Auf der Erde ist der Teufel los oder Jesus, Anarchist
Vier oder sieben Jahre vor unserer (falschen) Zeitrechnung beschloss Derliebegott, einen Sohn auf die Erde zu schicken, damit dieser nach dem Rechten sehe. Denn die Menschen da unten schauten nicht mehr zu ihm herauf, sondern tanzten um ein Goldenes Kalb. Ein Zustand, der für den Geist da oben unerträglich war.
Menschengestalt sollte er haben, so aussehen, wie die da unten, um ihnen nahe kommen und predigen zu können. Deshalb schickte Derliebegott zuerst einen Engel auf die Erde und gab ihm seinen Samen mit. Der Engel sollte einen rechtschaffenen Handwerker finden und dessen kinderlose Frau beglücken.
In der kleinen Stadt Nazareth im Norden des heutigen Staates Israel wurde der Engel fündig. Hier traf er einen Handwerker namens Josef und dessen Frau Maria. Beide erschienen ihm naiv genug, um nicht zu bemerken, was er vorhatte. Und so schlich er sich eines Nachts an das Ehebett und blies der Marie mit einem Blasrohr das göttliche Sperma in ein Ohr. Bald gebar sie einen Sohn, der den Namen Jesus bekam.*
Jesus erlebte schon als Baby eine abenteuerliche Flucht, wurde wie alle Juden beschnitten, besuchte eine Toraschule, lernte lesen und ließ sich die Bibel erklären. Als er 28 Jahre alt war, meldete er nach oben: „Hier unten auf der Erde ist der Teufel los!“ und glaubte, er habe daraufhin den Auftrag erhalten, Worte, die ihm Derliebegott eingeben wird, den Menschen hier unten zu verkünden.
Jesus begann zu predigen, mal mit sanfter, mal mit mächtiger Stimme. Das meiste, was er sagte, hatte er in der Bibel gelesen und zitierte er, selber im Glauben daran, dass es Gottesworte waren. Seine eigenen Verwandten hielten ihn für irre. Ihm aber wurde zugehört, und immer mehr Männer, auch Frauen, ließen ihre Arbeit liegen und folgten ihm bei seinen Wanderungen.
Zu ihm kamen Menschen, die in prekären Verhältnissen lebten, die in Not waren: Prostituierte, Verfolgte, Verschuldete, Kleinkriminelle, Aussätzige, psychisch Kranke. Wo eine Heilung erfolgte, wurde dies als Wunder ausgelegt. Einmal verhinderte er die Steinigung einer Ehebrecherin. Ein andermal forderte er auf, Lüge, Hass und Rache mit Feindesliebe zu beantworten.
Jesus schalt die Pharisäer, weil sie Rituale und das Einhalten bestimmter Formalien wie das Sabbatgebot für wichtiger hielten als eine schlichte und allen gerecht werdende Lebensweise. In Jerusalem wurde er wütend, als er sah, wie Geldwechsler ihre Münzen und Händler ihre Waren im Vorhof eines Tempels anpriesen, und schmiss ihre Tische um. Er diskutierte mit Toralehrern, warf den Schriftgelehrten, den Theologen, vor, sie verfälschten das Gotteswort. Das erzürnte die Tempelpriester. Auch die jüdische Oberschicht, die sich mit den Römern arrangiert und sich dadurch Vorteile gegenüber der übrigen Bevölkerung verschafft hatte, bekam ihr Fett ab. Er schimpfte auf die Reichen, die nur ihren Geschäften und Vergnügungen nachgingen. Er wetterte gegen Betrug und Korruption.
Den römischen Behörden war er seit langem suspekt. Sie registrierten ihn als Anarchisten, der das Volk aufwiegelte, und ließen ihn bespitzeln. Er erhielt Drohungen und wusste, dass sein Ende bevorstand.
Man verriet ihn, ergriff ihn, verhörte ihn und nagelte ihn an ein Holzkreuz. Jesus starb unter Qualen. Man wickelte den Toten in ein Tuch und legte ihn in ein Felsengrab. Es war am nächsten Morgen leer. Die Leiche war verschwunden und niemand wusste, wer sie beiseite geschafft hatte.
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Hier beginnt die Kriminalgeschichte des Christentums, die ein deutscher Historiker fünfzig Jahre lang erforscht und aufgeschrieben hat. **
Sie reicht bis in die Gegenwart und ist so umfangreich, dass daraus zehn unheilige Bücher (Volumen) geworden sind, eigentlich 1o + 1. *** Eine Fundgrube für Ketzer.
© Dietrich Stahlbaum 2015
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* Es gibt auch eine andere Geschichte. Sie ist ganz profan: Maria hatte einen Geliebten und von ihm das Kind. Die göttliche Begattung war eine Erfindung, um den arglosen Josef über die wahre Herkunft des vermeintlichen Sohnes zu täuschen.
Die „Jungfrauengeburt“ ist reine Erfindung. Der historische Jesus (falls es ihn gegeben hat) wurde von einer jungen Frau geboren, nicht, wie es im griechischen Neuen Testament heißt, von einer „Jungfrau“. Junge Frau ist die Rückübersetzung aus dem Griechischen ins Aramäische, der Umgangssprache Galiläas, wo Jesus gelebt und gelehrt hat. Er hat aramäisch, nicht griechisch gesprochen. Ein Beispiel für die vielen Fälschungen im N. T.
** Karlheinz Deschner: Die Kriminalgeschichte des Christentums, Reinbek 1986-2013, 5 000 Seiten.
*** Die Politik der Päpste (19. – 21. Jahrhundert), Aschaffenburg 2014, 1231 Seiten.
Franz Alt: Der Jesus-Krimi
An Weihnachten feiern Christen den Friedensfürsten Jesus – zu Recht. Aber in der offiziellen Gemeinschafts-Bibel der katholischen und evangelischen Kirchen Deutschlands steht der Jesus- Satz „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Matthäus 10,34). Kann ein Friedensfürst solchen Unsinn gesagt haben? Oder war Jesus ein Kriegstreiber?
Weihnacht ist das Fest der Geburt Jesu. Über diesen jungen Mann aus Nazareth werden heute noch jeden Tag weltweit drei Bücher publiziert, also etwa 1.000 pro Jahr. 2.000 Jahre nach ihm. Das ist ein einmaliges Phänomen in der Weltgeschichte. Was hat er uns wirklich zu sagen?
Im Jahr 2017 haben Konfliktforscher global 31 bewaffnete Konflikte und Kriege gezählt, die meisten im Nahen und Mittleren Osten, rings um das Heilige Land der drei monotheistischen Religionen Judentum, Islam und Christentum. Gerade hier sind viele Konflikte noch immer religiös motiviert, obwohl alle Religionen den Frieden predigen.
Aber alle Religionen tragen auch einen Kern der Gewalt in sich, vor allem durch falsche Übersetzungen und bewusste Fälschungen ihrer „Heiligen Schriften“ wie oben das zitierte Jesus-Wort vom Krieg. Solange aber Kriegstheorien im Alten Testament, in Koran oder auch im Neuen Testament stehen, solange Jesus im offiziellen Neuen Testament dreimal zum Kauf von Schwertern aufruft und im Koran wie auch im Alten Testament vom „Heiligen Krieg“ die Rede ist, können die Religionen ihren Friedens- und Liebesauftrag nicht erfüllen. Was also hat Jesus wirklich gesagt?
Rückübersetzt aus dem Aramäischen, der Muttersprache Jesu, hat er so gesprochen: „Ich bin nicht gekommen, Harmonie zu verbreiten, sondern Streitgespräche zu führen“. Das ist Jesus-gemäß und etwas völlig anderes also als es im „offiziellen“ Text aus dem Griechischen steht.
Noch ein Beispiel für eine fatal falsche Übersetzung der Jesus-Worte zum wichtigen Thema Frieden: „Wer aber kein Geld hat, soll seinen Mantel verkaufen, und sich dann ein Schwert besorgen“ (Lukas 22,36). Kann der pazifistische Jesus eine Schwert-Religion gewollt und zum Kauf von Kriegswaffen aufgerufen haben? In Wirklichkeit hat Jesus kurz vor seiner Verurteilung seinen Jüngern empfohlen, sich „Messer“ zu kaufen, denn sie waren arme Wanderprediger und wären ohne Messer verhungert. Die Auflösung der falschen Übersetzung ist ganz einfach: Im Aramäischen gibt es für Messer und Schwert ein und dasselbe Wort - sepha. Jesus hat natürlich nie empfohlen Schwerter zu kaufen, aber es steht so in allen 4,5 Milliarden Bibeln der Welt. Und damit wurden „Heilige Kriege“, „Gerechte Kriege“ und „Kreuzzüge“ gerechtfertigt - Jahrhunderte lang, bis heute.
Als ich 1983 in meinem Buch „Frieden ist möglich – Die Politik der Bergpredigt“ Jesus als Pazifisten bezeichnete, haben mir katholische Theologie-Professoren mit den angeblichen „Schwert“-Worten Jesu widersprochen. Ein Verlag in Rom hat sich zunächst geweigert, das Buch ins Italienische zu übersetzen – mit dem Verweis auf die vermeintlichen Schwert-Worte Jesu. Darüber hat sich Heinrich Böll damals im Spiegel über fünf Seiten aufgeregt, freilich ohne dass er die „Schwert“-Theologen sprachlich widerlegen konnte.
Wann, wenn nicht an Weihnachten, sollte die Christenheit über den wirklichen Jesus aufgeklärt werden? Die offiziellen Kirchen tun sich noch immer schwer damit. Als der Papst in diesen Tagen anregte, die Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“ künftig so zu beten wie sie Jesus im Aramäischen wirklich gesagt hatte („Lass retten uns aus unserer Versuchung“) haben sowohl die EKD und der Vorsitzende der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz dem Papst widersprochen. Zugestimmt haben ihm aber österreichische und französische Bischöfe.
Das ist erst der Anfang eines theologischen Streits und Jesus-Krimis wie ihn die Welt lange nicht gesehen hat. Denn nicht nur die angeführten schrecklichen Jesus-Zitate beruhen auf falschen Übersetzungen oder auf Fälschungen, sondern etwa jedes zweite Jesus-Wort im Neuen Testament.
Das hat der 2009 gestorbene Theologe Günther Schwarz in 20 Büchern und 150 wissenschaftlichen Aufsätzen akribisch nachgewiesen. Dieser große Jesus-Freund hat überzeugend den Ur-Jesus entdeckt, indem er mehr als 40 Jahre täglich Aramäisch lernte. Erst auf der Basis seiner Arbeit habe ich die beiden Jesus-Bücher „Was Jesus wirklich gesagt hat – Eine Auferstehung“ und „Die 100 wichtigsten Worte Jesu“ schreiben können.
Zum Weihnachtsfest 2017 habe ich den Wunsch an beide großen christlichen Kirchen, den aramäischen Jesus zu suchen und dabei die Vorarbeiten von Günther Schwarz zugrunde zu legen. Dann kommt die Kirche Jesu wieder in seine Spur und Nachfolge und dann ist endlich auch Ökumene möglich. Gut, dass der mutige Papst Franziskus schon mal den Anstoß gab, den Ur-Jesus zu entdecken.
[Sonnenseite Newsletter vom 24. 12. 2017]