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Deutschlandreise - Teil I: Von Flensburg bis Köln

Deutschland, im Herzen Europas, immer wieder eine Reise wert. Lassen Sie sich also mitnehmen auf einem Streifzug durch unser Heimatland, und zwar aus der Vogelperspektive.

Teil I

In Flensburg geht's los

Mein langjähriger Freund Kai-Uwe und ich treffen uns hoch im Norden an der deutsch-dänischen Grenze. Es ist regnerisches Wetter und der Wind bläst scharf. Für die kommenden Tage verspricht die Wettervorhersage uns allerdings offenes Wetter mit angenehmen Temperaturen. Nach einer mäßigen Nacht in einem Flensburger Hotel nahe dem übersichtlichen Flughafen begeben wir uns zu Kai-Uwes kleinem Sportflugzeug, mit dem wir unsere Deutschlandreise antreten wollen. 
Und schon heben wir ab und verlassen die Ostseestadt, die bei manchen Autofahrern durch die hier beheimatete Verkehrssünderkartei eine nicht unbedingt angenehme Konnotation besitzt, Richtung Westen.

Wir überqueren das flache Nordfriesland und erblicken schon bald die Nordsee mit seinen Halligen und den nordfriesischen Düneninseln, allen voran Sylt, den Wellenbrechern des mitunter wilden Meeres, das nun aber ruhig daliegt, als hätte es niemals etwas mit dem blanken Hans zu tun. Der Schimmelreiter von Storm kommt mir in den Sinn. Wir aber lassen das Wattenmeer links liegen und steuern auf Helgoland zu, dieser dank weitgehend felsigen Untergrunds wehrhaften Insel, auf der August Heinrich Hoffmann von Fallersleben im Jahr 1841 unsere Nationalhymne textete, ja, auch mit den inzwischen verpönten Worten "Deutschland, Deutschland über alles", die Fallersleben nicht so gedeutet haben wollte wie es später die Nationalsozialisten taten. Derweil umkreisen wir einige Male die Lange Anna, diesen 47 m hohen Brandungspfeiler der Insel, bevor wir uns südöstlich weiter in die Deutsche Bucht hineinbegeben, während wir die ostfriesischen Inseln weit rechts von uns wissen.

Hamburg und sein Umland

Ich reiche Kai-Uwe einen Becher Kaffee aus seiner Thermoskanne. Man, was schlürft der wieder. Will er das Motorengeräusch übertönen. Unterdessen tut sich vor uns die gewaltige Elbmündung auf, die Hochseeschiffe einerseits aufzusaugen, andererseits auszuspeien scheint.

Wir sehen das Alte Land mit seinen unendlich scheinenden Obstgärten - an apple a day keeps the doctor away, wir lachen - und nähern uns Hamburg, eins der großen europäischen Einfalls- und Ausfalltore, der zweitgrößten Stadt Deutschlands nach Berlin. Weit im Norden winken wir in Gedanken der Holsteinischen Schweiz zu, dieser sanft hügeligen Seenlandschaft, für die wir aber keine Zeit eingeplant haben. Jetzt jedenfalls brummt unter uns das Stadtleben einer echten Metropole. Wir streifen über die mächtigen Hafenanlagen, an deren Kais Hochseeschiffe aus aller Welt liegen, um ent- oder beladen zu werden. Tausende von Containern säumen die Hafenbecken und warten auf ihren Weitertransport. Noch einmal über die historische Speicherstadt hinweg mit ihrer neuen Elbphilharmonie, die es in Windeseile zu einem Wahrzeichen der Stadt gebracht hat, bevor Kursänderung angesagt ist.

Wir verlassen Hamburg Richtung Süden. Schon bald wird es ländlich-sittlich. Die Lüneburger Heide liegt unter uns mit ihren Farben von Grün bis Rot. Vereinzelt entdecken wir sogar Heidschnuckenherden durch die Heide streifen. Määääh, määäh, entfleucht es meinem Mund. Kai-Uwe vollzieht einen Schwenk nach Südwesten.

Hier war Schluss für die Römer

Auf dem Weg zwischen Bremen und Hannover überfliegen wir das Steinhuder Meer, dessen Name gewaltiger klingt als es ist, bevor wir eine Veränderung der Landschaft bemerken. Wir verlassen kurzfristig das norddeutsche Tiefland, das vor langer, langer Zeit während der Eiszeiten von Gletschern bedeckt war, und dringen in einen bis Osnabrück reichenden Keil der deutschen Mittelgebirgslandschaften ein. Nachdem wir uns von der Existenz Bielefelds am Teutoburger Wald überzeugt haben, peilen wir das nahe gelegene Hermannsdenkmal an. Ach ja, dieser Cheruskerfürst Hermann, der seine militärische Ausbildung als Arminius im Römischen Reich erfahren hat, dürfte die Schlüsselfigur dafür gewesen sein, dass die Römer von ihrem Versuch abgelassen hatten, das rechtsrheinische Germanien ihrem Reich einzuverleiben. In der Schlacht am Teutoburger Wald, man schrieb das Jahr 9 n.Chr., hat Hermann mit seinen Verbündeten den Römern unter deren Anführer Varus dermaßen eins aufs Haupt gegeben, dass der damals herrschende römische Kaiser Augustus voller Schmerz ausgerufen haben soll: Varus, Varus, gib mir meine Legionen zurück!

Zum Ruhrpott

Wir drehen ab Richtung Westen und überfliegen schon bald, wieder in flacheres Gelände gelangt, das Fahrrad-Eldorado Münster, diese "katholische" Domstadt, wo Thiel und Boerne auf ihre bekannt komödiantische Art auf Verbrecherjagd gehen.

Und dann tut sich vor uns die größte Städtelandschaft Deutschlands auf, das Ruhrgebiet, entstanden auf seinem Grubengold, der Steinkohle, die es im vergangenen Jahrhundert zu einem Industriegebiet erster Güte gemacht hatte. Menschen strömten in das Ruhrgebiet, wo es hauptsächlich im Bergbau und in der Eisen- und Stahlindustrie reichlich Arbeit gab, so dass das Gebiet zu einem einmaligen Schmelztiegel, zu einem Melting Pot von Menschen verschiedenster Herkunft wurde, in der sich der Menschentyp des Ruhris entwickeln konnte. "Bochum" von Herbert Grönemeyer, eine Hymne der Ruhris. Wir schmettern das Lied aus vollem Halse, als gäbe es kein morgen mehr.
Nun, heute ist der Bergbau verschwunden, die Schwerindustrie spielt nicht mehr die entscheidende Rolle wie in früheren Zeiten. Das Ruhrgebiet hat längst einen Strukturwandel vollzogen. Wir queren einmal das Ruhrgebiet von Dortmund bis hin nach Duisburg, wo ein beachtlicher Binnenhafen uns erwartet, auch wenn er einem Vergleich mit dem Seehafen Hamburg nicht standhalten kann. Duisburg, das Ende der neuen Seidenstraße, eines verästelten Verkehrsweges von China nach Europa, der auf den Aufstieg des Reichs der Mitte einen Hinweis gibt. Da kommt noch was auf uns zu, sind Kai-Uwe und ich uns einig.

Erinnerung an die Franken

Wir verlassen das Ruhrgebiet in südwestliche Richtung, streifen Mönchengladbach und gelangen in den Himmel über der Karlsstadt Aachen am Dreiländereck Deutschland-Niederlande-Belgien. Hier befindet sich die Lieblingspfalz des Frankenkönigs Karl des Großen, unter dem das Reich der Franken seinen Höhepunkt erreichte. Karl brachte es im Jahr 800 n.Chr. sogar zum Kaiser und fühlte sich wie ein Nachfolger der römischen Kaiser. Ihm wurde von Papst Leo aus Dankbarkeit für dessen Rückendeckung die Corona aufgesetzt, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Virus. Karl und überhaupt den Franken wird als Verdienst angerechnet, römische, germanische und christliche Traditionen zusammengebracht zu haben. Im Übrigen: Wer Karl als den Großen darstellt, sollte auch immer im Hinterkopf haben, dass er im Rahmen seiner Christianisierung in eroberten Gebiete Methoden anwandte, die denen des IS nicht unähnlich sind. Die Sachsen etwa konnten ein Lied davon singen.

Etappenziel Köln

Sei's drum. Kai-Uwe lenkt seinen Flieger, der auch bald aufgetankt werden muss, in Richtung unseres Tagesetappenziels. Und das heißt Köln am Rhein. Dort wollen wir unseren ersten Tag abschließen. Wir steuern den Flughafen Köln-Bonn an, sehen aus der Ferne den Kölner Dom, stimmen ein Lied der Bläck Fööss an, und landen sanft auf einer Rollbahn. Wir klatschen uns ab. Morgen geht's weiter für uns.

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1 Kommentar

Herr Lilje, ich bedanke mich für die außerordentliche Flankierung und Bereicherung der ersten Reiseetappe. Glücklich derjenige, der auf solch reiches Leben zurückblicken kann, dessen Erfahrungsschatz mich immer wieder beeindruckt.

Hilde, die Reise hatte ich tatsächlich für den LK geschrieben, aus dem ich Ende des Monats mittels von mir erbetener Accountlöschung verschwinden werde. Ich dachte mir, bevor die Erzählung auf Nimmerwiedersehen in den unendlichen Weiten des Nichts verschwindet, rette ich sie doch für den einen oder anderen interessierten Leser auf MH.

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