Bei der SPD ticken die Uhren sehr langsam (Leserbrief)

...an das Medienhaus Bauer, Marl:

– Von: Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen
– Betr.: Bericht „Konfessionsschulen auf der Kippe“
– Vom: 25. September

Teile der NRW-SPD fordern die Abschaffung der christlichen Bekenntnisgrundschulen und ihre Umwandlung in Gemeinschaftsgrundschulen. Diese Forderung kann ich nur begrüßen, aber sie kommt sehr spät. Ich habe vor fast 48 Jahren in einem Offenen Brief den damaligen Oberbürgermeister Auge (SPD) gebeten, „zu prüfen, ob die Alternative ´Konfessionsschule` oder ´Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage` überhaupt eine Frage sein kann. Nach den Gesetzen der Logik widerspricht die ´Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage` dem Grundgesetz-Artikel 137,1 (der mit dem Artikel 7,3 kollidiert); sie ist auch philosophisch nicht zu rechtfertigen, denn

1. hat eine staatliche Einrichtung ´auf christlicher Grundlage` immer den Charakter einer Staatsideologie; Folge: Identifikation Christentum – Staat, Staatskirche,

2. sind die für alle Welt und zu jeder Zeit gültigen ethischen Grundsätze, die Normen menschhaften Verhaltens, nicht spezifisch christlich, sondern außer-, zum Teil vorchristlicher Provenienz und unabhängig von der Hypothese GOTT, sie entstammen sittlicher Vernunft,

3. wird durch theistische Lehren die gesunde psychophysische Entwicklung des Kindes eher gehemmt als gefördert.

Natürlich betrifft dies ebenso die subventionierten ´Konfessionsschulen` und den Religionsunterricht samt Morgengebet.

Wie will man Kinder zu freien, zu emanzipierten, zu autonomen Menschen erziehen, wenn man sie dogmen- und kirchenhörig zu machen versucht und alles vermeidet, was sie veranlassen könnte, selber einmal darüber nachzudenken, woran sie eigentlich glauben beziehungsweise glauben sollen?

»Ziel jeder Erziehung ist die Selbständigkeit und spätere Ablösung (des Kindes) von den Eltern (...) Natürlichkeit, Sicherheit, Vertrauen und Freiheit sind die Leitbegriffe für eine gesunde Entwicklung.« [Strotzka: «Einführung in die Sozialpsychiatrie», Hamburg 1965.]“

Der Brief wurde am 24. 11. 1966 versandt. Ist er jetzt angekommen? Bei der SPD ticken die Uhren ja sehr langsam.

Am 4. Oktober ohne Strotzka-Zitat in den Zeitungen des Medienhauses Bauer veröffentlicht.

Bürgerreporter:in:

Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen

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