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Wilhelm Neurohr: Stellungnahme zum Landesentwicklungsplan NRW im Rahmen der Bürgerbeteiligung

Betrifft nicht nur Nordrhein-Westfalen!

Das Landeskabinett NRW hat in seiner Sitzung am 17.4.2018 einschneidende Änderungen am Landesentwicklungsplans (LEP) beschlossen und bittet nun die Öffentlichkeit und die Bürgerinnen und Bürger bis zum 15. Juli um Stellungnahmen und Vorschläge. Im Vorgriff auf die Ergebnisse der Parlaments- und Bürgerbeteiligung hat der zuständige FDP-Wirtschaftsminister Pinkwart bereits per vorgezogenem Erlass den umstrittenen LEP in Kraft gesetzt, damit bauwillige Investoren mit dem Landschaftsverbrauch bereits beginnen können. Die bisherige Begrenzung des Freiflächenverbrauchs auf max. 5 ha pro Tag – tatsächlich wurde bis zu dem sechsfachen an Fläche, nämlich bis 30 ha täglich bebaut – wird zugunsten "marktwirtschaftlicher Lösungen" komplett aufgehoben und die Landschaft für die ungebremste Zersiedelung freigegeben. Dabei benötigt das dramatische Aussterben der Tier- und Pflanzenarten sowie der Klimawandel des stärkeren Schutzes der Landschaftsräume.

Mit Ausweitung der Splittersiedlungen im ländlichen Raum für teuren Eigenheimbau mit infrastrukturellen Folgekosten und zusätzlichen Pendlerströmen kann jedoch die Wohnungsnot in den Städten und Ballungsräumen für bedürftige Bevölkerungsschichten nicht behoben werden. Hier wären Nachverdichtung und Umnutzungen mit sozialem Wohnungsbau in urbanen Stadtteilen stattdessen vonnöten. Doch die Regierungskoalition aus CDU und FDP will ihre Klientel im ländlichen Raum bedienen und verzichtet dafür auf ihre landesplanerische Steuerung, entgegen ihren Verpflichtungen nach dem Bundesraumordnungsgesetz. Ein skandalöser Vorgang!

Hierzu lesen Sie meine nachfolgende kritische Stellungnahme als Bürger im Klartext zu den inakzeptablen und folgenschweren Änderungen des Landesentwicklungsplanes:

An das
Ministerium für Wirtschaft, Innovation,
Digitalisierung und Energie
des Landes Nordrhein-Westfalen
- Referat VIII B
Berger Allee 25
D-40213 Düsseldorf
poststelle@mwide.nrw.de

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit nehme ich im Rahmen der Bürgerbeteiligung fristgerecht zum vorliegenden Änderungsentwurf des LEP Stellung und bitte um Berücksichtigung meiner Anregungen und Bedenken.

Meine wesentlichen Anregungen und Bedenken in der Zusammenfassung:
LEP-Erlass:

• Es ist außerordentlich zu bedauern und zu kritisieren, dass der LEP-Erlass noch vor Abschluss der Bürgerbeteiligung und des parlamentarischen Änderungsverfahrens wesentliche Inhalte des LEP-Änderungsentwurfs mit sofortiger Wirkung vorwegnimmt, ausweitet und vorab bereits in Kraft setzt. Zudem gehen die Erläuterungen und Interpretationen des Erlasses über die LEP-Inhalte hinaus und schaffen eigene Rechtsvoraussetzungen, bei denen weder die Bürger noch das Landesparlament inhaltlich einbezogen wurden.

• Damit wird aus Bürgersicht deutlich, dass die Parlamentsbeteiligung und die Bürgerbeteiligung nicht wirklich ernst genommen werden, sondern im Vorgriff darauf vollendete Tatsachen „handlungsorientiert“ geschaffen werden sollen, insbesondere im Hinblick auf den nunmehr ungebremsten baulichen Flächenverbrauch, kaschiert als „Entfesselungspaket II“.

• Besonders bedenklich erscheint die laut LEP-Erlass eröffnete Möglichkeit, kleinere Ortsteile bewusst über den Eigenbedarf hinaus zu entwickeln, trotz der daran geknüpften Bedingungen und Kriterien. Auch die ausnahmsweise zugelassene Ausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten isoliert im landschaftlichen Außenbereich erscheint völlig inakzeptabel. Dies würde dazu verführen, bei jedweden planerischen Konflikten und temporären Hindernisse unter dem Zeitdruck von Investoren und Ansiedlungswilligen in die freie Landschaft auszuweichen.

Begründung zur LEP-Änderung:

• Die LEP-Änderungen führen laut Begründung erklärtermaßen dazu, dass eine intensivere planerische Inanspruchnahme des Freiraumes erfolgt. Damit spitzt sich als erklärtes Planungsziel der jetzt schon ökologisch unverträgliche Freiflächenverbrauch mit den schwerwiegenden Folgen weiterhin zu. Dies ist weder mit dem Bundesraumordnungsgesetz noch mit dem Baugesetzbuch und anderen Vorgaben vereinbar.

• Der LEP verzichtet hierbei auf die Darstellung der räumlich-konkreten Auswirkungen auf die Umweltschutzgüter etwa durch Flächeninanspruchnahmen und verschiebt die konkreten Umweltprüfungen auf die nachfolgenden Planungsebenen. Damit stiehlt sich die Landesplanung aus ihrer Verantwortung für die von ihr planerisch ausgelösten oder zugelassenen Fehlentwicklungen. Dies ist völlig inakzeptabel.

• Die erklärte Absicht, durch Flächenausdehnung von Ortsteilen unter 2000 Einwohnern den ländlichen Regionen und Ballungsräumen gleichwertige Entwicklungschancen zu gewährleisten, erscheint äußerst fragwürdig. Weder kann der weitere quantitative Flächenverbrauch in der freien Landschaft mit dem Entwicklungsgedanken gleichgesetzt werden noch lässt sich die zuspitzende Wohnungsknappheit im Mietwohnungsbau der Städte für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten durch kostspielige Erschließung von Eigenheimsiedlungen im ländlichen Raum für einkommensstärkere Schichten lösen oder kompensieren.

• Das angeführte Ziel der „erweiterten Entwicklungsspielräume und Planungssicherheit für unsere Wirtschaft“ war schon in allen vorherigen Landesentwicklungsplänen die Maxime. Dass diesem Anliegen nunmehr die landschaftlichen Freiräume leichter geopfert werden sollen, erscheint befremdend und nicht sachangemessen.

• Der Verzicht des LEP auf die bisherige Begrenzung des ausufernden Freiflächenverbrauchs und der Flächenversiegelung für Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbezwecke bedeutet einen inakzeptablen Rückschritt und einen Paradigmenwechsel im jahrzehntelangen Konsens einer ökologisch nachhaltig orientierten Siedlungs-und Umweltpolitik sowie Raumentwicklung.

• Deshalb sollten die bisherigen Regelungen des noch gültigen LEP zur Begrenzung des Flächenverbrauchs weitgehend aufrecht erhalten und sogar verschärft werden. Die Änderungen dienen weniger der „ausgewogenen Verteilung von Wohn, Gewerbe- und Industrieflächen sowie Freizeitzentren zwischen städtischen und ländlichen Räumen“, als vielmehr den großzügigen Spielräumen für private Investoren für problemlosere bauliche Erschließungen landschaftlicher Freiräume.

• Der unverzichtbar notwendige Landschafts- und Freiflächenschutz in dem ohnehin dichtbesiedelten NRW war Ergebnis eines rationalen ökologischen Bewusstseinsprozesses seit den 1970-er Jahren, nicht zuletzt in Anbetracht der dramatischen Gefährdung der Tier- und Pflanzenarten und der sich verschärfenden Klimaverhältnisse und ihrer Folgen. Deshalb ist eine mit der LEP-Änderung geplante Lockerung des dringender denn je notwendigen Freiflächen- und Landschaftsschutzes durch großzügig erweiterte Spielräume für erleichterte bauliche Entwicklungen im ländlichen Raum äußerst bedenklich. Die Behauptung im LEP-Erlass, dass damit das Gleichgewicht zwischen Ökonomie und Ökologie angeblich erhalten bleibe, indem Siedlungserweiterungen in den umgebenden Freiraum erleichtert werden, ist nicht nachvollziehbar.

• In NRW beklagen die Bauern und ihre Landwirtschaftskammer den Verlust von täglich 74 ha Weide- und Ackerland. Seit 1990 sind durch Siedlungswachstum und Verkehrsflächen, trotz Bevölkerungsrückgang, fast 1 Mio. ha landwirtschaftliche Flächen in NRW verschwunden. In NRW werden täglich 10 bis 30 ha Flächen neu bebaut. (Insofern war das bisherige sinnvolle Ziel des LEP zur Begrenzung auf 5 ha wirkungslos, weil die Landesplanung die Einhaltung dieses Ziels als angebliches „Hemmnis für die Baulandentwicklung“ nicht ernsthaft verfolgt und kontrolliert hat!) Auch von daher verbietet sich ein ungebremstes Siedlungsflächenwachstum, dessen Fortschreibung in die Zukunft in ein völlig zersiedeltes Landesgebiet münden würde. Die Behauptung „andere Planungsziele im LEP gewährleisten einen sparsamen Umgang mit Flächen“, ist eine bloße Schutzbehauptung im geänderten LEP, die konkret nicht nachvollziehbar ist.

• Unter dem Vorwand der fehlenden Wohnungen (vor allem in den Städten und im jahrzehntelang vernachlässigten sozialen Wohnungsbau) sollen nunmehr mit der Behauptung eines „Wachstumsrückstandes“ ausgerechnet die nicht von Wohnungsnot betroffenen ländlichen Räume mit ihren Ortsteilen unter 2000 Einwohnern der Zersiedelung preisgegeben werden mit infrastrukturellen Folgekosten, anstatt die Siedungsschwerpunkte in den von Wohnungsnot betroffenen großen Städten (Innenentwicklung und Umnutzungen) für die einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten zu stärken und deren Naherholungsgebiete im angrenzenden ländlichen Raum zu schonen. Insofern ist zu begrüßen, dass für die Weiterentwicklung von kleinen Ortsteilen zu einem allgemeinen Siedlungsbereich ein nachvollziehbares gesamtgemeindliches Konzept zur angestrebten Siedlungsentwicklung zwingend erforderlich ist.

• In den meisten Fällen hat nicht die angeblich „ortsansässige Bevölkerung“ von der Ausweitung der so genannten Ortsteile oder Splittersiedlungen unter 2000 Einwohnern profitiert, sondern es fand überwiegend der massive externe Zuzug einkommensstarker Bevölkerungsschichten aus den Städten und Ballungsräumen ins ländliche Umland statt (Krasses Beispiel ist die Stadt Haltern am See für eine solche verfehlte Siedlungspolitik, mit daraufhin explodierenden Grundstücks- und Mietpreisen und zunehmenden Pendlerströmen). Der Erweiterungsbedarf für die ortsansässige Bevölkerung in den kleinen Ortsteilen ist in Wirklichkeit nur sehr gering und untergeordnet; er rechtfertigt nicht die allerorts ausufernden Siedlungserweiterungen an den Ortsrändern. Dort ist auch die Schaffung eines vielfältigen Infrastrukturangebotes kaum oder nur mit großem Kostenaufwand möglich, so dass der Schwerpunkt auf die Erhaltung vorhandener Infrastruktur gelegt werden sollte.

• Insofern sind die auch zulässigen „Angebotsplanungen“ laut LEP-Erlass äußerst fragwürdig, ebenso die als Alibi eingeforderten „Belege“ für Bauwünsche und Erweiterungsbedarfe der Ortsansässigen. In den außerdem vorzulegenden Bevölkerungsprognosen wird i. d. R. nicht erkennbar, inwieweit sich durch ländliche „Angebotsplanungen“ an Baugebieten im städtischen Umland der Bevölkerungszuwachs überwiegend durch Abwerbung und Fortzug aus sich entleerenden Städten etwa im Ruhrgebiet ergibt, wo es lange Zeit deshalb sogar Wohnungsleerstände gab (Gelsenkirchen, Herten u.a.) bis zum Flüchtlingszuzug.

• So hat z. B. die ländliche Stadt Haltern am See durch expansive Angebotsplanung ca. 8.000 Einwohner aus den schrumpfenden Städten des Ruhrgebietes in wenigen Jahrzehnten abgezogen und die dortige Infrastruktur gefährdet sowie eigene Infrastruktur neu aufgebaut. Seit 1950 hat sich dadurch die Einwohnerzahl Halterns sogar verdreifacht. Eine aktuell von der Stadt massiv angestrebte weitere Siedlungsausdehnung würde das bevorzugte Naherholungsgebiet für das Ruhrgebiet im Raum Haltern innerhalb des flächendeckenden Naturparks Hohe Mark beeinträchtigen und konnte bisher nur durch restriktive Regional- und Landesplanung etwas gebremst werden.

• Deshalb darf die Landesplanung ihre steuernde Funktion nicht an die Umlandgemeinden delegieren, wenn sie solche räumliche Fehlentwicklungen mitsamt Konkurrenzkämpfen zwischen benachbarten Gemeinde um Flächen und Einwohner vermeiden will. „Städtebauliche Entwicklung“ sollte nicht nur quantitativ mit Flächenerweiterung und Siedlungswachstum gleichgesetzt werden, sondern mit qualitativer Entwicklung. Für den Wohnungsbau und die Gewerbebedarfe gibt es auch intelligentere und verträglichere Lösungen mitsamt Nachverdichtungen im bestehenden Stadtgefüge. Insofern ist die unverbindliche landeplanerische Empfehlung im LEP für gesamtgemeindliche Konzepte für die Ortsteilentwicklung mitsamt Analyse der Infrastruktur zu einer verpflichtenden Planungsaufgabe der Gemeinden aufzuwerten als Voraussetzung für Genehmigungen.

• Die stetige Siedungserweiterung an den Ortsrändern in Jahresringen ist völlig kontraproduktiv, irrational und ganz offensichtlich ideologisch und parteipolitisch motiviert, um bestimmte Interessengruppen im ländlichen Raum zu bedienen. Ackerland und Grünland in Bauland zu verwandeln, mag einigen profitierenden Landwirten und involvierten Immobilienmaklern oder Investoren zugutekommen. Es existiert aber weniger ein Mangel an aufwändig zu erschließenden Eigenheim-Baugebieten im Außenbereich für gehobene Einkommensschichten, sondern vielmehr ein Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen in der städtischen Urbanität für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen, auch um lange und kostspielige Pendelwege mit erhöhtem Verkehrsaufkommen zu vermeiden.

• Der Grundsatz gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land ist nicht von der Besiedelung der freien Landschaft oder der Ausdehnung dortiger Siedlungsansätze abhängig, sondern durch andere sinnvolle Maßnahmen zu erreichen (z. B. Landarzt-Praxen, ÖPNV-Verbindung, Dorfladen und Dorfschule, Sparkassen-Filiale etc.).

• Die großzügige Freigabe der ländlichen Landschaftsräume für weitere Kleinst- und Splittersiedlungen, die angeblich durch „organische Siedlungsentwicklungen“ im Freiraum verhindert werden sollen, und für neue Siedlungsentwicklungen mit teuren infrastrukturellen Folgekosten geht an der eigentlichen Problemlage und den bedürftigen Zielgruppen vorbei und wirkt kontraproduktiv. Die erweiterten Spielräume für die dann unkontrollierten Gemeinden lassen absehbare massive Fehlentwicklungen in kürzester Zeit befürchten. Landesplanung und Raumordnung geben dadurch ihre gesetzlich gebotenen planerischen Steuerungsmöglichkeiten im Interesse einer ausgewogenen Raumentwicklung insgesamt aus der Hand.

• So sehr es grundsätzlich angebracht ist, die Planungshoheit der Kommunen zu stärken, so können die politischen Kräfteverhältnisse und Interessengruppen und -Verflechtungen vor Ort jedoch erhebliche planerische Fehlentwicklungen auslösen, wenn die Regional- und Landesplanung auf ihre bisherige steuernde und kontrollierende Funktion, losgelöst von örtlichen Bindungen, verzichtet, entgegen den Vorgaben des ROG (Hierzu erscheint die anderslautende Rechtsauffassung der Landesregierung NRW nicht haltbar).

• Für die Kommunen wäre es eher hilfreich, wenn einflussstarken privaten Investoren Einhalt geboten würde. Dies hat sich erfahrungsgemäß in der Vergangenheit gerade bei der Siedlungsflächenexpansion in den Freiraum immer wieder als planerisches Konfliktfeld erwiesen, so dass die landesplanerische Einflussnahme weiterhin unverzichtbar ist, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Ansonsten werden Planungskonflikte nicht durch die Raumordnung ausgeglichen, sonder vielfältig erzeugt und verstärkt.

• Auch die ausdrücklich zugelassene Weiterentwicklung und Erweiterung vorhandener und Erschließung neuer Standorte von überwiegend durch bauliche Anlagen geprägte Erholungs-, Sport- und Freizeit- sowie Tourismuseinrichtungen (Freizeitparks) sowie Ferien- und Wochenendhausgebiete verfestigt und fördert zumeist landschafts- und umweltschädigende Fehlentwicklungen in unverträglicher Weise an oftmals fragwürdigen Standorten und sollte deshalb eingegrenzt und teilweise zurückgebaut werden. Der bloße Hinweis auf die Umwelt-, sozial-und zentrenverträgliche Planung sowie auf vorrangige Freiraumfunktionen und auf das Orts- und Landschaftsbild war schon bislang relativ wirkungslos. Überdies sollte industrielle Tierhaltung in großem Maßstab beendet werden und solange weiterhin in Industriegebieten statt im Außenbereich stattfinden.
Windkraft:

• Der auf 1.500 m erweiterte Abstand von Windkraftanlagen zu Wohngebieten ist ebenso nachdrücklich zu begrüßen wie die Verhinderung von Windkraftanlagen in Waldgebieten und die Freihaltung von anderen sensiblen Landschaftbereichen.

• Begrüßenswert ist deshalb auch die bisher fehlende stärkere planerische Steuerungs- und Einflussmöglichkeit der Kommunen bei der Standortwahl von Windparks (Vorranggebiete sowie frei zu haltenden Tabubereiche), um dem bisherigen ungeplanten Wildwuchs und der Standortfestlegung durch Privatinvestoren entgegenzuwirken.

• Bedauert wird die im LEP weiterhin vernachlässigte negative Auswirkung der großen Windkraftanlagen auf das Landschaftsbild und die Erholungsfunktion generell, die einer ausgewogenen Konfliktlösung bedürfen.

Rohstoffsicherung:

• Die im LEP angestrebte „Erleichterung des Abbaus von Rohstoffen“ und der allgemeine „Verzicht auf die vorgegebene Konzentration der Abgrabungsbereiche“ sind ein offenkundiges Zugeständnis allein an die Konzerninteressen der Abbauunternehmen. Vielfältige „Planerische Konfliktlagen“ sind bei Rohstoffabbau in der Landschaft fast immer gegeben, so dass die „Ausnahmen“ überwiegend der Regelfall sind und deshalb die Konzentrationsbereiche beibehalten werden sollten. Die Bezeichnungen als Vorrang-, Eignungs- oder Reservegebiete sind nur unklar unterschieden und auch Ausnahmen zugelassen, so dass selbst in Konfliktfällen nahezu allen Abbaubegehren stattgegeben werden kann. (Hier zeigt sich offensichtlich das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit mit mangelnder Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Belangen).

• Die nach dem alten Bergrecht geregelten Abbaugenehmigungsverfahren bedürfen stattdessen zeitgemäßer neuer planungsrechtlicher Genehmigungsgrundlagen, die auch eine wirksamere Behörden-und Bürgerbeteiligung und weiter reichende Umweltverträglichkeitsprüfungen ermöglichen.

Flughäfen:
• Die schon bisher im LEP als landesbedeutsam genannten Flughäfen als landesbedeutsam in ihrer Entwicklung zu sichern, erscheint sinnvoll.
Rechtsgrundlagen und Rechtswirkungen:

• Mit dem geänderten und gelockerten LEP zugunsten erleichterter Bauflächenentwicklung und Rohstoffausbeutung im landschaftlichen Außenbereich gibt die Raumordnung ihre gesetzlich zugewiesene übergeordnete und überörtliche Funktion als Mittlerin zwischen gemeindlicher Bauleitplanung und privaten Investoren preis. Sie verzichtet auf die überörtlichen Vorgaben der räumlichen Entwicklungslinien auch gegenüber den Gemeinden, wie m ROG eigentlich vorgeschrieben. Hier scheint die Partei-Ideologie des derzeit zuständigen amtierenden Wirtschafts- und Digitalministers (FDP) nach der Devise „privat vor Staat“ in rechtlich unzulässiger Weise den Ausschlag für diese LEP-Änderung gegeben zu haben, entgegen der Aufgabenzuweisung des § 1 ROG.

• Insofern mangelt es dem geänderten LEP bezüglich der Flächenentwicklung an der notwendigen Verbindlichkeit für die nachfolgenden Abwägungs-und Ermessenentscheidungen der Gemeinden. Das weiterhin als Alibi enthaltene LEP-Ziel der „flächensparenden Siedlungsentwicklung“ wird nicht näher quantifiziert oder kontingentiert, und kann nicht allein mit dem bloßen Hinweis auf Innenentwicklung und Nachverdichtung aufgefangen werden. Die komplette Streichung des bisherigen Punktes 6.1-2 (Leitbild flächensparende Siedlungswicklung) lässt katastrophale Folgen für die räumliche Landesentwicklung befürchten.

• Demgegenüber wäre es laut ROG eigentlich die prioritäre Aufgabe des Landesentwicklungsplanes, die landschafts- und Erholungsräume vor ökonomisch attraktiven Raumnutzungswünschen zu sichern und die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs-und Verkehrszwecke zu verringern. Trotz anderslautender Beteuerungen in der LEP-Änderungsbegründung verstößt die Landeplanung NRW damit gegen den § 2 (2) 6. Satz 3 des ROG. Stattdessen werden die notwendigen Grundätze und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung verlassen, statt diese zu konkretisieren und zu sichern. Der LEP hat verbindliche Vorgaben zu treffen, die eine strikte Bindung auslösen und nicht durch Abwägung der Gemeinden überwindbar sind. Vielmehr besteht für die Kommunen eine Handlungspflicht zur Umsetzung der Ziele der Raumordnung, die mit der LEP-Änderung unterlaufen wird.

• Stattdessen räumt der LEP bezüglich der Siedlungsflächenentwicklung den Gemeinden ein schrankenloses Recht auf kommunale Selbstverwaltung ein, dass jedoch gem. Art. 78 (2) der Landesverfassung NRW in diesem Zusammenhang eingeschränkt ist, wie durch Urteil des BVerWG bestätigt. Die Festlegung der Nutzungen und Funktionen des Raumes kann also nicht den Gemeinden allein und uneingeschränkt überlassen oder an diese delegiert werden, wie jedoch mit der LEP-Änderung rechtswidrig angestrebt.

• Außerordentlich bedenklich erscheint darüber hinaus die von der Landesregierung erwogene Eindämmung des Flächenverbrauchs durch Einführung eines Zertifikatehandels (analog zum CO2-Zertifikatehandel) als „marktwirtschaftliche Lösung“. Damit wäre vorprogrammiert, dass nicht mehr raumplanerisch sinnvolle Flächennutzungen und -zuordnungen zum Zuge kämen, sondern zufällige Verteilungslösungen nach Grundstücksverfügbarkeit und Verhandlungsergebnis sowie völlig unterschiedliche Versiegelungsgrade in den beteiligten Gemeinden. Plan und Markt lassen sich nicht vermischen oder vertauschen. Von einem solchen Modell sollte die Landesregierung umgehend Abstand nehmen, da sie sich damit von einer planvollen und ökologisch sinnvollen Raumordnung vollends verabschieden würde.

Wilhelm Neurohr
, Dipl.-Ing. für Städtebau und Landesplanung
18.06.2018

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4 Kommentare

Die Grundsteuern werden und wurden u.a. schon immer nach der Grundstücksgröße berechnet!

Achwas...
Steht hier anders:
https://de.wikipedia.org/wiki/Grundsteuer_(Deutschland)
https://de.wikipedia.org/wiki/Einheitswert

Bei Wohnblöcken geht es eben nicht nach Grundstücksgröße, sondern nach dem Block und der Wohnfläche.
Deshalb wird ja auf den Flächenverbrauch keine Rücksicht genommen, weil "Stapeln" von Wohnraum gegen Flächenfraß kaum eine Rolle spielt.

Und DARUM geht es im Artikel ja.

>„Den Klimakram mal ausgeklammert...“

Wachstum durch Umweltschutz

Wer den Umweltschutz noch immer zur Gefahr für die deutsche Wirtschaft hochstilisiert, liegt falsch. Denn das Gegenteil ist richtig.

Von Thorsten Knuf

Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich im Umweltschutz viel vorgenommen – zumindest auf dem Papier. Sie will zum Beispiel den Ausstieg aus der Kohleverstromung einleiten, die Industrieproduktion klimafreundlicher machen, mehr Verkehr auf die Schiene bringen und den Einsatz von Ackergiften in der Landwirtschaft reduzieren. Wie nachdrücklich diese Ziele tatsächlich verfolgt werden und ob sie im Zweifel hinter ökonomischen Interessen zurückzustehen haben, wird man sehen müssen. Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass der schwarz-rote Koalitionsvertrag ausdrücklich die Chancen anerkennt, die der Umweltschutz für Wirtschaft und Jobs eröffnet.

„Um die ehrgeizigen umwelt- und klimaschutzpolitischen Ziele zu erreichen, brauchen wir moderne Produkte und Verfahren“, ist in dem Vertrag unter anderem zu lesen. Über ein geplantes Förderprogramm zur Dekarbonisierung der Industrie heißt es: „Es dient der langfristigen Sicherung des Industriestandorts Deutschland, stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze in Deutschland.“

Welche Bedeutung der Umweltschutz als Wirtschaftsfaktor hierzulande bereits erlangt hat, zeigen am Dienstag veröffentlichte Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Den Angaben zufolge erwirtschafteten Industrie und Dienstleistungssektor mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz zuletzt einen Umsatz von 70 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Dieser Wert entspricht in etwa der Wirtschaftsleistung des gesamten Bundeslandes Brandenburg.

Rund zwei Drittel der erfassten Umsätze entfielen auf den Bereich Klimaschutz. „Zu den wichtigsten wirtschaftlichen Säulen zählten dabei Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien (23,2 Milliarden Euro) sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Einsparung von Energie (21,9 Milliarden Euro)“, berichteten die Statistiker. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2016. Aktuellere Werte gibt es nicht.

Mehr als vier Fünftel der umweltschutzbezogenen Umsätze entstehen in der Industrie. Vor allem für die Metall- und Elektrobranche ist der Umweltschutz inzwischen ein wichtiges Geschäftsfeld. Hierzulande entstehen nicht nur Windräder und moderne Kraftwerksanlagen, sondern beispielsweise auch elektrische Ausrüstungen, die der Einsparung von Energie dienen...

Volltext → http://www.fr.de/wirtschaft/analyse-wachstum-durch...

[Frankfurter Rundschau vom 26.06.2018]

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