Deutschlandreise - Teil II: Von Köln bis Dresden
Etwas verkatert stapfe ich mit unserem Gepäck zum Flugzeug. Gestern Abend ist es doch ein bisschen spät geworden. Mein Freund Kai-Uwe und ich wollten es uns doch nicht nehmen lassen, die Domplatte aufzusuchen. Für einen Besuch des vor uns in den Himmel ragenden Kölner Doms war es ein wenig spät. Stattdessen kehrten wir in einer der zahlreichen Gaststätten ein und überzeugten uns von der Süffigkeit des Kölsch. Ich brauchte halt länger als Kai-Uwe, um mich davon zu überzeugen. Aber ich brauche schließlich auch nicht ans Steuer unserer kleinen Flugmaschine.
Jetzt aber sitzen wir wieder drin, schnallen uns an und stellen unseren Proviant greifbar bereit, den wir an unserem zweiten Flugtag brauchen. Es dauert nicht lange, bis uns vom Tower grünes Licht gegeben wird. Und schon heben wir ab.
Schiefergebirge
Von Köln geht's Richtung Osten ab ins Rheinische Schiefergebirge. Zahlreiche hügelige Waldlandschaften begleiten uns an diesem Vormittag. Zwischen den Anhöhen ducken sich in Talmulden kleine, zum Teil malerische, aber wohl fast alles verschlafene Ortschaften. Das Bergische Land, übrigens nicht aufgrund der Oberflächenform so genannt, sondern aufgrund des Herzogtums Berg, das Sauerland, insbesondere das herausragende Rothaargebirge, von dem der Wintersportort Winterberg einen überregionalen Bekanntheitsgrad genießt, als dessen höchster Berg fälschlicherweise der Kahle Asten (841m) angenommen wird, dabei ist es der 2m höhere Langenberg, fliegen unter uns vorbei. Ich denke an Einsteins Relativität, auch wenn ich seine Theorie niemals ganz verstanden habe.
Börden, Mittelgebirge und Luther
Noch vor Kassel an der Fulda, das wir rechts liegen lassen, queren wir fruchtbare Bördenlandschaften mit ihren Lössböden, wo uns golden die Weizenfelder entgegenscheinen, unterbrochen hauptsächlich von grünen Zuckerrübenfeldern. Und schon sind wir am Zusammenfluss von Fulda und Werra, dort, wo die Weser beginnt, wo man dem folgenden bekannten Spruch begegnet: Wo Fulda und Werra sich küssen, sie ihren Namen büßen müssen. Allerliebst, dieser Spruch. Kai-Uwe fragt mich nach meiner Frau. Es entspinnt sich ein munteres Gespräch über unsere Familien.
Währenddessen nähern wir uns dem rauen Harz mit seinem 1142m hohen Brocken, wo nicht nur gern der Wind pfeift, sondern wo sich damals zu Zeiten des Kalten Krieges, als hier die deutsch-deutsche Grenze verlief, West und Ost gern abhörten. Kaum den Brocken hinter uns, geht es schon hinab in die Magdeburger Börde des norddeutschen Tieflandes. Wir befinden uns gerade knapp 200km entfernt von Hamburg. Mannomann, was haben wir uns da für eine Route ausgesucht! Tatsächlich extrem mäandrierend. Aber wir wollten es ja so. Und jetzt, in der Bördenlandschaft, ein bekanntes Bild. Kai-Uwe fliegt einen sanften Bogen nach rechts und wir überfliegen die Elbe südlich von Magdeburg, treffen diese aber wieder bei Wittenberg, wo Martin Luther im Jahr 1518 seine Thesen an die Tür der Schlosskirche geschlagen hat, wo die Reformation danach ihren unaufhaltsamen Lauf genommen hat, der schließlich nicht, wie von Luther angedacht, in eine Erneuerung der katholischen Kirche mündete: Die Geburtswehen einer ungewollten Geburt der katholischen Kirche setzten ein, die eine evangelische Kirche gebar, die jedoch nicht daran dachte, sich unterzuordnen. Das Schisma war da, die Glaubensspaltung.
Berlin, Dresden
Wir lassen Wittenberg hinter uns und nehmen Kurs auf Berlin, unsere Bundeshauptstadt, und streifen dabei das Havelland. Ich beginne, Fontanes "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" zu rezitieren. Kai-Uwe verzieht sein Gesicht. Dann befinden wir uns über Berlin, überfliegen das Bundeskanzleramt, ohne ein Winken nach unten zu versäumen. Auch das Brandenburger Tor überfliegen wir und umkreisen etwas provozierend den Fernsehturm, mit 368m das höchste Bauwerk Deutschlands, bevor wir uns nach Süd-Süd-Ost wenden, um die Niederlausitz anzusteuern mit seinem Spreewald, mit seinen vielen Wasserwegen. Ach, der Spreewald. Was ist davon in Deutschland bekannt? Womöglich nur die Spreewaldgurken.
Wir steuern nun auf unser zweites Tagesetappenziel zu: Dresden, das Elbflorenz. Und dieses Elbflorenz, das Zentrum Sachsens, wollen wir uns etwas genauer anschauen und landen deshalb schon bald dort wie geplant auf einem kleinen Flughafen für Sportflugzeuge. Wir klatschen uns wieder ab. Morgen werden wir wieder abheben.