nur ein Katzensprung nach Mainz, der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz, am Südsaum des Rheinknies, der hessischen Hauptstadt Wiesbaden gegenüber. Auf Mainzer Gebiet nimmt der Rhein den Main mit offenen Armen auf. Kai-Uwe dreht mir seinen Kopf zu und sagt nur ein Wort: Gensfleisch. Was willst du jetzt mit Gänsefleisch, entgegne ich erstaunt. Gensfleisch ist der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, versucht er mich aufzuklären. Ach, Quatsch, das war Johannes Gutenberg um 1450 rum, und zwar hier in der Stadt unter uns. Genüsslich belehrt mich mein Freund: Gutenberg hieß eigentlich Gensfleisch, wurde dann aber nur noch Gutenberg genannt, einer der einflussreichsten Deutschen. Er hatte übrigens schon weit vor Luther eine Bibel gedruckt, die nach ihm benannte Gutenberg-Bibel. Dank Gutenberg brauchten Bücher nicht mehr durch Abschreiben vervielfältigt werden, eine Revolution. Und ich dachte: Da konnte der Luther ja froh sein, dass seine ins Deutsche übersetzte Bibelfassung durch Gutenbergs Erfindung schnell Verbreitung finden konnte.
Anflug auf Trier
Wir lassen links das Weinbaugebiet Rheinhessen liegen und halten unseren Westkurs bei, folgen dabei dem Hunsrück, den die Mosel von der Eifel im Norden trennt, und setzen kurz vor der Grenze zu Luxemburg zur Landung an. Wir sind in Trier, einer geschichtsträchtigen Stadt, die wir nicht unbesucht lassen wollen, zumal herrlichstes Sonnenwetter mit warmen Temperaturen herrscht. Wie üblich klatschen wir uns ab. Morgen geht's weiter.
Gefällt mir. Habe bis jetzt alles gelesen und warte gespannt auf Morgen. Ehrlich, neidisch bin ich aber auch ein wenig.